Ähnlich wie bei Rittal haben auch bei Phoenix Contact am 18. September zehn Flüchtlinge ein zweiwöchiges Praktikum begonnen, in dessen Verlauf die Teilnehmer Einblicke in die betrieblichen Abläufe eines Industrieunternehmens gewinnen konnten. In der ersten Woche waren sie dazu in den Ausbildungswerkstätten Metall und Elektronik, in der zweiten Woche lernten sie Aufgabenbereiche in verschiedenen Fachabteilungen kennen. Ziel des Pilotprojektes war es, erste Erfahrungen mit der Integration von Flüchtlingen in die Industrie zu sammeln.
Bei Schott in Mainz plant man ein ähnliches Vorgehen. Wie Dr. Hans-Joachim Konz, Mitglied des Vorstands, erläutert, will man sich dort Flüchtlinge aussuchen, die eine Bleibeperspektive haben, also nicht aus »sicheren Staaten« kommen. Diesen Flüchtlingen sollen Deutschkurse angeboten werden. Ziel ist es, besonders engagierten, erfolgreichen und interessierten Kursteilnehmern Praktika anzubieten. Passt es für beide Seiten, sollen diese jungen Menschen in die Ausbildung gebracht werden.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Sven Bauer, Gründer und CEO der BMZ in Karlstein: »Weil es in Aschaffenburg und Umgebung eine extreme Industriedichte gibt, haben wir bereits ein Hotel mit 20 Betten, eigener Küche und Sozialräumen gekauft, um dort Mitar-beiter aus der BMZ Polen unter-zubringen, die zwei Monate in Deutschland arbeiten durften«. Dieses Gebäude würde Bauer nun gerne für neue potenzielle Mitarbeiter aus dem Flüchtlingsstrom nutzen. »Leider hat sich aber schon gezeigt, dass dieser Prozess nicht ganz so schnell ablaufen wird«, stellt Bauer fest, »unser Wunsch ist es aber nach wie vor, 20 Menschen mit Flüchtlingshintergrund in BMZ zu integrieren«.
Von einem Déjà-vu angesichts der Bilder der aktuell Deutschland erreichenden Flüchtlingsströme spricht Reinhold Würth: »Ich habe nach dem Krieg selbst noch die Flüchtlingszüge aus dem Osten in Künzelsau ankommen sehen.« Für ihn bedeutet die unerwartete Zuwanderungswelle eine große Chance für Deutschland. Vor diesem Hintergrund stellt er das Gebäude der ehemaligen Würth Akademie in Gaisbach als Schulungs- zentrum für Asylbewerber zur Verfügung. Für die Finanzierung des laufenden Betriebs spendet Würth zudem 500.000 Euro. Darüber hinaus wird das Unternehmen eine Liegenschaft in einer Kreisgemeinde kostenlos als Flüchtlingsunterkunft anbieten.
Bei aller Bereitschaft zur Integration qualifizierter, lern- und integrationswilliger Flüchtlinge heben aber alle von Markt&Technik zu diesem Thema befragten Unternehmen auf das schnelle Erlernen der deutschen Sprache ab. Sie ist aus Sicht etwa von Richard Boulter, CEO der VAC, »schon allein aus Sicherheitsgründen unerlässlich«. Wer Sicherheitshinweise nicht lesen könne oder die diesbezügliche Einweisung nicht verstehe, werde schnell zu einer Gefahr für sich und andere.
Neben Deutschkenntnissen als Grundvoraussetzung weisen die befragten Unternehmen, wie etwa Epcos, darauf hin, dass für eine Integration motivierter und qualifizierter Flüchtlinge ein gesichertes Bleiberecht von entscheidender Bedeutung sei. Als Kalkulationszeitraum werden dabei mindestens fünf Jahre genannt.