In Krisenzeiten wie jetzt zeigt sich: Das frühere Ideal »Lean Logistics« ist keine Lösung. Strategisches Obsoleszenzmanagement ist wichtiger denn je, nur so lassen sich die Probleme meistern.
Die angespannte Situation in den globalen Lieferketten beschäftigt die ganze Industrie und bremst den Aufschwung. Die Pandemie hat die Situation, die sich bereits seit einiger Zeit in verschiedenen Bereichen wie den Keramik-Kondensatoren abgezeichnet hat, noch massiv verschärft. Aktuell sind bei Prozessoren und FPGAs Lieferzeiten bis 2023 keine Seltenheit. Überhöhte Preise bestimmen den Markt und die Elektronik-Branche sucht Wege, um der Materialknappheit zu begegnen.
Dieses Szenario ist kein exklusives Resultat der Pandemie, es wurde von ihr lediglich verstärkt: Lieferengpässe haben die Industrie schon immer beschäftigt. Der Trend, dass sich Lebenszyklen von Komponenten immer dynamischer gestalten und Bauelemente oft nach kurzer Zeit nicht mehr erhältlich sind oder wieder abgekündigt werden, besteht bereits länger, während der Marktdruck steigt und Innovationszyklen in vielen Industriebereichen immer kürzer werden, da immer schnellere, leistungsfähigere und auch energieeffizientere Produkte gefragt sind. Komplexere Produkte erfordern komplexere BOMs (Bill of Material, Stückliste). Entstehen zudem vorherrschende Strömungen, wie sie jetzt anhand der Beispiele künstliche Intelligenz, Virtual Reality, IoT und Industrie 4.0 mit der Verknappung bei WLAN- oder Bluetooth-Komponenten zu sehen sind, fügt dies einer ohnehin angespannten Situation weitere Brisanz hinzu. Am größten ist das Spannungsfeld bei langfristig angelegten Anwendungen, womöglich noch aus regulierten Märkten. Hier sind Beschaffungs- und Obsoleszenzmanagement die größte Herausforderung.
Dazu kommen Umweltauflagen und normative Vorgaben wie ROHSII (Restriction of Hazardous Substances ), REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) und WEEE (Waste from Electrical and Electronic Equipment ) oder gesetzliche Neuerungen wie die nun für Firmen ab 1000Mitarbeitern vorgeschriebene Sorgfaltspflicht in Lieferketten, die den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen immens erhöhen. Die Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten schon während der Produktkonzeption wird immer wichtiger. Auch andere Unsicherheiten, individuelle Schwierigkeiten bei Zulieferern, die zunehmende Bedrohung durch Naturkatastrophen und Veränderungen der politischen Landschaft machen die Beschaffung – gerade auf internationaler Ebene – nicht einfacher.
Insbesondere in Krisenzeiten wie jetzt zeigt sich, wie volatil die Wertschöpfung ist: Das frühere Ideal »Lean Logistics« ist keine Lösung, Vorsorge tut not. Das Minimieren von Entwicklungs- und Fertigungsrisiken, von Ressourcenknappheit, finanziellen Unsicherheiten und Zeitversatz ist enorm wichtig bei der Produktrealisierung. Mit einem effektiven strategischen Obsoleszenzmanagement, der systematischen Analyse wichtiger Beschaffungsaspekte von Anfang an, über den ganzen Lebenszyklus hinweg und mit einem verlässlichen Partner an der Seite lassen sich die Probleme gut meistern.
Eng verzahnt mit Konzeption, Entwicklung und Fertigung
Der Service-Anbieter Heitec unterstützt seine Kunden mit einem dedizierten Obsoleszenzmanagement nach IEC 62402:2019 ab dem Moment der Zusammenarbeit, wenn sie es wünschen. Schon vor Start des Produktdesigns wird mit Requirements-Analysen und Bedarfssimulationen eruiert, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Versorgung zukunftssicher zu gewährleisten.
Gibt es mit dem Kunden eine Vereinbarung über das Obsoleszenzmanagement, überprüft Heitec in regelmäßigen Abständen, die mit dem Kunden vereinbart werden, die Bausteinliste, beispielsweise jedes halbe Jahr. Der Kunde wird informiert, wie lange die Bauelemente noch verfügbar sein werden, wie teuer sie sind und welchen Vorlauf sie haben. Er kann dann entscheiden, wie lange die Bauteile gelagert werden oder ob Ersatztypen eingekauft werden sollen. Mit einem umfassenden Gesamtüberblick über das Marktangebot können sowohl technische als auch Preisvorteile erzielt werden.
Auch während der Designphase wird stets kontrolliert, wie lange notwendige Komponenten verfügbar sind bzw. wann sie abgekündigt werden, ob es für sie gegebenenfalls Ersatz gibt, obendrein Lagervorhaltung erforderlich ist oder ob gar eine Layout-Veränderung sinnvoll wäre, um die Lösung auch langfristig zu unterstützen.
Ein Beispiel: Bei einem angenommenen zweijährigen Entstehungszyklus, bestehend aus einem Jahr Entwicklungszeit sowie einem Jahr Produktionszeit, und bei gleichzeitiger zweijähriger Teileverfügbarkeit stellt das Entwicklungsfenster bereits eine Herausforderung dar. Die Zusammensetzung der BOM liegt – in Absprache mit dem Kunden – in der Verantwortung des Systemarchitekten, der außerdem eng mit dem Hardware-Entwickler und dem Obsoleszenzmanager zusammenarbeitet. Heitec setzt bei der Überprüfung auf Echtzeit-Monitoring, das die BOM mit den wahrscheinlichen Verfügbarkeiten abgleicht. Anzustreben ist eine Teileverfügbarkeit von über fünf Jahren; zehn Jahre Verfügbarkeit stellen den Idealfall dar. Je nach Ergebnis muss die Produktabkündigung gemanagt und rechtzeitig Ersatz besorgt werden. Dazu müssen die Spezifikationen überprüft und ähnliche Produkte gefunden werden, die mindestens nahezu identisch sind und dieselbe Funktionalität bieten.