Solar Power Optimizer

Mit der richtigen Elektronik mehr aus der Solaranlage rausholen

27. September 2024, 11:53 Uhr | Yang Wu, Abhijeet Godbole und Dilip Jain, Texas Instruments; Redaktion: Kathrin Veigel
Power Optimizer maximieren die Ertragsleistung von PV-Anlagen und lösen einfach zum Beispiel das Verschattungsproblem.
© Enpal

In Photovoltaik-Anwendungen dient modulweise installierte Leistungselektronik dazu, die Energieausbeute insbesondere bei Verschattung zu verbessern. Ebenfalls in diese Richtung wirken Power Optimizer: Sie optimieren die Energieausbeute des jeweiligen PV-Panels und steigern den Wirkungsgrad.

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Konventionelle Power Optimizer nutzen für die Bypass-Schaltung eine PN- oder Schottky-Diode. Sobald diese Dioden aber von hohen Strömen durchflossen werden, kann die auf die relativ hohe Vorwärtsspannung der Diode zurückzuführende große Verlustleistung zu ernsten thermischen Problemen führen. Eine Verbesserung ist hier möglich, wenn anstelle der Diode ein MOSFET zum Einsatz kommt, dessen Spannungsabfall geringer ist als der einer Diode, sodass weniger Verluste entstehen.

Auf dieser Technik basierende Power Optimizer unterstützen zudem höhere Eingangsspannungen von kurzzeitig bis zu 150 V (wenn zwei Panels in Reihe geschaltet werden), da der Wirkungsgrad dank der niedrigeren Leitungsverluste höher ist. Weiterer Vorteil: Die Systemkosten sind geringer.

Was Power Optimizer in PV-Anwendungen leisten

Ein Power Optimizer ist so etwas wie ein Kompromiss zwischen Mikro- und String-Wechselrichter, denn er wird wie ein Mikrowechselrichter an einem einzelnen PV-Panel installiert (Bild 1). Seine Funktion besteht jedoch nicht darin, die Gleichspannung des Panels in eine Wechselspannung umzuwandeln, sondern er trackt in Echtzeit die maximale Leistung jedes Panels und regelt die Ausgangsspannung vor der Weitergabe an den Wechselrichter, der demzufolge deutlich mehr elektrische Energie abgeben kann.

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Bild 1. Schema einer PV-Anlage, deren Panels mit jeweils einem Power Optimizer bestückt sind.
Bild 1. Schema einer PV-Anlage, deren Panels mit jeweils einem Power Optimizer bestückt sind.
© Texas Instruments

Unter dem Strich wird hierdurch die Energieausbeute jedes einzelnen Panels optimiert – unabhängig vom Einstrahlungswinkel der Sonne, auch bei Verschattung und sogar dann, wenn eines oder mehrere Panels beschädigt sind. PV-Anlagen, deren Panels mit eigenen Power Optimizern ausgestattet sind, können um 20 bis 30 Prozent effizienter sein als solche ohne diese Ausstattung.

Bei PV-Wechselrichtern hoher Leistung sorgt die Reihenschaltung mehrerer PV-Panels dafür, dass eine hohe Gleichspannung am Wechselrichtereingang liegt. Wie aus Bild 2 hervorgeht, bewirkt das Bestücken der Panels mit jeweils eigenen Power Optimizern ein Maximum an Effizienz.

Bild 2. Wirkungsweise der Bypassfunktion eines Power Optimizers
Bild 2. Wirkungsweise der Bypassfunktion eines Power Optimizers
© Texas Instruments

Die PV-Strings sind hier verbunden über die Ausgänge der Optimizer. Bei einem Ausfall eines der Panels kann infolge der Reihenschaltung die Stringspannung zusammenbrechen. Ist der Ausgang des betreffenden Panels jedoch mit einer Bypass Schaltung versehen, kann der Stringstrom die defekte Einheit umgehen. Wie das funktioniert, zeigt Bild 2.

Schaltungslösungen für die ausgangsseitige Bypassfunktion

Für die Bypass-Schaltung bieten sich zwei Lösungen an. Üblich ist die Verwendung einer konventionellen PN- oder Schottky-Diode (Bild 3). Diese Variante ist kostengünstig, einfach anzuwenden und verkraftet abhängig von der gewählten Diode eine sehr hohe Sperrspannung. Zu den Nachteilen dieser Lösung gehört der hohe Spannungsabfall von 0,5 V bis 1 V, der eine höhere Verlustleistung zur Folge hat und größere Leiterplatten erforderlich macht. Vermeiden lassen sich die Nachteile der Bypass-Diode durch Verwendung eines N-Kanal-MOSFET, bei dem wegen des niedrigen RDS(on)-Werts der Spannungsabfall wesentlich geringer ist, was für entsprechend niedrigere Verluste sorgt.

Bild 3. Typische Bypass-Lösungen in Power Optimizern
Bild 3. Typische Bypass-Lösungen in Power Optimizern
© Texas Instruments

Dennoch gibt es bestimmte negative Eigenschaften:

  • Um als Schalter arbeiten zu können, benötigt ein MOSFET eine Ansteuerschaltung (meist ein Mikrocontroller in Verbindung mit einer diskreten MOSFET-Treiberschaltung).
  • Der Mikrocontroller muss vom PV-Panel mit Strom versorgt werden. Ist das Panel also schwer beschädigt oder vollständig verschattet, bleibt der Mikrocontroller außer Funktion, und der MOSFET kann nicht einschalten.
  • Auch bei einem Ausfall des Mikrocontrollers kann der MOSFET nicht einschalten, sodass der Bypass-Stromweg über die Body-Diode des MOSFET führt. Diese verkraftet jedoch keine hohen Ströme, was zu einer starken Erwärmung führt und ein Brandrisiko bergen kann.

Eine gute Möglichkeit, die Nachteile einer MCU-basierten Ein/Aus-Ansteuerung zu vermeiden, besteht im Einsatz eines eigenständigen MOSFET-Controllers, der autonom und ohne äußere Einwirkung funktioniert. Die Floating-Gate Ideal Diode Controller der Reihe LM74610-Q1 von Texas Instruments stellen eine eigenständige, verlustarme Bypassschalter-Lösung dar, die einen externen N-Kanal-MOSFET so ansteuert, dass er das Verhalten einer idealen Seriendiode emuliert. Die Floating-Gate-Treiberarchitektur dieser Controller kommt zudem mit einer Eingangsspannung aus, die der rund 0,5 V betragenden Vorwärtsspannung an der Body-Diode des MOSFET entspricht.

Berücksichtigt werden muss jedoch der Trend zu immer leistungsstärkeren PV-Wechselrichtern und zu PV-Panels mit immer höheren Spannungen. Die vorgeschlagene Bypass-Schaltung muss aus diesem Grund bestimmte Voraussetzungen mitbringen, um herkömmlichen Lösungen überlegen zu sein. Zum Beispiel muss sie mit Panelspannungen zwischen 20 V und 150 V zurechtkommen, damit sie über mehrere Plattformen hinweg skalierbar ist. Außerdem sollte sie von anderen Schaltungen unabhängig sein.

Skalierbare Bypasslösung auf Basis eines Ideal Diode Controllers

Die Bypasslösung verwendet einen Ideal Diode Controller mit Floating-Gate-Treiberarchitektur (z. B. den LM74610-Q1) zum Ansteuern eines externen MOSFET und zum Emulieren einer idealen Diode als Bypass-Schaltung, sodass keine Abhängigkeit von externen Schaltungen besteht. Die Floating-Gate-Architektur ermöglicht einen universellen Eingangsspannungsbereich, denn das Gate-Ansteuersignal ist nicht massebezogen. Ein besonderer Vorteil dieses Konzepts besteht ferner darin, dass wegen des fehlenden Massebezugs kein Ruhestrom aufgenommen wird.

Solange eine PV-Anlage mit all ihren Panels einwandfrei funktioniert, ist der Bypass-MOSFET abgeschaltet, und an den Anoden- und Katoden-Pins des Ideal Diode Controllers liegt die Sperrspannung, die der maximalen Panelspannung entspricht. Diese Sperrspannung kann allerdings infolge kurzzeitiger Spannungsspitzen aus den Panels und dem gesamten String sehr große Werte annehmen.

Wenn die PV-Panels in Reihe geschaltet sind und der Eingangsspannungsbereich sehr groß ist, kann sich die Festlegung des maximalen Eingangsspannungsbereichs der Bypass-Schaltung deshalb sehr anspruchsvoll gestalten. Im Fall des LM74610-Q1 ist die maximale Sperrspannung auf kurzzeitig 45 V begrenzt. Die derzeit verfügbaren Ideal Diode Controller eignen sich daher nicht für PV-Panels mit Nennspannungen von 80 V oder 125 V.

Bild 4. Skalierbare Bypassschalter-Lösung
Bild 4. Skalierbare Bypassschalter-Lösung
© Texas Instruments

Abhilfe schafft das Hinzufügen eines Verarmungs-MOSFET (QD) im Erfassungs-Pfad, um den Sperrspannungsbereich des Ideal Diode Controllers zu vergrößern (Bild 4). Der Drain-Anschluss von QD wird dabei mit dem Ausgang PV+ verbunden, der Source-Pin dagegen mit der Kathode und das Gate mit der Anode des Ideal Diode Controllers.

Funktionsprinzip der Sperrspannungs-Anhebung für den LM74610-Q1

Verarmungs-MOSFETs sind ohne angelegte Gatespannung eingeschaltet, während die Gatespannung zum Einschalten von Anreicherungs-MOSFETs größer als die jeweilige Schwellenspannung sein muss. Zum Abschalten des Verarmungs-MOSFET muss VGS kleiner als 0 V sein (typisch zwischen -1 V und -4 V). Wie wirkt sich nun das Hinzufügen des Verarmungs-MOSFET aus? Dazu sind verschiedene Bedingungen zu betrachten:

Bei VPV- > VPV+: Der Ideal Diode Controller befindet sich im leitenden Modus; sowohl der Leistungs-MOSFET Q1 als auch der Verarmungs-MOSFET QD sind eingeschaltet. Die Ausgangsspannung beträgt in diesem Fall VOUT = VIN – (ID_Q1 ∙ RDS(on)_Q1), also näherungsweise VPV+.

Bei VPV- < VPV+: Der Ideal Diode Controller befindet sich im gesperrten Modus; der MOSFET Q1 ist abgeschaltet. QD dagegen arbeitet als Sourcefolger (in Drainschaltung) und hält VCATHODE über VANODE. VCATHODE = VIN(VANODE)+ (VGSMAX). Die Spannung zwischen Anode und Kathode liegt damit innerhalb des maximalen VGS-Bereichs von QD (in der Regel <5 V) und ist damit deutlich geringer als die höchstzulässige Sperrspannung des LM74610-Q1. Die hohe Sperrspannung wird damit durch die Drain-Source-Spannung (VDS) von QD und Q1 abgefangen.

Für die Wahl des Verarmungs-MOSFET und des Leistungs-MOSFET sind folgende Kriterien relevant:

  • Die VDS-Werte von QD und Q1 müssen größer als die maximale Eingangsspannung sein.
  • Der RDS(on)-Wert ist so zu wählen, dass im Leistungs-MOSFET möglichst wenig Verlustleistung abfällt. Der Drainstrom (ID) des MOSFET sollte größer sein als die maximale Stromaufnahme der Last am Ausgang. Ein guter Ausgangspunkt ist es, den Verarmungs-MOSFET so zu wählen, dass am Leistungs-MOSFET bei vollem Laststrom ein Spannungsabfall von 50 mV bis 100 mV entsteht.
  • RDS(on) kann einige hundert Ohm betragen (die Floating-Gate-Treiberarchitektur des LM74610-Q1 weist zwischen Kathode und Masse eine hohe Impedanz auf, und der Kathodenstrom des Controllers liegt im Mikroamperebereich).
Bild 5. Testergebnisse für eine 60-V-Bypassschaltung mit dem LM74610-Q1 und einem Verarmungs-MOSFET
Bild 5. Testergebnisse für eine 60-V-Bypassschaltung mit dem LM74610-Q1 und einem Verarmungs-MOSFET
© Texas Instruments

In Bild 5 sind die Versuchsergebnisse für einen 60-V-Bypassschalter unter Verwendung des 40-V-Controllers LM74610-Q1 zu sehen. Bei Verwendung korrekt abgestimmter MOSFETs (Q1 und QD) kann der Eingangsspannungsbereich bis zum VDS-Wert des MOSFETs reichen, sodass mit ein und demselben Niedervolt-Controller auch Designs für hohe Spannungen realisiert werden können.

Auch für Enterprise- und Kommunikations-Anwendungen, Elektrowerkzeuge und Batteriemanagement-Applikationen bietet sich die hier beschriebene Technik an.

 

Die Autoren

Yang Wu
ist Analog Field Applications Engineer, China East Sales bei Texas Instruments.

Abhijeet Godbole
ist Systems Engineer, Analog Power Products bei Texas Instruments.

Dilip Jain
ist Systems Manager Analog Power Products bei Texas Instruments.


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