Private Equity-Umfrage zu Exits

KI-Reifegrad für Investoren noch wichtiger als Geschäftsmodell

16. Juli 2025, 12:46 Uhr | Corinne Schindlbeck
KI-Technologie wird nicht nur beim Verkauf zum Kriterium – sie ist längst zentraler Hebel der Wertsteigerung, zeigt eine Umfrage unter Private-Equity-Investoren.
© RS-Studios/Adobe Stock

Eine Studie zeigt: Für Private-Equity-Fonds sind fortgeschrittene Automatisierung und KI inzwischen wichtiger als Marktpositionierung oder Geschäftsmodell. Was zählt beim Unternehmensverkauf?

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Wenn es um den erfolgreichen Verkauf eines Unternehmens geht, sind die Kriterien heute andere als noch vor wenigen Jahren. An der Spitze steht inzwischen: der technologische Reifegrad – konkret der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung in den Abläufen. Das zeigt eine aktuelle, global angelegte Befragung von FTI Consulting unter über 500 Private-Equity-Managern.

Mehr als jeder zweite Befragte (58 Prozent) nennt KI und Automatisierung als ausschlaggebend für einen gelungenen Exit. Erst danach folgen klassische Bewertungskriterien wie ein skalierbares Geschäftsmodell (52 Prozent), eine starke Marktposition oder ein belastbares Führungsteam mit klarer Nachfolgeplanung (jeweils 50 Prozent).

Europa fällt zurück – und riskiert den Anschluss

Die Anforderungen sind hoch, doch nicht alle Regionen halten Schritt. In Europa etwa geben nur 60 Prozent der Fonds an, dass ihre Portfoliounternehmen bei der Umsetzung von KI überdurchschnittlich aufgestellt sind. In Nordamerika sagen das 76 Prozent – ein deutlicher Abstand. Auch in Süd- und Lateinamerika (74 Prozent) und im Asien-Pazifik-Raum (69 Prozent) fällt das Urteil besser aus.

Wert schaffen mit Technologie

Technologie wird nicht nur beim Verkauf zum Kriterium – sie ist längst zentraler Hebel der Wertsteigerung. 84 Prozent der Fonds setzen hier den Fokus auf IT und Digitalisierung, gefolgt von klassischeren Maßnahmen wie Working-Capital-Optimierung (80 Prozent) oder Kostensenkung (79 Prozent). Immerhin 68 Prozent sehen KI als aktiven Treiber von Wert – 23 Prozent nutzen sie bereits regelmäßig, um das Unternehmensportfolio gezielt zu entwickeln.

Was Branchen trennt – und Unternehmen verbindet

Wie stark KI zum Einsatz kommt, hängt stark von der Branche ab. Im Handel etwa steht sie gleichberechtigt neben der Liquiditätssteuerung. In Bereichen wie Finanzdienstleistungen, Telekommunikation oder Logistik wird sie dagegen klar priorisiert.

Was alle eint: Der technologische Wandel schreitet schneller voran als viele Unternehmen mithalten können – vor allem im Mittelstand. „Gerade dort fehlt es oft an einer stabilen operativen Basis“, sagt Dr. Martin Schneider, Partner bei FTI-Andersch. Ohne klare Prozesse, belastbare Finanzplanung und strukturierte Steuerung lasse sich KI kaum sinnvoll einsetzen.

Kapital ist teuer

Die Folge: Wer diese Grundlagen nicht schafft, riskiert, beim Unternehmensverkauf durchzufallen – ganz unabhängig von Umsatz oder Markenwert. „Manche Unternehmen sind seit Jahren auf dem Markt – aber niemand will sie kaufen“, so Schneider. Die Investoren seien selektiver geworden, Kapital sei teurer, die Anforderungen gestiegen.

Der Appell der Studienautoren: Wer den Exit plant, muss liefern – digitale Anschlussfähigkeit, operative Substanz und eine klare Transformationsstrategie. Andernfalls, so Schneider, „übernehmen andere die Wertsteigerung – zum Nachteil des Verkäufers“.

 


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