Effiziente Schutzkomponenten

ESD-Schutz für Ethernet und Industrial Ethernet

1. Juli 2024, 8:30 Uhr | Andreas Hardock, Nexperia
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Beim Begriff »Industrial Ethernet« kann man leicht den Eindruck gewinnen, es handele sich um etwas anderes als das »normale«, in Consumer- und EDV-Installationen verwendete Ethernet. Doch wo liegen eigentlich die Unterschiede? Und wie schützt man beide Varianten vor elektrostatischen Entladungen?

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Seit seiner Entwicklung im Jahr 1972 im Palo Alto Research Center (PARC) von Xerox ist Ethernet dank seiner Vielseitigkeit zur beliebtesten Schnittstelle für Computernetzwerke geworden. Es lässt sich in verschiedene logische Topologien (Stern, Ring, Bus und andere) implementieren, wobei die Daten mithilfe des Internet Protocols (IP) übertragen werden. Ursprünglich waren Datenübertragungsraten von bis zu 10 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) über Koaxialkabel geplant. Mittlerweile ermöglicht Ethernet immer höhere Geschwindigkeiten – 100 Mbit/s, 1 Gbit/s und in jüngster Zeit Multi-Gigabit. Es unterstützt verschiedene Medientypen – von ungeschirmten Twisted-Pair(UTP)-Kupferkabeln bis hin zu Glasfaserkabeln.

Übersicht der wichtigsten Ethernet-Standards
Tabelle 1. Übersicht der wichtigsten Ethernet-Standards.
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Ursprünglich war Ethernet für Computernetzwerke in Universitäten und Bürogebäuden gedacht, dank seiner Vielseitigkeit wurde es jedoch bald auch in Privathaushalten und industriellen Netzwerken eingesetzt. Tabelle 1 zeigt einige der wichtigsten (nicht glasfasergebundenen) Ethernet-Standards und ihre Zielmärkte.

Unterschiede zwischen Industrial und »normalem« Ethernet

»Industrial Ethernet« bezeichnet einfach den Verwendungsort des Netzwerks, nämlich in der industriellen Fertigung. Auf der Bitübertragungsschicht (Physical Layer) gibt es keinen Unterschied zwischen einem Heim-/Büro-Ethernet und Industrie-Ethernet, das heißt, es werden dasselbe Medium (Kabel), dieselbe Signalspannung und dieselben Regeln dafür verwendet, wann und wie schnell Netzwerkknoten Daten übertragen oder empfangen. Das bedeutet: Auf der Bitübertragungsschicht sind die Ethernet-Netzwerke elektrisch kompatibel.

Der Unterschied zwischen den beiden tritt auf einer höheren OSI-Schicht (der Netzwerkschicht) auf, die nicht in den Anwendungsbereich der Ethernet-Spezifikation fällt. Industrial Ethernet verwendet andere Netzwerkschichtprotokolle – wie Profinet und Ethernet/IP –, die den Echtzeitanforderungen industrieller Abläufe besser gerecht werden als das Internet Protocol. Weitere Unterschiede gibt es bei den Arten von Steckverbindungen an den Kabelenden. Der Ethernet-Standard schreibt die Verwendung von RJ45-Steckverbindungen vor. In rauen Industrieumgebungen mit hohen Spannungen/Stromstärken und vielen schweren Geräten sind diese jedoch anfällig für Schäden durch Schmutz und Feuchtigkeit. Einige Hersteller haben daher robustere Steckverbindungen (bessere mechanische und elektrische Abschirmung) entwickelt, die diesen Bedingungen besser standhalten können.

Diese sind jedoch in keiner der Ethernet-Spezifikationen enthalten. Neben den Unterschieden bei den Steckverbindern kommen für Industrial-Ethernet-Geräte häufig Komponenten zum Einsatz, die auf einer 35-mm-DIN-Schiene montiert und mit der in industriellen Anwendungen üblichen 24-V-DC-Versorgung betrieben werden können.

Schutz der Ethernet-Schaltungen

Vereinfachte Schaltung der Ethernet-Schnittstelle
Bild 1. Vereinfachte Schaltung der Ethernet-Schnittstelle.
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In ihrer einfachsten Form sieht die Schaltung in einer Ethernet-Schnittstelle wie in Bild 1 aus. PHY (Physical Layer, Bitüber-tragungsschicht) ist der integrierte Schaltkreis, der die Ethernet-Regeln zum Senden und Empfangen von Daten steuert. Transformatoren sorgen für eine galvanische Trennung und ermöglichen die Signalübertragung trotz unterschiedlicher Spannungspotenziale an den beiden Kabelenden. Sie bieten zudem einen gewissen Schutz gegen transiente Überspannungen und elektrostatische Entladungen.

Gleichtaktdrosseln (Common-Mode Chokes, CMC) reduzieren elektromagnetische Störungen (Electromagnetic Interference, EMI) zwischen den verdrillten Doppeladern in den Kabeln – dies ist bei ungeschirmten Twisted-Pair-Kabeln besonders wichtig.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die Transformator- und CMC-Schaltungen implementiert werden können:
➔ Integriertes Magnetmodul, das den Transformator und die CMC enthält
➔ Integrierte Steckverbindung, die den RJ45-Stecker, den Transformator und die CMC enthält.

Die Art der Implementierung der magnetischen Komponenten bestimmt die Platzierung und Produktoptionen der Electrostatic-Discharge(ESD)-Schutzvorrichtungen. Ist der Mittelabgriff auf der PHY-Seite des Transformators mit Masse verbunden, müssen bidirektionale Vorrichtungen verwendet werden. Meistens wird er potenzialfrei gehalten oder über einen Kondensator mit Masse verbunden. Dann können sowohl unidirektionale als auch bidirektionale Geräte verwendet werden.

Die Implementierung magnetischer Komponenten beeinflusst die Platzierung von ESD-Schutzvorrichtungen
Bild 2. Die Implementierung magnetischer Komponenten beeinflusst die Platzierung von ESD-Schutzvorrichtungen.
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Wie in Bild 2 dargestellt, können ESD-Schutzvorrichtungen auf zweierlei Weise angeordnet sein. Zum einen können sie zwischen dem PHY und den magnetischen Komponenten platziert werden, was auch für alle Arten von integrierten magnetischen Komponenten funktioniert. Sind CMC und Transformator separate Komponenten, kann der ESD-Schutz zwischen CMC und Transformator angeordnet werden – was aus Sicht des ESD-Schutzes die bevorzugte Stelle ist. In jedem Fall müssen die hier gezeigten ESD-Schutzkomponenten auf der PHY-Seite des Transformators angeordnet werden.

ESD-Schutz für alle Ethernet-Implementierungen

Auswahl an ESD-Schutzkomponenten von Nexperia für Industrial Ethernet
Tabelle 2. Auswahl an ESD-Schutzkomponenten von Nexperia für Industrial Ethernet.
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Nexperia bietet eine große Auswahl an ESD-Schutzkomponenten für alle möglichen Implementierungen von magnetischen Komponenten (Tabelle 2) in einer Ethernet-Schnittstelle.

Zu den Hauptmerkmalen dieser Komponenten gehören verschiedene Gehäuseoptionen – sowohl ohne als auch mit Bedrahtung. Außerdem sind sie in Kapazitäten erhältlich, die sich für die erforderliche Betriebsgeschwindigkeit der Ethernet-Spezifikation, für die sie entwickelt wurden, eignen. Je höher die Datenrate, desto geringer die Kapazität. Gleichzeitig wird immer noch ein Höchstmaß an Schutz in rauen Industrieumgebungen geboten.

Resümee

Industrial Ethernet ist elektrisch identisch mit Standard-Ethernet, aufgrund der raueren industriellen Umgebungen besteht allerdings eine größere Wahrscheinlichkeit für Überspannungen und elektrostatische Entladungen. Hier kommt es maßgeblich auf die passenden ESD-Schutzkomponenten an.

 

Der Autor

 

Andreas-Hardock von Nexperia
Andreas-Hardock von Nexperia.
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Andreas Hardock ist Principal Product Application Engineer bei Nexperia.

 

 


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