Welche Vorteile hat es, Motion Control und industrielle Kommunikation in einem SoC zu vereinen? Könnte es auch Vorteile haben, beides getrennt zu haben?
Ein Vorteil ist natürlich die Einsparung eines zweiten Controller-Chips. Der Software-Aufwand wird dadurch geringer, und man hat alles unter einem Dach. Die geringen Abmessungen sind ein genereller Vorteil des netX 90; seine Versorgungsspannung beschränkt sich auf 3,3 V. Der Chip bietet Spannungsüberwachungs- und Diagnosefunktionen, eine Temperatursensorik sowie diverse Analogkomponenten, die gerade für die Antriebstechnik wichtig sind. Er verringert also den externen Aufwand deutlich und ermöglicht es, mit sehr einfachen Einplatinensystemen direkt in die Antriebstechnik zu gelangen. Hinzu kommt ein seit vielen Jahren bewährtes Software-Ökosystem mit allem, was man für die Kommunikation benötigt, um einfach zertifizierbare Geräte und Anlagen zu realisieren. Aus unserer Sicht sind dies entscheidende Vorteile von netMotion für unsere Kunden.
Der netX 90 ist ein Multiprotokoll-IC, der auf diverse Industrial-Ethernet- und IIoT-Protokolle vorbereitet ist. Wie wirkt sich das auf den Bereich Motion aus, d.h. welches Protokoll übernimmt dann die Kommunikation für die Motion-Control-Funktionen?
Auf der Motorsteuerungsseite haben wir einerseits ein Software-Paket, das rein für die mathematischen Funktionen zuständig ist, um den Motor und die angeschlossenen Leistungsteile anzusteuern. Andererseits bietet der netX 90 bereits Hardware-seitig die entsprechenden PWM-Module und umfasst schnelle 12-bit-A/D-Wandler zur Signalgenerierung. Für den Rückkanal, etwa vom überwachenden Encoder oder Hall-Sensor, sind analoge und digitale Schnittstellen (z.B. SSI, BiSS und EnDat) an Bord. Für die Einbindung der Motorseite in die Kommunikation gibt es schon seit vielen Jahren dedizierte Profile, etwa das Profidrive-Profil für Profibus und Profinet. Profidrive ist eines der Profile, die wir auf der Applikationsseite mit integrieren. Ein zweites firmiert unter dem Namen DS402 und bezieht sich hauptsächlich auf die CANopen-Welt. Das Schöne an beiden ist, dass ihre Funktion leicht zu testen ist - es gibt dafür eine hochspezifische Test- und Validierungsumgebung. In der Kommunikation ist bereits CIP Sync vorbereitet, so dass netMotion auch im amerikanischen Raum gut in Antriebsapplikationen passt. Generell wird über die Profile die Antriebs-Applikation einfach mit der Kommunikationsseite integriert.
Das heißt, auch mit den entsprechenden On-Chip-Verbindungen zwischen dem Kommunikationsprozessor-Subsystem und dem Applikationsprozessor-Hostsystem, das Sie ja haben?
Darauf haben wir ein besonderes Augenmerk gelegt. Schon als wir noch eine separate, reine Kommunikations-Chip-Plattform hatten, waren wir immer bestrebt, leistungsstarke Interfaces zu schaffen zwischen einem Hostsystem und der eigentlichen Kommunikation. Hierfür gab es unterschiedliche Interfaces wie etwa früher das PCI-Interface. Daneben ließ sich auch über parallele Dual-Port-Memory-Schnittstellen (DPM) ein effizienter und schneller Datenaustausch herbeiführen. In der netX-90-Generation haben wir die DPM-Schnittstelle mit Shared-Memory-Ansatz über ein Hochleistungs-Bussystem integriert, so dass zwischen dem Applikations- und dem Kommunikationsprozessor über gemeinsame Memory-Bereiche ein problemloser Datenaustausch möglich ist. Dieses Verfahren ist auch auf sehr geringe Latenz ausgerichtet, so dass es genau für solche zeitkritischen Applikationen vorteilhaft ist.
Wie funktioniert die DPM-Schnittstelle genau?
Das Herzstück der DPM-Schnittstelle ist ein Speicherbereich, auf den von zwei Seiten aus zugegriffen werden kann. Bei netMotion ist das auf der einen Seite der Applikations- und auf der anderen Seite der Kommunikationsprozessor des netX 90. Die DPM-Schnittstelle umfasst eine Pointer-Steuerung und bietet einen Austausch von Informationen, welche Seite gerade zugreifen und lesen darf und welche nicht. Bei ihr handelt es sich um ein System, das mit Prozessorfrequenz läuft und dadurch einen sehr performanten Datenaustausch zwischen den beiden Bereichen ermöglicht.