PL4 für die Fertigung

»Wir bringen die Produktion der Zukunft auf die Straße!«

6. Februar 2023, 14:00 Uhr | Heinz Arnold
SmartFactory-KL / Daimler Truck
© SmartFactory-KL / Daimler Truck

Mit »Twin4Trucks« wollen die Daimler Truck AG, die SmartFactory-KL, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und weitere Partner Production-Level 4 (PL4) in die LKW-Produktion bringen.

Dr. Ekkehard Brümmer, Senior Manager Advanced Technology bei der Daimler Truck AG, und Prof. Martin Ruskowski, Vorstandsvorsitzender der SmartFactory Kaiserslautern, erklären, was genau geplant ist.

Markt&Technik: Seit September läuft das Projekt »Twin4Trucks«, in dessen Rahmen die Vision Production-Level 4 der SmartFactory-KL in die Fertigungsumgebung des LKW-Werks von Daimler Truck in Wörth gebracht werden soll. Weitere Projektpartner sind Atos, DFKI, Infosys und Pfalzkom. Eine ganz neue Größenordnung für die SmartFactory-KL?

Prof. Martin Ruskowski: Ja, das ist tatsächlich eine neue Größenordnung für uns, damit können wir unsere Entwicklungen, die auf wissenschaftlicher Ebene durchgeführt werden, in die reale Fertigung bringen. Wir selber haben bereits am Beispiel einer Modellfertigung von LKWs demonstriert, wie die Produktion von morgen aussehen könnte. Bei uns in Kaiserslautern werden die Bestandteile eines Modell-LKWs aus Noppensteinen auf separaten, auch räumlich getrennten Produktionsinseln hergestellt und auf einer weiteren Endmontage-Insel zusammengeführt.

Damit zeigen wir die Grundgedanken hinter der »Shared Production«. Jetzt können wir Teile davon erstmals im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße bringen. Das ist für uns ein vielversprechender Start und der Auftakt zu einer langfristigen Zusammenarbeit, die sicherstellt, dass wir nicht an der Realität vorbei entwickeln. Wir können jetzt in der Praxis zeigen, wie die ersten Schritte aussehen werden, um das große Ziel – Production-Level 4 und digitale Zwillinge – umzusetzen.

Herr Dr. Brümmer, hat Sie das Konzept der SmartFactory-KL so begeistert, dass Sie es jetzt gleich in einem der größten Werke für die Fertigung kommerzieller LKWs einführen wollen?

Dr. Ekkehard Brümmer: Production-Level 4 und Shared Production, das ist die Vision. Aber am Anfang steht dabei erst einmal im Vordergrund, die Voraussetzungen in der Fertigung hierfür zu schaffen. Das heißt, wir planen zunächst, erste Anwendungsfälle umzusetzen und die Hardware und die Software so auszulegen, dass sich über die Verarbeitung der vielen neuen Daten greifbarere Vorteile ergeben. Die Summe all der Hardware- und Software-Elemente soll am Schluss dazu führen, aus all den Daten Mehrwert zu gewinnen. Im Mittelpunkt stehen dabei die digitalen Zwillinge und Softwaredienstleistungen. Darauf bauen Systeme wie die Ortung von Betriebsmitteln und Flurförderzeugen, die smarte Unterstützung von Mitarbeitenden sowie die Sicherstellung der Produktionsqualität auf.

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Prof. Martin Ruskowski, SmartFactory-KL: »Wir können jetzt in der Praxis zeigen, wie die ersten Schritte aussehen werden, um das große Ziel – Production-Level 4 und digitale Zwillinge – umzusetzen. Wir sehen das als Auftakt zu einer langfristigen Zusammenarbeit auf einer ganz neuen Ebene!«
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Wie sehen die ersten Schritte in der Fertigung von Daimler Truck im Werk Wörth konkret aus?

Brümmer: Erstens wollen wir Informationen sowohl über die Werkstücke als auch die erforderlichen Werkzeuge über eine Ortungslogik im Raum erfassen. Dabei kann es sich beispielsweise um einen Schrauber und einen Rahmen handeln, der verschraubt werden soll. Das System erkennt dann, welcher Schrauber sich an welcher Stelle des Produkts befindet. Das macht den Prozess nicht nur robuster und effizienter, es entstehen neue Daten, die sich wiederum nutzen lassen, um digitale Zwillinge zu erstellen. Entsprechendes gilt für die Lokalisierung des Materialflusses. Auch hier werden die Prozesse robuster und effizienter. Und auch hier entstehen wertvolle Informationen für den digitalen Zwilling.

Die Lokalisierung geschieht drahtlos?

Brümmer: Ja, aber auf welcher Technik sie basieren wird, ist noch Gegenstand unserer Untersuchungen. Es könnte über UWB oder auch über 5G funktionieren; wir werden sehen, was geeigneter ist.

Ruskowski: Da kommen weitere Forschungsbereiche des DFKI ins Spiel, die sich beispielsweise mit Forschung an 5G und sogar schon 6G beschäftigen und ebenfalls am Projekt »Twin4Trucks« beteiligt sind. Die Fragen lauten immer: Was funktioniert bereits und wie weit kommen wir damit? Aus den Anforderungen der realen Produktionsumgebungen können wir aber auch künftige Anforderungen zum Beispiel an 5G und 6G ableiten und in unsere Forschungen einfließen lassen. Aktuell sind in unsere Demonstratorlandschaft bereits 5G-Use-Cases implementiert, zum Beispiel rund um das Thema Safety. Zukünftig verbinden wir 5G mit KI-Methoden wie beispielsweise Knowledge-Graphen.

Wie groß ist denn der Anteil der Fertigung in Wörth, der mit den neuen Systemen ausgestattet werden soll?

Brümmer: Twin4Trucks wird in die Hauptlinie integriert und umfasst ganze Montagestationen. In welcher Größe das Projekt endgültig umgesetzt wird, muss sich noch zeigen. Es ist für uns ein wichtiges Projekt, aber wir sind natürlich noch absolut am Anfang und können vieles noch nicht absehen.

Ist die erforderliche Infrastruktur im Werk in Wörth für die ersten Schritte vorhanden?

Brümmer: Sie wird im Zuge des Projekts aufgebaut. Wie genau sie aussehen muss – sowohl auf Hardware- wie auf Software-Ebene – wird sich im Laufe des Twin4Trucks-Projekts zeigen. Langfristig gesehen muss die Infrastruktur deutlich ausgebaut werden. Welche Konzepte dafür erforderlich sind und welche Ansätze vielversprechend, das wird im Laufe des Projekts stufenweise entschieden.


  1. »Wir bringen die Produktion der Zukunft auf die Straße!«
  2. " Die Produktion auf den Menschen zu fokussieren ist das Ziel von Production-Level 4"

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