Tief im E-Motor, dort wo es zu heiß, zu eng oder schlicht unmöglich ist, misst ZF jetzt mit einer KI-basierten Lösung präzise die Temperatur. Diese exakten Daten erlauben, deutlich mehr Leistung aus einem Elektromotor herauszuholen.
Mit der KI-basierten Lösung TempAI präsentiert ZF eine neue Methode, die das Temperaturmanagement in elektrischen Antrieben auf ein neues Niveau heben soll. Durch den Einsatz eines lernfähigen Temperaturmodells verbessert TempAI die Prognosegenauigkeit nach Angaben von ZF um mehr als 15 Prozent – und ermöglicht damit eine deutlich präzisere thermische Ausnutzung der elektrischen Maschine.
TempAI beruht auf einer Plattform, die physikalisch fundierte Modelle automatisiert aus Messdaten generiert und in kürzester Zeit lauffähig macht. Bestehende Steuergeräte reichen aus, da die verwendeten KI-Modelle geringe Rechenressourcen beanspruchen. Das führt zu einer sehr kosteneffizienten Umsetzung in der Serie.
»Diese Technologie ermöglicht es uns, die Effizienz und Zuverlässigkeit unserer Antriebe weiter zu steigern. Gleichzeitig zeigen wir mit TempAI, wie datengetriebene Entwicklung nicht nur schneller, sondern auch nachhaltiger und leistungsfähiger sein kann«, sagt Dr. Stefan Sicklinger, Leiter KI, Digitales Engineering und Validierung im Bereich F&E.
Die auf KI basierende Technologie ist serienreif und für die neue Generation von ZF-Elektromotoren verfügbar. »Wir sind stolz darauf, diese Innovation nun in die Serienproduktion zu bringen und damit einen bedeutenden Beitrag zur effizienteren E-Mobilität zu leisten«, sagt Dr. Otmar Scharrer, Entwicklungsleiter für elektrifizierte Antriebstechnologien. »TempAI ist ein echter technologischer Durchbruch für das Temperaturmanagement elektrischer Antriebe.«
Die präzisere Temperaturvorhersage ermöglicht eine gezieltere Regelung bis zur thermischen Betriebsgrenze. Das Ergebnis: bis zu sechs Prozent mehr Spitzenleistung und eine nachweisebare Effizienzsteigerung im WLTP-Zyklus, dem weltweit gültigen Prüfverfahren für realitätsnahe Fahrwerte. Bei dynamischer Fahrt – etwa auf der Nürburgring-Nordschleife – sinkt der Energieverbrauch je nach Lastpunkt um 6 bis 18 Prozent.
Neben der höheren Leistung bringt TempAI auch ökologische und wirtschaftliche Vorteile: Durch die optimierte thermische Auslegung lassen sich signifikante Mengen an schweren Seltenen Erden einsparen. Gleichzeitig verkürzt sich die Entwicklungszeit pro Projekt: von mehreren Monaten auf wenige Tage. Denn während der Entwicklung von E-Antrieben hilft die KI, Vorgänge im Inneren des E-Motors zu verstehen und zu erfassen, für die es – aus Kosten- oder Zeitgründen – kein physikalisch zuverlässiges Modell gibt. Die Herausforderung: Die Temperatur im Inneren eines Rotors lässt sich während des Betriebs nur mit hohen Kosten direkt messen.
Aber es gibt zahlreiche Messdaten, die bei aufwändigen Funktionstests am Prüfstand und später in den Erprobungsfahrzeugen systematisch erfasst werden: Dazu zählen Temperaturwerte aus dem Umfeld, etwa aus der Ölwanne, sowie die Drehzahlen des Rotors. Aus den verschiedenen möglichen Betriebspunkten und deren zeitlichem Verlauf ergeben sich Millionen von Datenpunkten. Sie sind abhängig davon, ob und wann die Fahrer die volle Leistung abrufen oder im Schritttempo dahingleiten. Entsprechend »antrainiert« filtern KI-Algorithmen exakt jene Abhängigkeiten heraus, die für die Temperaturveränderungen am Rotor und Stator besonders aussagekräftig sind.