Die Basis-Anforderungen eines isolierten Gate-Treibers können ebenfalls Bild 2 entnommen werden. Diese beinhalten Funktions- oder Safety-Isolation des Logikpegel-Schaltsignals sowie einen Ausgangstreiber, der die IGBT-Gate-Spannung über die Ein- und Ausschalt-Schwellen treiben kann, um den IGBT zu den erforderlichen Zeitpunkten zu schalten. Dies minimiert Durchlass- und Schaltverluste sowie die Erzeugung von EMI.
In 3-Phasen-Wechselrichtern werden die IGBTs gegenphasig gesteuert, so dass High- und Low-Side-IGBTs niemals, auch nicht zu einem kurzen Zeitpunkt, gleichzeitig eingeschaltet sind. Dies macht eine kleine Totzeit zwischen den High- und Low-Side-Schaltsignalen erforderlich. Die Minimierung dieser Totzeit ist bezüglich System-Leistungsfähigkeit und IGBT-Schutz von entscheidender Bedeutung [3].
Beim Einschalten von IGBTs muss der IGBT in die Sättigung getrieben werden, wo die Schaltverluste minimiert werden. Dies erfordert i.d.R. Einschaltspannungen von über 12 V. Beim Ausschalten von IGBTs muss der IGBT in den Cut-Off-Bereich getrieben werden, damit er, sobald der High-Side-IGBT einschaltet, die hohe Rückwärtsspannung über ihm erfolgreich blockieren kann.
Im Prinzip lässt sich dies erreichen, indem man die Gate-Emitter-Spannung des IGBT auf 0 V senkt. Allerdings ist ein Nebenaspekt zu berücksichtigen, wenn der High-Side-Transistor einschaltet. Der schnelle Übergang der Spannung am Schaltknoten bewirkt, dass ein durch eine Transiente verursachter Strom in die parasitäre Miller-Kapazität Cgd des Low-Side-IGBT fließt. Dieser Strom fließt durch die Abschalt-Impedanz des Low-Side Gate-Treibers Zdriver und bewirkt, wie in Bild 3 dargestellt, ein „Bouncing“ der transienten Spannung an den Gate-Emitter-Anschlüssen des Low-Side-IGBTs. Falls diese Spannung über die IGBT-Schwellenspannung Uth ansteigt, kann sie ein kurzes Einschalten des Low-Side-IGBT verursachen. Daraus ergibt sich ein Transienten-Überschwingen (Shoot-Through) des Wechselrichter-Zweiges, was die Verlustleistung erhöht und die Zuverlässigkeit beeinträchtigt.
Im Allgemeinen gibt es zwei Konzepte, um das induzierte Einschalten von Wechselrichter-IGBTs zu adressieren: der Einsatz bipolarer Versorgungen und/oder eine zusätzliche Miller-Klemme. Eine bipolare Versorgung auf der isolierten Seite des Gate-Treibers bietet zusätzliche Reserven für die induzierte Spannungstransiente. Zum Beispiel bedeutet eine negative Versorgungsspannung von –7,5 V, dass im Normalfall eine induzierte Spannungstransiente von >8,5 V erforderlich ist, um ein „falsches“ Einschalten zu induzieren. Dies ist i.d.R. ausreichend, um ein falsches Einschalten zu verhindern.
Eine komplementäre Vorgehensweise ist die Reduzierung der Abschalt-Impedanz der Gate-Treiber-Schaltung für eine bestimmte Zeit, nachdem der Abschalt-Übergang abgeschlossen ist. Zu diesem Zweck nutzt man den Miller-Effekt: Der kapazitive Strom fließt jetzt in einen Schaltkreis mit niedrigerer Impedanz und reduziert somit die Höhe der Spannungstransiente. Zusätzliche Flexibilität bei der Steuerung von Schaltraten kann mit Hilfe eines asymmetrischen Gate-Widerstands zum Ein- und Ausschalten erzielt werden. Alle diese Gate-Treiber-Funktionen wirken sich positiv auf die gesamte Systemzuverlässigkeit und den Wirkungsgrad aus.
Überstromschutz in Motorantrieben wird i.d.R. auf mehreren Ebenen implementiert. Eine Differenzierung zwischen anhaltenden und transienten Überströmen kann in das Konzept zum Schutz des Antriebs einbezogen werden. Diese Überstrom-Ereignisse haben unterschiedliche Grenzwerte (Trip Level) und Zeitkonstanten. Diese Art von Überstromschutz wird i.d.R. basierend auf einer Strommessung implementiert. Für schnelle und gefährliche Ereignisse, z.B. Kurzschlüsse an den Wechselrichterausgängen, kann ein reaktionsschneller, im Gate-Treiber integrierter Schutzmechanismus vorteilhaft sein.
Entsättigungsschutz wird durch Monitoring der Kollektor/Emitter-Spannung im Einschaltzustand des IGBT realisiert. Während sich der IGBT in der Sättigung befindet, ist die Durchlassspannung eine Funktion des Strompegels im IGBT. Diese Schutzfunktion kann so entwickelt werden, dass ein Fehler ausgelöst und der IGBT ausgeschaltet wird, sobald die Durchlassspannung über einen vertretbaren Wert steigt. Es gibt eine kurze „Blanking“-Zeit, während der die Schutzschaltung die Durchlassspannung des IGBT nicht überwacht. Damit wird ein „falsches“ Triggern beim Einschalten aufgrund des Kollektor/Emitter-Spannungsübergangs und/oder transientem Überstrom beim Einschalten verhindert.
Der isolierte Gate-Treiber ADuM4135 von Analog Devices beinhaltet die Möglichkeit für bipolare Versorgung, eine Miller-Klemme sowie asymmetrische Ein- und Ausschalt-Ausgänge. Darüber hinaus liegen die Laufzeitverzögerungen und der Versatz der Laufzeitverzögerungen bei typischen Werten von 50 ns bzw. 15 ns.
Wie sich eine verkürzte Totzeit auf das System auswirkt, zeigt Bild 4. Dargestellt ist eine Wechselrichter-Ausgangsspannung bei niedriger Motordrehzahl für zwei verschiedene Totzeiten. Die erhöhte Anforderung an die Totzeit in Verbindung mit Optokoppler-Technologie resultiert in einer erhöhten Motorspannung und Stromverzerrung. Dies reduziert die Leistungsfähigkeit aufgrund einer erhöhten Drehmomentwelligkeit und Vibration sowie einer reduzierten Effizienz infolge erhöhter harmonischer Verluste.
Diese störenden Verzerrungen zeigen sich speziell in Wechselrichter-Anwendungen mit relativ leistungsschwachen Steuerschleifen. Jedoch kann eine Totzeit-bezogene Störung auch in leistungsstarken Antrieben mit hohen Strömen und Drehzahlregelung die Leistungsfähigkeit bei niedrigen Drehzahlen begrenzen.