Um bewerten zu können, wie gut ein Fahrer die weitere Entwicklung einer Verkehrssituation antizipieren kann und wie vorausschauend er dann tatsächlich handelt, wurden von den Psychologen geeignete Methoden zur Bewertung der Antizipation und des vorausschauenden Fahrens entwickelt. Als gut geeignet zur Messung der Antizipationsleistung und Qualität der Handlungsentscheidungen haben sich die Videopräsentation von einzelnen Verkehrssituationen aus Fahrerperspektive und die anschließende Befragung des Fahrers erwiesen.
Mittels eines Videoversuchs konnten diejenigen Merkmale erfasst werden, welche der Fahrer heranzieht, um die weitere Entwicklung der Verkehrssituation vorherzusagen. Besonders häufig genannte Merkmale waren z.B. auf der Straße stehende Fahrzeuge, das Vorhandensein von Gegenverkehr, die Spurwahl (Ausscheren, Einordnen anderer Fahrzeuge) und die Ampelfarbe. Wichtige, aber mitunter von den Fahrern vernachlässigte Punkte waren alle Merkmale, die grundsätzlich antizipationsrelevant sind, sich jedoch nicht in unmittelbarer Nähe zum Fahrer befinden. Genau hier liegt das Potential einer Anzeige zur Unterstützung der Vorausschau des Fahrers. Die Analyse des üblichen Antizipationshorizonts des Fahrers zeigte, dass der Antizipationszeitraum ohne zusätzliche Unterstützung unabhängig von der Verkehrssituation in der Regel nicht weiter als zehn Sekunden reicht.
Die Untersuchungen haben ebenfalls gezeigt, dass unbedingt zwischen der Antizipation – der Fähigkeit des Fahrers zur Vorhersage der Entwicklung einer Situation über einen Zeitraum – und der tatsächlichen Handlung zu unterscheiden ist. So kann es sein, dass der Fahrer zwar frühzeitig eine Situation erkennt, aber dennoch erst später handelt. Bei einem Tempolimit etwa gaben manche Fahrer an, erst in allerletzter Sekunde ihre Geschwindigkeit vorschriftenkonform anzupassen, wohingegen 34 von 36 Probanden bei Erkennen eines Staus sofort ihre Geschwindigkeit reduzieren würden (Bild 1).