Können Sie ein Beispiel dafür geben, was auf dem Gebiet der etablierten Technologien erforscht wird?
Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung der NAND-Flash-Technologie für Speicher, die sich am dichten, langsamen und billigen Ende der Speicherhierarchie befindet. Um die Nachfrage nach immer höheren Bitzelldichten zu befriedigen, ist NAND-Flash in die dritte Dimension vorgedrungen, mit heute über 200 Schichten und Bitzellen, die in einer Gate-All-Around-Architektur (GAA) angeordnet sind. Weil die Anzahl der Schichten zunimmt, besteht der Druck, die Schichtdicke durch Skalierung des z-Pitch zu verringern und die Zellabmessungen in xy-Richtung zu reduzieren.
Imec konnte extrem skalierte 3D-NAND-Flash-Bausteine mit 25 nm z-Pitch demonstrieren und arbeitet an alternativen Zellarchitekturen, etwa der Trench-Zelle, um die Bitzellen in xy-Richtung zu verkleinern. Darüber hinaus erweitert Imec die Speicher-Roadmap auf Bereiche mit geringerer Latenz. Hier weist der 3D-ferroelektrische FET (FeFET) vielversprechende Eigenschaften auf.
Parallel dazu blicken wir über die aktuellen 3D-NAND-ähnlichen Architekturen hinaus, um Tbit/mm2-Speicher-Optionen zu identifizieren, wie unsere flüssigkeitsbasierten Konzepte.
Welche Fortschritte sind hier bereits erzielt worden?
Auf der IEDM-Konferenz 2021 haben wir weitgehend verbesserte Eigenschaften unserer kondensatorlosen Indium-Gallium-Zink-Oxid(IGZO)-basierten DRAM-Zelle demonstriert, die den Weg zu hochdichtem 3D-DRAM als Hauptspeicher für Computer ebnen. Heute verwendet die Industrie immer noch 1-Transistor-1-Kondensator(1T1C)-Zellenarchitekturen, um planare, skalierte DRAM-Speicher-Arrays zu ermöglichen, und wir glauben, dass diese klassische Roadmap für die nächsten fünf Jahre erweitert werden kann.
In der Zwischenzeit erforschen einige unserer Partner 3D-DRAM als einen Weg zu einem eigenständigen DRAM mit höherer Dichte. Wir tragen einerseits dazu bei, indem wir verschiedene Möglichkeiten zur Herstellung der 3D-Struktur erforschen. Unser Back-End-of-Line(BEOL)-kompatibles 2-Transistor-0-Kondensator(2T0C)-IGZO-DRAM-Zellenkonzept ermöglicht es zum Beispiel, die Peripherie der Speicherzelle unter das Speicher-Array zu verlagern und einzelne DRAM-Zellen zu stapeln – und damit echte 3D-Struktren zu ermöglichen. Andererseits untersuchen wir auch andere Channel-Materialien als IGZO, um die Leistung und Stabilität der Transistoren zu verbessern.
Gibt es weitere neue Speicherkonzepte, die für die Industrie relevant sind?
Wir untersuchen drei Kategorien von Speichern, die das Potenzial haben, in den DRAM-SRAM-Raum zu passen, also eingebettete Speicher mit niedriger Spannung und hoher Dichte, die schneller als DRAM sind und Daten mit sehr hoher Geschwindigkeit an die Logik übertragen können. Erstens versuchen wir, die Verwendung von IGZO-basiertem 3D-DRAM – der oben als eigenständiger Speicher mit hoher Dichte beschrieben wurde – auf eingebettete, logikkompatible Anwendungen auszuweiten.
Zweitens untersuchen wir das Potenzial von ferroelektrischem RAM, einem nichtflüchtigen 1T1C-DRAM-Speicher, bei dem ein ferroelektrisches Material in den Kondensator integriert ist. Genauer gesagt untersuchen wir verschiedene ferroelektrische Materialsysteme, die die richtigen Eigenschaften für DRAM/SRAM-ähnliche Anwendungen bieten.
Und drittens untersuchen wir verschiedene Varianten von MRAM, darunter Spin-Transfer-Torque(STT)-MRAM, Spin-Orbit-Torque(VGSOT)-MRAM und vollständig spannungsgesteuertes(VCMA)-MRAM – jeweils unter Abwägung von Leistung, Stromverbrauch, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit. Wir entwickeln CMOS-kompatible 300-mm-Plattformen, um diese Technologien auf ein neues Level zu bringen.
Besonders vielversprechend im Hinblick auf die Dichte ist unser VGSOT-MRAM-Baustein. Dieser kann in einer Multi-Pillar-Zellenarchitektur (mit mehreren magnetischen Tunnelübergangspfeilern auf einer gemeinsamen SOT-Leitung) angeordnet werden, wobei ein einziges VCMA-Top-Gate auswählt, welches zu beschreiben ist. Darüber hinaus ermöglicht VG-SOT schnelles Schalten im Sub-ns-Bereich und hat daher alle Eigenschaften, um in jeder Kategorie von Cache-Speichern eine Rolle zu spielen.
Bei der Entwicklung neuer Speichertechnologien gibt es viele Stadien. Welches Stadium ist für Sie das spannendste?
Für mich liegen die spannendsten Momente in den frühen Phasen der Technologieentwicklung. Ein erster erfreulicher Moment ist, wenn man das Gefühl hat, die eigentliche Problemstellung erkannt zu haben. Normalerweise gibt es eine Menge Aufhebens um ein neues Technologiefeld. Nehmen Sie 3D-DRAM als Beispiel. Sie müssen in der Lage sein, aus den riesigen Mengen an Informationen wie Veröffentlichungen und Patenten herauszufiltern, was wichtig ist und was das eigentliche Problem ist, das Sie lösen müssen – das ist ein großer Teil der Forschung.
Diese Problembeschreibung führt dann zu einem zweiten großen Moment, wenn Sie beginnen, innovativ zu werden und das Problem zu lösen – indem Sie zum Beispiel neue Prozessabläufe für die 3D-DRAM-Herstellung erforschen.
Meiner Meinung nach ist die Vollendung dieser frühen Entwicklungsphasen eine der wichtigsten Aufgaben von Imec für die Industrie. Das ist es, was unsere Partner von uns erwarten. Und das erfordert von unseren Forschern eine große Leidenschaft für Technologie.