PL4 für die Fertigung

»Wir bringen die Produktion der Zukunft auf die Straße!«

6. Februar 2023, 14:00 Uhr | Heinz Arnold

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

" Die Produktion auf den Menschen zu fokussieren ist das Ziel von Production-Level 4"

Wie genau bringen sich die beteiligten Partner in das Twin4Trucks-Projekt ein?

Ruskowski: Das DFKI und die SmartFactory-KL sehen ihre Aufgabe darin, die auf der wissenschaftlichen Ebene und aus unserem Demonstrator-Ökosystem gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis zu transferieren. Das betrifft KI, die Lokalisierung und die Qualitätskontrolle, beispielsweise über Kameras. Atos und Infosys sind für die Software zuständig, die Pfalzkom kümmert sich um die erforderlichen Server- und Cloud-Strukturen.

Brümmer: Grundsätzlich geht es über die drei Jahre Laufzeit von Twin4Trucks darum, die Hardware- und Software-Voraussetzungen dafür zu schaffen, Informationen zu sammeln und weiter verarbeiten zu können. Darüber sollen entsprechend der Vision von Production-Level 4 die Robustheit und die Effizienz in der Produktion gesteigert werden. Denn Prüfungen, Korrekturen und händische Eingriffe können dann entfallen, das übernehmen die Maschinen.

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Brümmer Ekkehard
Dr. Ekkehard Brümmer, Daimler Truck: »Wir planen zunächst, erste Anwendungsfälle umzusetzen und die Hardware und die Software so auszulegen, dass sich über die Verarbeitung der vielen neuen Daten greifbarere Vorteile ergeben. Darauf bauen Systeme wie die Ortung von Betriebsmitteln und Flurförderzeugen, die smarte Unterstützung von Mitarbeitenden sowie die Sicherstellung der Produktionsqualität auf.«
© Daimler Truck

Wird dann auch die Anzahl der Mitarbeiter reduziert?

Brümmer: Einfache Tätigkeiten wie die eben genannten, die zum Beispiel auch automatisiert erledigt werden können, könnten tatsächlich wegfallen. Allerdings gehen wir davon aus, dass die Zahl der Produktionsmitarbeiter in den kommenden Jahren deshalb nicht sinken wird. Es findet eher eine Verlagerung der Tätigkeit statt: Wir spielen Ressourcen frei, sodass sich Beschäftigte mehr auf wertschöpfende Arbeiten fokussieren können. Allein schon der demografische Wandel und der Bedarf an Fachkräften erfordert es perspektivisch, nicht wertschöpfende Aufgaben zu reduzieren.

Ruskowski: Die komplett automatisierte und völlig menschenleere Fabrik war zu Anfang von Industrie 4.0 ein großes Missverständnis. In unserem Demonstrator-Ökosystem für den Modell-LKW arbeiten Roboter, KI-Methoden und Menschen zusammen. Der Mensch spielt bei uns eine wichtige Rolle, denn komplexe Aufgaben könnten Roboter nicht übernehmen, jedenfalls nicht zu vernünftigen Preisen. Nicht den Menschen in der Produktion abzuschaffen, sondern die Produktion auf den Menschen zu fokussieren ist das Ziel von Production-Level 4.

Sie sprechen von Industrie 4.0, Production-Level 4 (PL4) und Shared Production. Was genau ist damit gemeint?

Ruskowski: Industrie 4.0 dürfte ja inzwischen bekannt sein; wir wollen mit Production-Level 4 noch etwas darüber hinausgehen und die Produktion vollkommen neu denken. Wie lässt sich die Produktion beispielsweise so auslegen, dass sich die Reihenfolge der Produktionsschritte flexibel ändern lässt? Eine Shared Poduction hat die verteilte Produktion im Blick, auf der Unternehmen die Skills ihrer Maschinen auf Software-Plattformen hinterlegen können, die so weltweit verfügbar sind und von anderen Unternehmen für die eigene Produktion genutzt werden können.

Die Vision: Ein Unternehmen will ein bestimmtes Produkt fertigen lassen. Statt jetzt mühsam bei verschiedenen Herstellern anzufragen, ob sie in der Lage sind, den Auftrag anzunehmen, und auf die Antwort zu warten, sucht das Unternehmen einfach auf der Plattform nach den entsprechenden Skills. Ziel von PL4 ist eine resiliente Fertigung, denn Unternehmen können zwischen vielen Anbietern wählen. Sie können aber auch darauf achten, einer möglichst ressourcenschonend oder energieeffizient arbeitenden Maschine den Auftrag zu geben. So können wir auch das Thema Nachhaltigkeit mit PL4 vorantreiben.

Das scheint schon weit in die Zukunft zu weisen. Gibt es bereits Pläne, wie es nach dem auf drei Jahre angelegten Twin4Trucks-Projekt weitegehen wird?

Brümmer: Wir werden das Konzept auch danach horizontal und vertikal weiter denken und weiter entwickeln. Damit das gelingen kann, ist es wesentlich, dass wir jetzt mit Twin4Trucks die Forschung, die bei der SmartFactory-KL ohnehin schon anwendungsorientiert ausfällt, sowie die reale Fertigungsumgebung so eng verzahnen, wie das bisher noch nicht geschehen ist. Wir haben ein gemeinsames Produktinteresse.

Ruskowski: Wir sind mit Daimler Truck und vielen weiteren Firmen über das Cluster CVC in Kontakt, in dem auch das LKW-Werk Wörth mitwirkt. Jetzt werden wir im Rahmen von Twin4Trucks noch mehr Synergien zwischen uns und dem Werk für die Produktion von LKWs heben können. Die Erkenntnisse werden zurückfließen in unsere wissenschaftliche Arbeit, um dann wieder neue Impulse für die Praxis geben zu können. Wie gesagt, wir sehen das als Auftakt zu einer langfristigen Zusammenarbeit auf einer ganz neuen Ebene!


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