Mittels Vision-Apps lassen sich die neuen IDS-NXT-Industriekameras von IDS Imaging Development Systems auf beliebige Bildverarbeitungs-Aufgaben vorbereiten. Erhältlich ist auch eine KI-Vision-App, die die Kameras in KI-Beschleuniger verwandelt. Heiko Seitz, Technischer Redakteur bei IDS, informiert.
Markt&Technik: Was erwartet Anwender mit Ihren neuen IDS-NXT-Industriekameras?
Heiko Seitz: Unsere IDS-NXT-Plattform bildet die Grundlage für eine neue Generation flexibler Industriekameras. Den Anfang hat die Serie „IDS NXT vegas“ gemacht, und im Laufe des zweiten Quartals 2019 folgen die Baureihen „IDS NXT rio“ und „IDS NXT rome“. Mit frei programmierbarer Hardware im Gehäuse von Standard-Industriekameras sowie dem Vision-App-Konzept sind IDS NXT rio und rome mehr als reine Bildlieferanten und bilden eine neue Evolutionsstufe digitaler Industriekameras. Unterstützt durch Deep-Learning-Algorithmen führen sie Aufgaben autonom aus oder unterstützen PC-Anwendungen oder Maschinensteuerungen mit vorverarbeiteten Daten. Trotz alledem sind sie vollwertige Standard-Industriekameras.
Dank des Vision-App-basierten Konzepts sind die Kameras so wandlungsfähig wie Smartphones. Anwender bestimmen selbst, welche Bildverarbeitungsaufgabe ausgeführt werden soll – Codes, Schriftzeichen oder Nummernschilder lesen, Gesichter, Anomalien oder Kratzer in Oberflächen erkennen ebenso wie Objekte finden, vermessen, zählen oder identifizieren. Wiederkehrende Bildverarbeitungs-Aufgaben lassen sich damit schnell einrichten und wechseln. Aber auch maßgeschneiderte Lösungen sind leicht realisierbar. Per App-Entwicklungskit können Anwender individuelle Vision-Apps in wenigen Schritten selbst erstellen und in IDS-NXT-Kameras laden und ausführen.
Hardware-seitig wird die Kameraplattform von einem während des Betriebs programmierbaren FPGA-Baustein unterstützt, wodurch der komplette Datenpfad flexibel nutzbar wird. Eine von IDS entwickelte KI-Vision-App verwandelt den parallel arbeitenden FPGA-Baustein von IDS NXT rio und rome in einen KI-Prozessor, der viele schon bekannte Architekturen künstlicher neuronaler Netze Hardware-beschleunigt ausführen kann.
Wo liegt der Unterschied Ihres Vision-App-basierten IDS-NXT-Konzepts zu anderen programmierbaren Kameras, und wer kann eigene Funktionen dafür erstellen?
IDS NXT rio und rome sind vielseitige Embedded-Vision-Geräte. Als Teil der IDS-NXT-Produktfamilie profitieren sie von der frei programmierbaren IDS-NXT-Plattform. Obwohl IDS NXT rio und rome individuelle Bildverarbeitungs-Funktionen in Form von Vision-Apps während des Betriebs laden und ausführen können, bieten sie den Funktionsumfang und die Datenübertragungsleistung von Standard-Industriekameras mit GenICam-Schnittstelle. Wir kombinieren also mit der neuen Kamerafamilie zwei Geräte in einem.
Das IDS-NXT-Konzept ist für unterschiedliche Anwendergruppen geeignet. Jeder Nutzer möchte mit den Tools arbeiten bzw. programmieren, die er kennt. Für einen Entwickler mit C++-Kenntnissen folgt die Programmierung eigener Kamerafunktionen vollständig den Prinzipien GenICam-konformer Geräte. Sie werden dadurch wie normale Kameraanwendungen am PC mit C++, einer IDS-NXT-Kamera und vollständigem Zugriff auf alle Hardware-Komponenten entwickelt. Das Vision-App-Entwicklungskit ermöglicht per Knopfdruck die Konvertierung in eine Vision-App für die Ausführung on-camera. Durch „Smart GenICam“ können Konfiguration, Steuerung und Ergebnisse solcher Vision-Apps über die XML-Beschreibungsdatei der Kamera in jeder GenICam-konformen Drittanwendung wie Halcon zur Verfügung stehen. Anwender müssen deshalb wegen dringend benötigter Kamera-Features nicht lange auf ein Firmware-Update des Herstellers warten oder sich gar nach einem anderen Modell umschauen. Individuelle Vision-App-Funktionen werden durch „IDS NXT Smart GenICam“ wie jede herstellerseitige Funktion ohne zusätzliche Treiber-Software aus jeder GenICam-Anwendung von der Kamera abgefragt und angesprochen.
Für Bildverarbeiter bietet sich ein vereinfachter, zeitsparender Weg der Funktionserweiterung an. Mittels der „Dynamic Vision App“ für Halcon lässt sich eine Bildverarbeitungsbibliothek direkt in der Kamera laden und ausführen. Dies ermöglicht schnelles Rapid Prototyping von Embedded-Bildverarbeitungsaufgaben. Ohne eine Zeile C++-Code zu schreiben, testen Bildverarbeiter mit dieser generischen Vision-App die Performance und Qualität ihrer Algorithmen auf der IDS-NXT-Plattform.
Damit unterscheiden sich die IDS-NXT-Produktfamilien beispielsweise von klassischen Smart Cameras. Meist verfügen diese über PC-ähnliche Betriebssysteme und werden damit gänzlich anders programmiert und angesprochen wie eine klassische Industriekamera. Wir möchten mit IDS NXT die Arbeitsweisen jeder Anwendergruppe unterstützen und nicht verändern.