SemiQon hat einen neuen Transistor entwickelt, der um den Faktor 1000 weniger Wärme produziert als herkömmliche Transistoren, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu fehlertoleranten Quantencomputern.
Einige Quantum Processor Units (QPUs) können nur bei sehr tiefen Temperaturen arbeiten, insbesondere auf supraleitenden Josephson-Kontakten basierende QPUs müssen auf tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Um die QPUs jedoch kontrollieren und auszulesen zu können, ist eine entsprechende Kontrolllogik erforderlich, die in unmittelbarer Nähe zu den QPUs im Kryostaten sitzt. Sie wird mit Hilfe herkömmlicher Halbleiterchips realisiert. Das Problem dabei: Wenn herkömmliche Halbleiter bei extrem niedrigen Temperaturen eingesetzt werden, liefern sie zumeist nicht die volle Leistung. Das ist eine große Hürde auf dem Weg, fehlertolerante Quantencomputer zu bauen.
Jetzt hat SemiQon, ein 2022 gegründetes Spin-off des finnischen Forschungsinstituts VTT, den ersten CMOS-Transistor vorgestellt, den das Unternehmen speziell für den Einsatz unter kryogenen Bedingungen entwickelt hat. Das Interessante daran: Die Chips auf Basis der Transistoren von SemiQon müssen nicht in exotischen, teuren Spezialprozessen gefertigt werden. Dazu reichen die bekannten CMOS-Prozesse aus, mit deren Hilfe die Chips kostengünstig in großen Stückzahlen produziert werden können. Die Steuerelektronik für Quantencomputer wird dadurch weniger komplex, sie wird kostengünstiger und gleichzeitig leistungsfähiger. Schon 2025 will SemiQon die ersten Chips an Kunden ausliefern.
»Die Quantentechnologie wird die Industrie zu revolutionieren, aber Skalierbarkeit und Preis stellen noch hohe Hürden dar. Der optimierte Transistor von SemiQon, der unter kryogenen Bedingungen sehr effizient funktioniert, ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung zukünftiger Quantencomputer«, sagt Erja Turunen, Executive Vice President von VTT in Finnland.
SemiQon fertigt die Chips auf Basis von FD-SOI-MOSFETs auf einer Pilotlinie am VTT und testet sie auch dort, was sehr schnelle Design- und Fertigungszyklen erlaubt. Die Transistoren sind so ausgelegt, dass sie ihre höchste Leistungsfähigkeit bei einer Temperatur von 1 K entwickeln. Dabei nehmen sie nur ein Tausendstel des Stromes auf, den Transistoren benötigen, die für den Betrieb bei Raumtemperatur ausgelegt sind. Die Wärmeentwicklung ist dann ebenfalls um den Faktor 1000 geringer. Deshalb kann die Steuer- und Ausleseelektronik jetzt im Kryostaten direkt neben den Prozessoren untergebracht werden, ohne dass die Wärmeableitung diese Systeme stört. Damit ließ sich laut SemiQon vollständig auf Tiefsttemperaturen gekühlte Kontrolllogik für QPUs realisieren – die Voraussetzung für den Bau von fehlertoleranten Quantencomputern.
»Uns und anderen Wissenschaftlern war klar, dass ein Transistor, der sehr effizient bei ultrakalten Temperaturen arbeiten kann, einen Durchbruch bedeutet«, sagt Himadri Majumdar, CEO und Mitgründer von SemiQon. »Unsere Firma ist gerade einmal zwei Jahre alt und hat bereits ein Produkt entwickelt, das die Welt bisher noch nicht gesehen hat. Unser Kryo-CMOS-Transistor erhöht den Funktionsumfang der Hardware und spart darüber hinaus Geld bei der Anschaffung und im Betrieb, was eine neue Ära der Kryo-Elektronik einleiten und die Entwicklung von Quantentechnologien beschleunigen könnte.« Die Kosteneinsparungen im Betrieb ergeben sich daraus, dass die Kühlung der Chips nicht so aufwändig sein muss, eben weil sie tausendmal weniger Wärme abgeben.
Über das Quantencomputing hinaus haben diese Bauelemente auch das Potenzial, die Energieeffizienz im Hochleistungsrechnern (HPC) und beim Einsatz im Weltraum zu verbessern, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führt. Deshalb ist SemiQon überzeugt, dass die neuen Chips einen entscheidenden Faktor sowohl für den Betrieb von Quantencomputern als auch von HPC darstellen und die Kosten für den Betrieb von Rechenzentren deutlich senken werden, die für dieses Jahr weltweit auf 16 Mrd. Dollar geschätzt werden. Bis 2032 sollen sie auf über 42 Mrd. Dollar steigen.