An eine Produktionsverlagerung der 50/60-Hz-Transformatoren, das macht auch Harada klar, ist nicht gedacht. Er betont auch, dass das Sourcing der benötigten Komponenten weiterhin dort erfolgen soll, wo die Produkte auch hergestellt werden. »Zukünftig werden wir die etablierten Vertriebswege von Marschner weiter ausbauen, um Tabuchi-Produkte auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Das mittel- und langfristige Ziel ist es, Marschner Tabuchi Electric als leistungsfähigen und zuverlässigen Partner der europäischen Anwender hier vor Ort zu etablieren.«
Wie langfristig die Strategie der Japaner angelegt ist, zeigt sich auch daran, dass das Zusammenwachsen der beiden Unternehmen schrittweise erfolgen soll und Tabuchi Electric beispielsweise nicht sein gesamtes Produktspektrum ab 2016 über die Marschner-Vertriebswege auf den europäischen Markt bringen wird. Den Anfang machen, darüber sind sich Springsindschmitten und Harada einig, die Transformatoren, wobei Harada auch durchaus Transformatoren im Auge hat, die Marschner so noch nicht angeboten hat.
Trafos und Drosseln für Automotive
Konkret geht es dabei um Trafos und Drosseln für den Automotive-Bereich, beispielsweise für Anwendungen in der Elektromobilität, oder ähnliche Applikationen. In Japan ist Tabuch Electric hier bereits in enger Zusammenarbeit mit Partner aus der Automobilindustrie aktiv. »Ein Trafo für eine solche Anwendung kann sich im Wert von 60 bis 100 Dollar bewegen«, erläutert Harada, »wenn wir über einen Trafo für ein Plug-In-Hybrid-Fahrzeug sprechen, dann reduziert sich der Wert des Trafos etwa auf ein Drittel«.
Das Wissen um die Feinheiten der Transformator-Technik und speziell der HF-Trafos hat Tabuchi Electric ein breites Anwendungsspektrum beschert, das von kundenspezifischen Lösungen für Plasma-Sputtering-Anlagen bis zu Trafos für CT-Scanner reicht.
Dass Tabuchi Electric nun unter eigenem Namen in die globale Expansion investiert, hat mit der Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu tun. Ausgehend von seiner Gründung als Unternehmen, das sich 1925 auf das Pressen von Siliziumstahl-Profilen konzentrierte, und 1940 mit der Fertigung von Transformatoren und 1976 mit der Entwicklung von Schaltnetzteilen begann, profilierte sich das Unternehmen ab den 1970er-Jahren als Technologiepartner und Problemlöser für international tätige japanische Elektronikkonzerne.
Den Anfang machten Schaltnetzteile für Videorekorder und Fernsehgeräte für Sharp. Von 2000 bis 2010 etwa kamen Netzteile für die LCD-TVs von Sharp aus dem Hause Tabuchi Electric. Über die Zusammenarbeit mit Sharp ergab sich auch der Einstieg in den Solarinverter-Markt. Seit 1995 ist Tabuchi Electric in diesem Bereich tätig und hat es inzwischen zum drittgrößten japanischen Solarinverter-Hersteller gebracht. Seit 2011 ist Tabuchi Electric auch mit der Eigenmarke EneTelus am Markt aktiv. Allein 2014 wurden in Asien und den USA Solaranlagen mit Invertern von Tabuchi Electric mit einer Gesamtleistung von 1,52 GW installiert. Zum Jahresende 2014 überschritt Zahl der gefertigten Solarinverter die 1-Million-Grenze.
Tabuchi Electric konzentriert sich im Solarinverter-Bereich auf Geräte für das Residential-, Industrial- und Commercial-Segment, »nicht aktiv sind wir im Bereich der großen Zentralwechselrichter«, erläutert Harada. Reagiert haben die Japaner aber bereits auf den Trend zur Zwischenspeicherung von PV-Strom. So haben sie nicht nur ein Batterie-Speichersystem für die Solarinverter eines OEM-Kunden entwickelt, sondern auch ein eigenes Hybrid-Solar-Invertersystem mit integrierter Lithium-Ionen-Batterie zur PV-Strom-Zwischenspeicherung auf den Markt gebracht. Die Entscheidung, 2013 in den USA aktiv zu werden, war vom dortigen Photovoltaik-Boom getrieben.
In Europa liegt der Fokus gegenwärtig auf anderen Dingen. Nach den Transformatoren soll bereits 2016 auch das Geschäft mit kundenspezifischen Stromversorgungen in Deutschland und Europa Fahrt aufnehmen. »Mit den Hochfrequenztransformatoren verfügen wir heute schon über sehr wichtiges Know-how in der Stromversorgungstechnik«, meint Springindschmitten, »und mit unserer langjährigen Erfahrung in der Entwicklung von Schaltnetzteilen haben wir in der Vergangenheit schon viele Projekte im Stromversorgungsbereich umgesetzt«. Mit dem Entwicklungs-Know-how von Tabuchi Electric und den allein rund 200 in diesem Bereich tätigen Produktspezialisten sowie den vorhandenen modernen Fertigungskapazitäten werden sich die Möglichkeiten nun noch potenzieren. »Bereits kurz nach der Bekanntgabe der Übernahme durch Tabuchi Electric sind erste Anfragen bei uns eingegangen«, berichtet Springindschmitten. »Konkret arbeiten wir derzeit an der Machbarkeitsanalyse für zwei Projekte großer Unternehmen.«