Wie bei den meisten Feldbussen sind auch EtherCAT-Slaves klassischerweise spezielle Hardwareklemmen, die zwar, wie erwähnt, hochspezialisiert sind, jedoch ohne erweiterte grafische Oberfläche oder einfache Eingabemöglichkeiten auskommen müssen. Unter Verwendung von PCIe-EtherCAT-Slave-Karten von Herstellern wie Beckhoff oder ESD können jedoch selbst handelsübliche PCs als Slaves in eine EtherCAT-Topologie integriert werden, wobei die bekannten Vorteile von EtherCAT wie Übertragungsraten von bis zu 100 MBit/s und Kabellängen bis zu 100 m erhalten bleiben. Die Karten besitzen einen EtherCAT-Kanal mit jeweils einem RJ45-Input- und -Output-Port, werden im flexibel programmierbaren Slave-Stack-Code »ET9300« unterstützt und lassen sich mit den bekannten EtherCAT-Protokollen (z.B. CoE, EoE, FoE, AoE) verwenden. Es ist also festzuhalten, dass PC-basierte EtherCAT-Slaves vollwertige EtherCAT-Komponenten sind, die sich – genau wie klassische Hardware-Slaves – nahtlos in das System integrieren lassen. Wo genau aber liegt nun der Mehrwert dieser Alternative und was sind konkrete Anwendungsmöglichkeiten?
Die Vorteile PC-gestützter EtherCAT-Slaves begründen sich auf die Bedienungsfreundlichkeit von PCs selber: Durch den simplen Anschluss eines Bildschirms und Eingabegeräten im System wird eine hochflexible Benutzerschnittstelle geschaffen, mit der sich Daten anschaulicher auswerten und zielgerichteter verarbeiten lassen. EtherCAT-PC-Slaves sind so auf eine Vielzahl von gesonderten Aufgaben spezialisierbar. Beispielsweise wird mit einem PC natürlich auch zusätzliche Rechenleistung zur Verfügung gestellt, die für anspruchsvolle Applikationen ausgelagert werden kann und je nach konkreter Leistungsanforderung individuell skalierbar ist. Darüber hinaus eignen sich PC-Slaves besonders zur erweiterten hierarchischen Staffelung von EtherCAT-Netzwerken. So bilden sich Untergruppen für spezielle Aufgabenbereiche heraus, indem komplexe Baum-Topologien entstehen, bei denen, über die Master-Seite hinaus, auch Slave-seitig kritische Knotenpunkte PC-basiert operieren.
Gerade für Aufgaben künftiger technologischer Konzepte, wie sie schon im Industrie-4.0-Projekt benannt werden, sind PC-Slaves so gut geeignet, da die quantitative sowie qualitative Erweiterung der entstandenen Schnittstellen innerhalb des Netzwerks auch die Anbindung an hochentwickelte Informationsstrukturen überhaupt erst ermöglicht. Hierdurch wird schon jetzt die Grundlage für cyberphysische Systeme gelegt, die in Verbindung mit einem Echtzeitsystem anspruchsvolle Aufgaben wie schnelle und autonome Selbstanalyse und -optimierung erfüllen können. Die Skalierbarkeit von PC-Slaves ermöglicht so, vorhandene EtherCAT-Anwendungen zu modernisieren, ohne das gesamte Netzwerk komplett neu konzipieren zu müssen.
Kommunizieren über Segmente und Ebenen hinweg
Wo PC-Slaves die horizontale wie auch vertikale Skalierbarkeit in der Feldebene erhöhen, besteht für die Umsetzung cyberphysischer Systeme natürlich auch der Bedarf zur ebenenübergreifenden Vernetzung von automatisierten Anlagen, um nahezu alle relevanten Teilfunktionen und Abteilungen in den Gesamtprozess einzubeziehen. Die hierfür notwendige Ausweitung der vertikalen Integration wird dabei mit dem EtherCAT Automation Protocol realisiert, das verschiedene Dienste und Protokolle zum gleichberechtigten Austausch von Variablen und Daten für Betriebsleit-, Prozessleit- und Steuerungsebene mit der Feldebene bereitstellt.
Über zyklische Prozessdaten- und azyklische Mailbox-Kommunikation, per Routing-Verfahren oder sogar durch Übertragung ganzer Dateien können Geräte und ganze Segmente gleicher und verschiedener Ebenen, die sonst unabhängig voneinander agieren, Daten untereinander transferieren. Auf diese Weise wird einerseits die Anbindung der Feldebene an übergeordnete Produktionsleit- (MES) und selbst Produktionsplanungssysteme (ERP) umgesetzt, zudem aber auch Master/Master-Kommunikation ermöglicht. Das Ergebnis ist bereits heute eine weitläufige und nahtlose Vernetzung mit Echtzeitfähigkeit, bei der Informationen mit hohen Übertragungsraten auf Ethernet-Basis transferiert werden. Die Anwendungsschnittstellen von EAP (z.B. PDO, SDO, CoE, FoE) sind dabei eine Teilmenge des EtherCAT-Master-Protokolls, bieten also den gleichen Grad an Flexibilität und Effizienz.