Unternehmen brauchen Treffen der »Loser«

Scheitern erlaubt?

6. März 2018, 9:16 Uhr | Dr. Georg Kraus
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Für Unternehmen sinnvoll?

Solche Foren sind nötig – auch in Unternehmen. Denn viele Führungskräfte und Projektmanager – aber auch Mitarbeiter, die operative Verantwortung tragen – scheuen sich zunehmend, Risi­ken einzugehen. Sie haben Angst zu scheitern, am Pranger zu stehen und das Stigma »Loser« auf der Stirn zu tragen. Doch wer soll in unserer Gesellschaft, in unseren Unternehmen noch herausfordernde Aufgaben übernehmen und risikobehaftete Zukunftsentscheidungen treffen, wenn wir eine Kultur tolerieren, die ein Scheitern verurteilt? Was wird dann aus dem Unternehmergeist, der Entdeckerfreude, dem Veränderungswillen, der unsere Gesellschaft und die Unternehmen voran treibt?

Thomas Edison erhob das Fehler-Machen und Scheitern zum Prinzip. Als einer seiner Mitarbeiter nach dem tausendsten Versuch, eine marktreife Glühbirne zu entwickeln, sagte »Wir sind gescheitert«, soll Edison erwidert haben: »Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühbirne baut.« Dieses Denken fehlt uns. Wir haben vergessen, wie wertvoll die Erfahrungen sein können, die Menschen im Kontext von Misserfolg sammeln. Sie heben den Reifegrad und verbessern die Performance bei den nachfolgenden Versuchen – wenn die Erfahrungen reflektiert und verar­beitet werden.

Doch leider fördert die Kultur unserer Gesellschaft und in vielen Unternehmen das Gegenteil. Scheitern ist nicht erlaubt. Und Personen, die gescheitert sind, bekommen selten eine zweite Chance. Doch so kann kein Lernen erfolgen. Vielleicht sollte es auch in den Unternehmen FuckUp-Nights geben, in denen Mitarbeiter freimütig darüber berichten, wie sie zum Beispiel

  • ein Projekt krachend gegen die Wand fuhren oder
  • eine Auftragschance so richtig vergeigten.

Ein Umdenken ist nötig

Das würde außer ihren Köpfen auch die Köpfe vieler ihrer Kollegen wieder freier machen, die in der ständigen Angst leben: »Das darf mir nicht passieren, sonst...«. Vermutlich würden solche Nächte oder Meetings einen Beitrag leisten dazu, dass Fehler als Chance gesehen werden und Personen, die auf dem Holzweg sind oder waren, sich und anderen eingestehen können: »Das ist zwar dumm gelaufen, doch ich habe daraus viel gelernt.«

Auch die Personalverantwortlichen sollten umdenken. In vielen Unternehmen bedeutet zum Beispiel ein gescheitertes Projekt noch das Aus der Karriere. Also wird das sich abzeichnende Scheitern so lange verschwiegen bis die Fehlentwicklung zum Himmel stinkt. Und bewirbt sich ein gescheiterter Selbstständiger bei Unternehmen? Dann fassen ihn diese, wenn überhaupt, mit Glacéhandschuhen an. Dabei sollten solche Bewerber einen Bonus haben, denn sie haben Eigeninitiative bewiesen und wissen, wie man gewisse Dinge nicht machen sollte, um erfolgreich zu sein.  

Eigentlich sollten die Personalverantwortlichen in den Unternehmen Bewerber, die sich für eine Position bewerben, die viel Eigeninitiative und -verantwortung erfordert, in Vorstellungsge­sprächen stets fragen:

  • »Sind Sie in Ihrem (Berufs-)Leben schon mal so richtig ge­scheitert?«.

Und:

  • »Was haben Sie daraus gelernt?«.

Und wenn auf die erste Frage nichts kommt? Dann sollten sie sich ernsthaft fragen: Ist das der richtige Mitarbeiter für uns? Denn dann hat der Bewerber für seine künftige Position sehr wichtige Erfahrungen noch nicht gemacht. Oder er hat sie verdrängt. Oder er lügt. In allen drei Fällen ist er wohl nicht der Richtige.


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