Die COGD ist ein deutscher Verband, Obsoleszenzmanagement muss indes global angelegt sein. Was kann der COGD auf internationaler Ebene für seine Mitgliedsunternehmen tun?
Wagner: Die COGD ist unter anderem Mitglied des International Institute of Obsolescence Management (IIOM). Mit inzwischen fünf internationalen Chaptern sowie insgesamt rund 500 Mitgliedsfirmen ist das IIOM die mit Abstand weltweit größte Organisation im Bereich Obsoleszenzmanagement. Gerade die vergangenen drei Jahre haben gezeigt, dass bei der doch sehr komplexen Obsoleszenz-Thematik eine gut funktionierende internationale Vernetzung aller Betroffenen von enormer Bedeutung ist.
Besonders deutlich wurde das übrigens im Mai dieses Jahres anlässlich der dreitägigen internationalen IIOM-Konferenz in München, bei der unter anderem das Department of Defence der USA umfassende Einblicke in seine Obsoleszenzstrategie gewährte. Wenn eine Institution dieser Größe bereit ist, ihre über viele Jahrzehnte erarbeitete, extrem umfangreiche Kompetenz in puncto Obsoleszenzmanagement mit anderen betroffenen Unternehmen zu teilen, profitiert natürlich die gesamte Obsolescence Management Community davon, also auch die Mitglieder der COGD.
Wenn ich Sie recht verstehe, basiert die Implementation eines erfolgreiches Obsoleszenzmanagement einerseits auf den Standard IEC 62402:2019, andererseits zu einem großen Teil aber auch auf dem »Best Practice«-Prinzip, dem Lernen und Abschauen von den Besten der Branche.
Wagner: Dass ein kontinuierlicher direkter und indirekter Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen die Implementierung und vor allem die Optimierung des eigenen Obsoleszenzmanagements enorm begünstigen kann, steht für mich außer Frage.
Dieses Vorgehen ist allein schon deshalb empfehlenswert, weil sich so erfahrungsgemäß schon in der Evaluierungsphase viele Fehler vermeiden lassen, die das eigene Unternehmen sonst möglicherweise erst im Nachhinein teuer zu stehen kommen könnten. Im Fall des amerikanischen Department of Defence gibt es übrigens sogar einen öffentlich verfügbaren strategischen Leitfaden für bewährte Verfahren zur Umsetzung eines robusten Programms zum »Management von abnehmenden Produktionsquellen und Materialengpässen« (Diminishing Manufacturing Sources and Material Shortages, kurz DMSMS), das Standardisierungsdokument SD-22, erschienen in der letzten Überarbeitung im Mai 2022 auf Basis der IEC 62402.
Dieses Dokument des Verteidigungsministeriums zeigt die fünf Prozessschritte des Managementsystems mit der Systematik des Vorbereitens, Identifizierens, Bewertens, Analysierens und Umsetzens auf. Es liefert zudem unterstützende Details und Beispiele zu den DMSMS-Aktivitäten hinsichtlich systemtechnischer Überprüfungen, unabhängiger Logistikbewertungen, Mitarbeiterkompetenzen, des Umgangs mit gefälschten Teilen, Stücklistensystematiken sowie der Programmierung und Budgetierung von DMSMS-Verwaltungsoperationen. Sehr informativ und empfehlenswert ist dieser Leitfaden auch für Personen, die sich schon längere Zeit mit dem Thema Obsoleszenzmanagement beschäftigen.
Dann planen Sie, neben der nationalen auch die internationale Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Unternehmen weiter auszubauen?
Wagner: Wo immer das sinnvoll erscheint, werden wir das sicherlich tun, zumal sich mit starken Partnern wie dem Department of Defence und dem US-Chapter der IIOM auch der COGD völlig neue Möglichkeiten erschließen. Nur eines von vielen Beispielen ist die von uns gestartete Initiative zur Internationalisierung des smartPCN-Standards in die IEC 62402. Dass die Kollegen des Verteidigungsministeriums der USA aktiv in dieser Projekt-Arbeitsgruppe der COGD mitwirken, stimmt uns sehr zuversichtlich, dass wir dieses für ein künftig weitgehend automatisiertes PCN-Handling wegweisendes Projekt schon im März oder April 2024 gemeinsam erfolgreich zum Anschluss bringen werden.
Dr. Wolfgang Heinbach ist ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der COGD, Vizepräsident der globalen Dachorganisation IIOM und geschäftsführender Partner der Syliom Unternehmensberatung.
Axel Wagner ist ehrenamtlicher stellvertretender Vorstandsvorsitzender der COGD und verantwortet hauptberuflich bei der Prettl Electronics Automotive den Unternehmensbereich Consulting, Legal & Compliance.