Im Automobilbereich steht die Glasfasertechnologie als neue Schlüsseltechnologie für Bordnetze software-definierter Fahrzeuge kurz vor dem Durchbruch. ZF unterstützt mit seinem Hochleistungsrechner ProAI optisches Multi-Gigabit-Ethernet im Fahrzeug.
Der Technologiekonzern ZF hat seinen Hochleistungsrechner ProAI für optisches Multi-Gigabit-Ethernet in Automobilanwendungen weiterentwickelt. Mit neu entwickelten Chips und Steckern können Daten über automobiltaugliche Glasfasern nach Standard IEEE 802.3cz übertragen werden. Entwicklungspartner hierbei sind der deutsche Automobilzulieferer MD Elektronik sowie das spanische Halbleiterunternehmen KD.
»Diese ultraschnelle Übertragung ist eine Schlüsseltechnologie für künftige Bordnetze software-definierter Fahrzeuge«, erklärt Oliver Briemle, Leiter Cross-Domain Computing bei ZF. Die Technologie ermöglicht sowohl Kurz- als auch Langstreckenübertragungen von bis zu 40 Metern. Der Serieneinsatz soll bereits im kommenden Jahr möglich sein.
Optisches Multi-Gigabit-Ethernet bietet für verschiedene Fahrzeugklassen erhebliche Vorteile. Intensive Tests haben die Einsatztauglichkeit dieser Technologie für Personen- und Lastkraftwagen, Busse und Shuttles bestätigt und die Robustheit unter verschiedenen Betriebsbedingungen bewiesen. Die Ergebnisse zeigen, dass das optische Multi-Gigabit-Ethernet eine vielseitige und zukunftssichere Lösung für die Datenkommunikation darstellt.
Optische Datenübertragung wird in vielen modernen Kommunikationssystemen – einschließlich der Automobilindustrie – eingesetzt. Sie basiert auf der Übertragung von Lichtsignalen durch Glasfaser- oder Kunststofffaserkabel. Glasfaserkabel bieten dabei eine hohe Bandbreite und geringe Verluste.
Die Lichtausbreitung in diesen Fasern basiert auf dem Prinzip der Totalreflexion. Wenn Licht in die Faser eintritt, wird es an den Grenzflächen zwischen Kern und Mantel der Faser reflektiert, wodurch es im Kern gefangen bleibt und sich entlang der Faser ausbreitet.
Hohe Datenübertragungsraten und Zuverlässigkeit sind die Hauptvorteile optischer Datenübertragungssysteme in der Automobilbranche. Bereits vor rund 20 Jahren wurden im Automobilbereich optische Systeme wie »Media Oriented Systems Transport«, kurz MOST, eingeführt. Diese älteren Systeme setzten auf Polymerfasern als physikalische Schicht zur Datenübertragung. Im Gegensatz dazu basieren die neuen Standards, wie das optische Multi-Gigabit-Ethernet nach IEEE 802.3cz-2023 auf Glasfasern, die eine höhere Bandbreite und geringere Verluste bieten.
Es gibt diverse Gründe für optisches Multi-Gigabit-Ethernet in der Automobilbranche:
Der Standard unterstützt Datenübertragungsraten von 2,5 Gbit/s, 5 Gbit/s, 10 Gbit/s, 25 Gbit/s und 50 Gbit/s. Diese hohen Geschwindigkeiten sind entscheidend, um die wachsenden Datenmengen zu bewältigen, die durch Anwendungen wie autonomes Fahren, Infotainment und vernetzte Dienste entstehen.
Die neuen Standards ermöglichen eine deutlich größere Übertragungsdistanz im Vergleich zu älteren optischen Systemen oder kupferbasierten Datenübertragungssystemen. Optisches Multi-Gigabit-Ethernet kann Daten über Entfernungen von bis zu 40 Metern übertragen, was sowohl für Kurz- als auch für Langstreckenanwendungen in aller Art von Fahrzeugen geeignet ist.
Im Vergleich mit Kupferkabeln spart der Einsatz von Glasfaser deutlich Gewicht ein, was wiederum zur Reduzierung des Flottenverbrauchs beiträgt.
Die Verwendung von Glasfasern (OM3) gemäß dem Standard IEEE 802.3cz-2023 verbessert die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der Datenübertragungssysteme. Glasfasern sind nicht anfällig für elektromagnetische Störungen und bieten eine stabile Datenübertragung auch unter extremen Umweltbedingungen. Eine galvanisch getrennte Datenkommunikation zwischen verschiedenen Spannungsniveaus lässt sich damit ebenfalls realisieren. Zudem sind sie widerstandsfähiger gegenüber Alterungsproblemen, was eine langfristige Nutzung ermöglicht.
Optische Datenübertragungssysteme, die auf dem Standard IEEE 802.3cz-2023 basieren, sind energieeffizienter als herkömmliche Kupfer-basierte Systeme. Sie benötigen weniger Energie für die Datenübertragung, was zu einer Reduzierung des Gesamtenergieverbrauchs im Fahrzeug führt. Dies ist besonders wichtig für moderne Automobile, bei denen die Energieeffizienz eine entscheidende Rolle spielt.
Optisches Multi-Gigabit-Ethernet ist zukunftssicher und skalierbar, denn es ist möglich, neue Hochleistungsrechner (High-Performance Computer, HPCs), elektronische Steuergeräte (Electronic Control Units, ECUs) und Multi-Domain-Rechner (MDCs) auf höhere Datenübertragungsgeschwindigkeiten aufzurüsten, ohne dass die bestehenden optischen Verkabelungskomponenten geändert werden müssen. Dies erleichtert die Integration neuer Technologien und Funktionen in zukünftige Fahrzeuggenerationen und stellt sicher, dass die Systeme den steigenden Anforderungen gerecht werden.
Die im Standard IEEE 802.3cz-2023 spezifizierten OM3-Glasfasern sind weltweit verbreitet und werden bereits in großen Mengen produziert. Auch die heutigen hohen Produktionsvolumen der VCSEL (Laserdioden) und Photodioden für den Einsatz in den spezifizierten Wellenlängen sind sehr hoch. Dies führt zu Kosteneinsparungen bei der Herstellung und macht die Technologie wirtschaftlich attraktiv für den Serieneinsatz in der Automobilindustrie.
Das optische Multi-Gigabit-Ethernet bietet nahezu ideale Kommunikationskanäle mit geringer Komplexität der physikalischen Schicht. Dies führt zu einer geringeren Equalization-Komplexität, keiner Echokompensation und somit zu einem geringeren Stromverbrauch, geringerer Latenz und insgesamt kostengünstigeren Lösungen. Ein speziell dedizierter Operations-, Administrations- und Wartungskanal (OAM) sorgt zudem für hohe Zuverlässigkeit und effizientes Link-Management.