Mit der Maschine ins Homeoffice? Schwierig. Physische Präsenz am Arbeitsplatz und wenig Flexibilität sind in der Produktion Alltag, die Strukturen oft hierarchisch. Wie sich die Autonomie der Beschäftigten trotzdem verbessern lässt, hat der Forschungsbeirat Industrie 4.0 untersucht.
Die Produktionsarbeit ist häufig geprägt von physischer Anwesenheit und wenig flexiblen Arbeitszeiten. Traditionelle und hierarchische Strukturen dominieren, insbesondere in der Fertigung und in Produktionsprozessen, wo die zeitliche und räumliche Flexibilität von Arbeitnehmern stark eingeschränkt ist. Der Forschungsbeirat Industrie 4.0 hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Autonomie der Beschäftigten in diesem Kontext verbessert werden kann und welche Rolle neue Technologien dabei spielen.
Denn Produktionsarbeit unterscheidet sich maßgeblich von der Wissensarbeit: Während in Büroberufen Homeoffice und flexible Arbeitszeiten immer selbstverständlicher werden, sind die Beschäftigten in der Produktion stark an ihren physischen Arbeitsplatz gebunden. Hinzu kommt die hohe Bedeutung der Maschinenverfügbarkeit: Eine produktive Fertigung erfordert, dass Maschinen kontinuierlich ausgelastet sind. Die genaue Koordination der Mitarbeitenden ist dabei entscheidend – eine Flexibilität wie in der Wissensarbeit scheint hier auf den ersten Blick schwer umsetzbar.
Dennoch bieten neue Technologien die Chance, den Beschäftigten mehr Autonomie zu ermöglichen. Kollaborative Roboter - Cobots - , übernehmen körperlich anstrengende oder monotone Aufgaben und entlasten so die Mitarbeitenden. Das schwäbische Unternehmen VEMA zeigt, wie solche Cobots erfolgreich in den Produktionsprozess integriert werden können. Bereits nach wenigen Wochen konnten einige Beschäftigte die Roboter selbst programmieren. Die Cobots tragen dazu bei, Nachtschichten zu reduzieren und körperlich belastende Tätigkeiten zu minimieren, was sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt.
Eine weitere Möglichkeit, die Autonomie der Produktionsmitarbeiter zu stärken, bietet die digitale Personaleinsatzplanung. So bietet das Unternehmen Vote2Work ein System, das Schichten basierend auf Produktionsbedarfen, arbeitsrechtlichen Vorgaben sowie den Kompetenzen und Präferenzen der Mitarbeitenden plant. Dadurch wird eine partizipative Arbeitszeitplanung möglich, die den Beschäftigten mehr Kontrolle über ihre Arbeitszeiten ermöglicht. Der Erfolg solcher Systeme hängt jedoch maßgeblich von der Akzeptanz der Mitarbeitenden ab. Über Jahrzehnte gewachsene Strukturen lassen sich nur schwer aufbrechen, und es braucht Zeit, Vertrauen in neue Technologien aufzubauen.
Auch Augmented Reality (AR) bietet laut dem Forschungsbeirat neue Chancen, insbesondere in der Weiterbildung und Unterstützung komplexer Aufgaben. Das Familienunternehmen Slawinski & Co. setzt AR-Brillen ein, um neue Mitarbeitende schneller einzuarbeiten. Die Technologie visualisiert die Einstellparameter einer Maschine direkt im Blickfeld und unterstützt die Bedienung ohne Unterbrechung des laufenden Betriebs. So können Beschäftigte sich effizienter in neue Prozesse einarbeiten, was die Produktivität erhöht und den Wissenstransfer erleichtert.
Trotz dieser Fortschritte bleibt die vollständige Umsetzung von New Work in der Produktion eine Herausforderung. Die vollständige Gleichstellung mit den Freiheiten, die Wissensarbeiter genießen, ist längst nicht erreicht. Die Experten des Forschungsbeirats Industrie 4.0 sind sich einig, dass die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter genauso entscheidend ist, wie neue Technologien, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.