In den vergangenen zwei Jahren hat das medizinische Team die klinischen Studien an den Patienten fortgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass sich ihr physiologischer und mentaler Zustand verbessert hat. Sie konnten ein gewisses Maß an Kontrolle über die Bewegung ihrer Beine wiedererlangen. Das hat uns sehr überrascht.
Welche mögliche Erklärung könnte es dafür geben?
Die sogenannte neuronale Plastizität spielt eine Rolle. Das Gehirn kann sich mithilfe von Training über eine gewisse Zeit umorganisieren. Es gibt eine Menge Theorien über das Körperschema, eine Repräsentation unseres Körpers im Gehirn, mit dessen Hilfe wir Empfindungen und Bewegungen zuordnen können. Mit dem entsprechenden Training können wir aber neue Vernetzungen im Gehirn erzeugen, die es uns erlauben, das Körperschema neu zu organisieren und ein neues Element wie das Exoskelett zu integrieren.
Wie konnten die Patienten die Beinbewegungen des Exoskeletts überhaupt wahrnehmen?
Ein Schlüsselelement war die taktile Rückmeldung, die es den Patienten ermöglicht, das Aufsetzen bei jedem Schritt zu fühlen. Dafür haben wir hier an der TU München eine künstliche Haut entwickelt. Ihre Sensoren können Vibration, Temperatur, Druck und Annäherung messen. Die künstliche Haut wird unter den Füßen des Roboters angebracht. Mithilfe der Sensoren kann das Exoskelett jeden Schritt detektieren. Diese Information wird weitergeleitet und die Patienten erhalten über kleine Motoren an den Armen ein taktiles Feedback. Nach einer gewissen Zeit verbindet das Gehirn dieses Feedback mit den Schritten. Damals wussten wir nicht, ob das wirklich funktionieren würde. Aber nach sechs Monaten intensiven Trainings berichteten die Patienten, dass sie Bewegung des Exoskeletts tatsächlich als Schritte wahrnehmen konnten.
Was ist das Besondere an der künstlichen Haut?
Wir haben eine neue Generation künstlicher Haut entwickelt, die Annäherung und Berührung detektieren kann. Mit ihrer Hilfe ist es zum Beispiel möglich, einen Roboter sicher zu machen. Ein Standard-Industrieroboterarm würde normalerweise nicht bemerken, ob Sie sich ihm nähern. Wir haben eine künstliche Haut entwickelt, die sehr sensitiv ist. Man kann den Arm dann mit sehr leichten Berührungen kontrollieren. Eine der wichtigsten Besonderheiten dieser künstlichen Haut ist, dass sie ihr eigenes Körperschema organisieren kann. Der Roboter weiß automatisch, wo sich die Haut befindet und wo sie berührt wird. Das Konzept des Körperschemas, das in unserem Gehirn unseren Körper repräsentiert, haben wir auf den Roboter übertragen.
Können wir von Robotern lernen?