Flexible und gedruckte Elektronik

Umsatztreiber assistiertes und automatisiertes Fahren

15. Mai 2023, 14:00 Uhr | Engelbert Hopf
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"Es ist unsere Pflicht, intensiv in den Bereich F&E zu investieren"

Wie hoch sind die Investitionen von IEE in den Produktionsausbau? Wie hoch sind Ihre R&D-Aufwendungen? Wie hoch ist der Anteil der Entwickler und R&D-Mitarbeiter an der Gesamtzahl der Beschäftigten bei IEE?

Hier sprechen wir über einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag, der in diesem Jahr bis zu 20 Millionen Euro betragen kann. Als innovatives Technologieunternehmen ist es unsere Pflicht, kontinuierlich und intensiv in den Bereich F&E zu investieren. Bezogen auf die Gesamtheit unserer Mitarbeiter weltweit sind etwa ein Drittel davon im Bereich Entwicklung und F&E tätig.

In welcher Richtung sehen Sie als CTO die zukünftige technologische Entwicklung im Bereich der flexiblen und gedruckten Elektronik verlaufen? Gibt es dabei Entwicklungstrends, die dazu beitragen könnten, die Marktdurchdringung dieser Technologie in Zukunft noch zu steigern?

Meine Maxime ist erst einmal, dass ich keine Technologie der Technologie wegen vorantreibe oder präferiere. Es gibt kontinuierliche Verbesserungen im Materialbereich sowie in der Prozesstechnik. Für mich kommt die Hybrid-Elektronik, also die Verbindung von flexibler, gedruckter Elektronik und klassischen Bauelementen und Komponenten, dem Trend zur Miniaturisierung sehr entgegen. Dann haben wir die Entwicklung hin zu dehnbarer Elektronik, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Ich denke da vor allem an Patches, etwa im Medizinbereich.

Der Automobilbereich wird in Zukunft verstärkt den Einzug prämonolithischer Softwaresysteme erleben, durch die die Verschmelzung von virtuellen Erlebnissen und realen Fahreindrücken erfolgen wird, wie etwa von BMW am iVision-DEE-Konzept gezeigt wird. In diesem Zusammenhang muss bewertet werden, welche vielfältigen Möglichkeiten der Integration von Interaktionsmöglichkeiten in das Fahrzeuginterieur sich für IEE ergeben und wie unser heutiges Geschäftsmodell eventuell angepasst werden muss. Und dann natürlich das große, alles überspannende Thema der Nachhaltigkeit, für die die flexible und gedruckte Elektronik geradezu gemacht ist.

Welche Rolle kommt der Materialforschung im Bereich der flexiblen und gedruckten Elektronik zu? Hängt davon in erster Linie die Performance-Steigerung in der Branche ab? Welches Steigerungspotenzial sehen Sie hier in den nächsten Jahren?

Der entscheidende Fortschritt hat sich hier in letzter Zeit in der Verbesserung der Leitfähigkeit der verwendeten Materialien abgespielt. Materialforschung hat die verwendeten leitfähigen Tinten für den Druck auf das Niveau gebracht, das wir benötigen. Gleichzeitig gibt es heute mehr Anbieter entsprechender Materialien, das hat den Wettbewerb und den Fortschritt in diesem Bereich bereichert. Eine Menge Startups betätigen sich heute im Materialbereich, da werden noch viele Verbesserung in den nächsten Jahren auf uns zukommen.

Wenn Sie den internationalen Wettbewerb betrachten, in welchen Bereichen ist die europäische flexible und gedruckte Elektronik stark und in welchen Bereichen wäre ihr Standing durchaus noch ausbaufähig?

Wenn ich mir den Healthcare-Bereich ansehe, dann sind wir hier in Europa schon recht gut aufgestellt, etwa mit Einrichtungen wie dem VTT, CEA, dem Holst Centre/TNO und dem Imec, um hier nur einige zu nennen. In den USA geschieht unter anderem einiges am MIT. China nehme ich bisher in diesem Bereich vor allem in Form von Billigprodukten wahr. Wir müssen weiter ein Auge auf die Patentsituation haben, und wir sollten vielleicht schneller in Zertifizierungsfragen sein. Zusammenfassend würde ich sagen, wir sind in Europa in Bezug auf Innovation in einer bislang sehr guten Ausgangssituation. Wichtig ist es aber auch, darüber hinaus die Wertschöpfungskette in Europa zu behalten und das Abwandern der Industriekompetenz zu vermeiden.

Vor über zwei Jahrzehnten trat die flexible und gedruckte Elektronik mit dem Narrativ der »kostengünstigeren« Elektronik an. Eine Selbstbeschreibung, der Sie angesichts der jüngsten Kostensteigerungen heute noch uneingeschränkt zustimmen?

Aus meiner Sicht ist die entscheidende Frage: Was brauche ich, um die geforderte Funktion zu erfüllen? Wo sind die »Sweet Spots«, bei denen die gedruckte, flexible Elektronik richtig punkten kann, sprich: den entscheidenden Vorteil bringt? Das werden aus technologischen Gründen keine Strukturbreiten von 2 nm sein. Zudem wird der Aspekt der Nachhaltigkeit immer wichtiger – wie groß ist der CO2-Fußabdruck meiner Aktivitäten? Ich bin der Ansicht, die flexible und gedruckte Elektronik ist in diesem Punkt um Faktoren anpassbarer, als es die klassische Elektronik ist, und darin liegt heute das große Versprechen dieser Technologie für die Zukunft.

Sie besuchen seit vielen Jahren die Lopec. Hat sich in Ihren Augen der Charakter dieser Kongress-Messe in den letzten Jahren verändert? Was ist anders geworden?

Es hat sich viel verändert. Heute gibt es ganz konkrete Use-Cases, die es zu erfüllen gilt beziehungsweise die bereits erfüllt werden. Das ist nicht mehr nur eine Technik-Messe, da geht es für die dort vertretenen Firmen ganz klar um die Zielsetzung des Markteintritts. Das war zu Beginn sicher anders, da standen die Technologie und ihre Fortschritte im Mittelpunkt.

Ich würde sagen, inzwischen ist die Lopec zu einer Veranstaltung geworden, auf der durch den intensiven Austausch zwischen Ausstellern und potenziellen Interessenten sich zum Teil völlig neue Applikationsmöglichkeiten und Märkte eröffnen können. Das hat nichts mehr mit einem Elfenbeinturm zu tun, das ist heute der jährliche europäische Treffpunkt eines wirklich prosperierenden Marktsegments der Elektronik.


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