Start-ups und Mittelstand

»In Sachen Innovation ein Sorgenkind«

20. September 2017, 13:37 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Monokultur in Deutschland

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V.l.n.r.: Dr. Florian Nielsen, Miele, Christopher Meyer-Mölleringhof, Johannes Bischof, Konica-Minolta, Thomas Sattelberger
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Die handverlesenen Teilnehmer - meist aus BWL, VWL, Informatik oder Elektrotechnik - absolvieren hier einen Teil ihres Studiums, Vorbild ist das Massachusetts Institute of Technology (MIT). Das CDTM wird gemeinsam von der TU und der LMU München betrieben und finanziert und kooperiert mit Stanford, dem MIT, Berkeley, QUT oder Columbia. Vermittelt wird den Studenten wie man Trends aufspürt, Unternehmen gründet, aber auch Forschung, Innovation und Produktentwicklung.

Dass Start-ups auf kurz oder lang der neue deutsche Mittelstand werden können, glaubt Johannes Bischof indes nicht. An fruchtvolle Kooperationen hingegen schon, wobei er etablierte Unternehmen in der Gefahr sieht, Chancen zu verschlafen. »Start-ups können dem Mittelstand mit disruptiven Ideen und Technologien die Zukunft absichern«, glaubt er. Allein: »Erst 20 Prozent arbeiten laut einer Deloitte-Studie bereits mit Start-ups zusammen, bei den Start-ups sind es 50 Prozent, die mit Mitteldständlern kooperieren«.

Viel Luft nach oben also.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Start-ups können stabile Strukturen und Cash Flow der etablierten Unternehmen nutzen, der Mittelstand profitiert vom »Out oft he Box Thinking« der Gründer.

Ein leichter Weg ist es freilich für beide nicht, sich zu finden und die unterschiedlichen Kulturen zu einem fruchtvollen Modell der Zusammenarbeit zusammenzubringen. Sich zu vertrauen und Risiko und Erfolg fair zu teilen.   
Gleichzeitig bleibt dem Mittelstand nicht viel übrig, als sich diese Mühe zu machen.

Denn er ist, so Thomas Sattelberger, Ex-DAX-Personalvorstand und Bundestagskandidat, in Sachen Innovation »ein Sorgenkind«. Denn laut KFW-Bankengruppe ist die Zahl der Innovatoren, sei es bei Produkten oder Prozessen oder auch insgesamt, seit 2002 zurückgegangen statt gestiegen. Ein »Maschinenmodell« dominiere Deutschland: Unternehmen lebten davon, ihr Geschäftsmodell, fokussiert auf Industrie und Maschine, »exzessiv auszulutschen«, anstatt neue Technologien zu integrieren. Eine Monokultur in Deutschland sei das, schimpft Sattelberger, sowohl in Forschung und Bildung als auch in Wirtschaft und Gesellschaft. Effizienz vor Sinn, Silodenken, Normierung und Cloning, stets auf die alte, gewohnte Kultur hin, anstatt Diversität und Brüche zuzulassen, damit neues entstehen könnte.  

Deutschland lebe von der Substanz und brauche dringend eine Frischzellen-Kur, doziert er leidenschaftlich. Sowohl bei (MINT-)Start-ups – In Sachen Motivation, ein Unternehmen zu gründen, liege Deutschland weltweit im hinteren Fünftel, immerhin vor Pakistan – als auch im Mittelstand: Nur 6 Prozent der »Top Hidden Champions« seien jünger als 50 Jahre, nur 14 Prozent arbeiten in Zukunftsbranchen, (zu) wenige befassen sich mit Digitalisierung.

Sattelbergers Fazit: Deutschland brauche dringend Freiheitszonen. Für Gründer und Innovatoren, um Tüftlern, Kreativen und Digitalen Biotope und Netzwerke zur Entfaltung zu bieten. Förder- hält er für sinnvoller als Steuerprogramme, Regionalentwicklung à la »It’s OWL« für beispielhaft. Sinnstiftung und Begeisterung müsse in Deutschland anstelle von Technik-Omnipotenz und Größenwahn Einzug halten, um von der Maschinenwelt in die Digitalökonomie und zu einer Digitalen Sozialen Marktwirtschaft übergehen zu können. »Smart Talents« und Querdenker seien nützlicher als normiert denkende Ingenieure aus dem immer gleichen Pool.


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  2. Monokultur in Deutschland

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