Agile Modellentwicklung für SAE-Level 4

Absichern autonomer Fahrfunktionen

11. November 2022, 13:00 Uhr | Autoren: Thomas Vukas, Björn Sandner und Julian Reindl, Redaktion: Irina Hübner
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Continuous Integration und Continuous Testing

Zusätzliche Geschwindigkeit und Skalierbarkeit der Modellauslieferung werden durch Einbettung in die Bereiche Continuous Integration und Continuous Testing erreicht: Änderungen an den Modellen werden nach deren Implementierung automatisiert in das Gesamtmodell integriert, wodurch Verbesserungen sofort genutzt werden können. Zusätzlich folgt in der Prozesskette eine automatisierte Validierung der neu integrierten Module und des Gesamtmodells, sodass die Modelle bei Auslieferung an die Zielplattformen den höchsten Qualitätsansprüchen genügen: Basisfunktionen der Modelle, wie beispielsweise der Zustandswechsel der Funktionen, werden an einem von ASAP aufgebauten Prüfsystem automatisch vor jeder Auslieferung des Modells getestet. Auch die Kommunikation zwischen den Steuergeräten innerhalb einer Wirkkette wird nach jeder noch so kleinen modularen Änderung erneut überprüft. Somit erfolgt eine kontinuierliche Überprüfung des Gesamtmodells.

Der Prozess der Modellbereitstellung im Überblick
Der Prozess der Modellbereitstellung im Überblick.
© ASAP

Durch gezieltes Setzen der Testparameter und Einfügen von Testroutinen können auch automatisiert Fehlerabstellmaßnahmen im neu erstellten Modell mit dem Vorgängermodell verglichen und auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Dies führt zu einer zusätzlichen Steigerung von Qualität und Robustheit der Modelle. Als letzter Schritt wird mit dem Continuous Deployment das neueste, getestete Modell automatisiert auf die Zielplattform ausgeliefert. Zusammengefasst: Die Zeitspanne von der Implementierung einer Änderung bis zur Auslieferung eines neuen und getesteten Modells mit zusätzlichen Funktionen wird somit minimiert und lässt sich einfach auf zusätzliche Plattformen skalieren. Das Resultat: eine enorme Zeitersparnis

Einsatz der Modelle am Closed-Loop-Prüfstand

In einem aktuellen Projekt übernimmt die ASAP-Gruppe unter anderem die Modellerstellung für die Entwicklung von Fahrwerks- und AD-Funktionen. Dies beinhaltet Radarsensoren, Motor- und Bremssteuergeräte sowie die Buskommunikation zwischen allen daran beteiligten Komponenten. Die Modelle werden kontinuierlich als XIL-Modelle bereitgestellt und bedienen verschiedenste Fahrzeugmodelle inklusive aller Optionen für Sonderausstattungen.

Ein Beispiel: Für das autonome Navigieren durch den Stadtverkehr müssen Teilnehmer im Straßenverkehr und Objekte wie Verkehrszeichen erkannt und darauf korrekt reagiert werden. Nach der Erkennung müssen etwa Motor- und Bremssteuergerät die Geschwindigkeit gemäß der Verkehrssituation anpassen; die Änderungen müssen dem Fahrer informativ angezeigt werden. Im entsprechenden Modell müssen demnach das Steuergerät selbst, seine Verhaltenslogik, die passende Umgebungslogik, die es umgebende Wirkkette und das Zusammenspiel mit anderen Steuergeräten sowie verschiedene Fahrzeugvarianten und Zielplattformen abgebildet sein. Für die Nachbildung der Verhaltenslogik – also der Reaktion des Steuergeräts auf eingehende Signale – werden zunächst alle relevanten Komponenten der Wirkkette definiert. Nicht-relevante Signale, die keine Auswirkung auf die Wirkkette haben, werden durch statische Restbussimulationen dargestellt. Dynamische Anteile der Wirkkette werden so realitätsnah wie möglich simuliert.

Ein solches Gesamtmodell besteht aus einer Vielzahl kleinteiliger Module. Dadurch können Änderungen, wie vorangehend beschrieben, gezielt – und damit schneller – am entsprechenden Modul innerhalb des Gesamtmodells umgesetzt werden. Anschließend wird das Modell mit zusätzlichen Eigenschaften vor dem produktiven Einsatz an einem Closed-Loop-Prüfstand automatisiert verifiziert. Unter Closed Loop versteht man die Eigenschaft, dass ein real verbauter Steuergeräteverbund und die simulierte Umgebung in Interaktion stehen und so ihr Verhalten gegenseitig beeinflussen.

Den Closed-Loop-Prüfstand für dieses Projekt haben Entwickler der ASAP Gruppe aus dem Bereich Prüfsysteme konzeptioniert, aufgebaut und beim Kunden in Betrieb genommen. Am Prüfstand können die gesamte Wirkkette oder bei Bedarf auch nur einzelne Komponenten überprüft werden. Nach Einlesen des Fahrzeugauftrags erkennt der Prüfstand automatisch Fahrzeugmodell und -typ und passt die Modellcodierung entsprechend an. Mit Blick auf die enormen Herausforderungen in der Komponenten- und Funktionsentwicklung – kurze Entwicklungszeiten, permanenter Kostendruck und immer komplexere Produkte – stellt die Umstellung auf einen flexibleren Entwicklungsprozess einen besonderen Vorteil dar und leistet einen großen Beitrag bei der Realisierung von Mobilitätslösungen der Zukunft.

 

Literatur

[1] ADR5: Autonomous mobility is coming – faster than you think: https://www.rolandberger.com/en/Publications/ADR5-Autonomous-mobility-is-coming-–-faster-than-you-think.html
[2] Prognose der Anzahl zugelassener Personenkraftwagen (Pkw) in Europa nach Art der Fahrzeugnutzung im Zeitraum der Jahre 2018 bis 2030: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/875082/umfrage/prognostizierter-pkw-bestand-in-europa-nach-art-der-pkw-nutzung/
[3] Elektronik-Anteil in Fahrzeugen nimmt zu: https://www.car-it.com/technology/elektronik-anteil-in-fahrzeugen-nimmt-zu-228.html

 

Die Autoren

 

Björn Sandner von ASAP
Björn Sandner von ASAP.
© ASAP

Björn Sandner ist Leiter Thestmethodik und -design bei der ASAP-Gruppe.

 

 

 

Thomas Vukas von ASAP
Thomas Vukas von ASAP.
© ASAP

ThomasVukas ist Leiter Testautomation und Validierung bei der ASAP-Gruppe.

 

 

 

Julian Reindl von ASAP
Julian Reindl von ASAP.
© ASAP


Julian Reindl ist Leiter Testmethodik und -design bei der ASAP-Gruppe.

 

 

 


  1. Absichern autonomer Fahrfunktionen
  2. Continuous Integration und Continuous Testing

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