Hier setzen die Wissenschaftler mit ihrer neuen Lichtregelung an. »Die neue Regelung beruht auf einem True-Color-Sensor«, erklärt Dr. Thorsten Hehn. »Dieser ist in der Leuchte integriert und misst sowohl die Farbtemperatur als auch die am Arbeitsplatz vorhandene Beleuchtungsstärke. Anhand dieser Informationen kann der Regel-Algorithmus der Leuchte das ausgesandte LED-Licht anpassen, um in Addition mit dem Umgebungslicht exakt das gewünschte tätigkeitsgerechte Beleuchtungsprofil zu treffen.«
Um dies über einen weiten Bereich zu ermöglichen, greifen die Wissenschaftler auf eine 4-Kanal-LED-Technologie zurück. Das bedeutet, dass sich in der Leuchte jeweils vier weiße LED-Kanäle mit unterschiedlichen Farbtemperaturen befinden. »Wir haben hier 2200 K, 2700 K, 4000 K und 6500 K gewählt«, so Hehn. »Durch individuelle Aussteuerung der LED-Kanäle lässt sich sowohl die Farbtemperatur als auch die Beleuchtungsstärke über einen sehr weiten Bereich nachführen.« Nur mit 2200 K und 6500 K wäre dies nicht möglich gewesen, wie Kunzer ergänzt: »Es geht hier um eine möglichst hohe Farbqualität. Die Farbtemperatur des weißen Lichts ergibt sich aus der Überlagerung der sichtbaren Wellenlängen des Lichts. Dabei hat bei einer gewünschten Farbtemperatur jede Wellenlänge eine bestimmte Intensität. Bei warmem Licht sind beispielsweise die roten Wellenlängen dominanter.
Die optimale Zusammensetzung der Wellenlängen wird bei der Sonne durch die sogenannte Schwarzkörperverteilung vorgeben. Decken wir nun mit 2200 K und 6500 K nur die Ränder des Spektrums ab, kommt es beim Abmischen der beiden LED-Kanäle bei mittleren Farbtemperaturen zu deutlich sichtbaren Abweichungen vom natürlichen Sonnenlicht.« Aus diesem Grund setzen die Wissenschaftler auf vier Farbtemperaturen, die über den gewünschten Einstellbereich verteilt sind. Somit lässt sich das LED-Licht näher an das natürliche Tageslicht anpassen und es wird eine bessere Farbwiedergabe erzielt.
Weitere Optimierungen
Nun soll das System weiter ausreifen. Als Nächstes steht die sensorische Erfassung des Arbeitsplatzes auf dem Plan. »Der Sensor misst das von der Arbeitsfläche reflektierte Licht«, führt Kunzer aus. »Dieses ist aber von der Reflektivität der Arbeitsfläche abhängig und wird beispielsweise durch Staub, Verschmutzung oder Gegenstände beeinflusst.« Für die Erfassung gebe es mehrere Möglichkeiten. Welche sinnvoll sei, hänge von der Anwendung ab. Für einen fest eingerichteten Arbeitsplatz in der Uhrenmontage beispielsweise könne eine feste Referenzmessstelle genutzt werden; an einem Büroarbeitsplatz mit dynamischer Nutzung der Tischfläche sei es besser, auf mehreren Stellen des Tisches zu messen, etwa mithilfe mehrerer Sensoren oder einer Umlenkoptik. »Aus den Messwerten kann dann ein Mittelwert gebildet werden«, erklärt Kunzer weiter. »Wobei stark abweichende Messwerte ignoriert werden können, weil man in diesem Fall zum Beispiel einen Spiegel oder einen dunklen Gegenstand unter dem Sensor liegen hat.« Auch die Nutzung künstlicher Intelligenz sei möglich, ergänzt Hehn. Mittels Bilderkennung könnte der Tisch nach freien Stellen abgesucht werden, die der Sensor dann erfassen könnte. »In dieser Fragestellung steckt noch enormes Potenzial«, so der Experte.
Langlebigkeit im Fokus
Die Zukunftsfähigkeit eines Systems steht und fällt mit der Langlebigkeit seiner Komponenten. »Die Langlebigkeit einer LED-Leuchte ist in den meisten Fällen nicht durch die LEDs limitiert, sondern durch die Ansteuer- bzw. Treiberelektronik«, erklärt Daniel Schillinger vom Lehrstuhl für Mikroelektronik. »LEDs haben aufgrund der Diodenkennlinie eine sehr starke Spannungsabhängigkeit des Betriebstroms. Die Treiberelektronik erzeugt aus der 230-V-Wechselspannung des Hausnetzes einen Konstantstrom zum Betreiben der LEDs. Der Treiber ist dabei als Schaltwandler realisiert. Es gibt kostengünstige Treibertopologien, die mit einem Schaltwandler auskommen und komplexere Treiber, die zwei Schaltwandler nutzen.
Erstere benötigen einen Elektrolytkondensator mit hoher Kapazität, um den Ausgangsstrom zu glätten und damit das störende Flackern des LED-Lichts zu reduzieren. Dieser Elektrolytkondensator hat im Vergleich zu den anderen Komponenten eine deutlich kürzere Lebensdauer – häufig bedingt durch Abwärme und Wärmestau an der Leuchte. Komplexere Treiber mit zwei Schaltwandlern brauchen diesen Kondensator nicht, jedoch sind diese Treiber deutlich aufwendiger und damit teurer, weshalb sie auf dem preissensitiven LED-Leuchtenmarkt nicht so oft zum Einsatz kommen.«
Kompromiss aus Langlebigkeit und Bauteilkosten
Das Forscherteam hat nun ein Konzept entwickelt, das mit nur einer Schaltwandlerstufe und ohne Elektrolytkondensator auskommt. »Der Schaltwandler beruht auf dem SEPIC-Konzept (Single Ended Primary Inductance Converter), das zwar etwas mehr passive Komponenten benötigt als die bisherigen Treiber mit einem Schaltwandler, aber dafür weniger Komponenten als die Treiber mit zwei Schaltwandlern. Somit haben wir einen guten Kompromiss gefunden.« Durch Nutzung der GaN-on-Si-Leistungselektronik des Fraunhofer IAF lassen sich zudem die Schaltverluste weiter reduzieren.
Und wie sieht die Zukunft des Projekts aus? »Wir würden gerne den im Projekt entwickelten Prototyp einer Stehleuchte mit zwei linearen Leuchtenköpfen in ein Produkt überführen«, sind sich Kunzer und Hehn einig. Hierzu müssten als Nächstes verschiedene Fertigungsverfahren in Bezug auf Qualität und Kosten analysiert werden. »Weiterhin ist unser Ziel, den Treiber in näherer Zukunft serienreif zu machen«, ergänzt Schillinger abschließend.