Belastbare Organisation

»Einen fertigen Lösungsansatz für Resilienz gibt es nicht«

20. Januar 2023, 12:12 Uhr | Corinne Schindlbeck
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Unverhoffte Krisen können Unternehmen sehr unbeweglich machen..."

Ausgelöst durch die Corona-Pandemie gibt es immer mehr Flexibilisierungsversuche in Richtung New Work, in den einen Unternehmen mehr, in anderen weniger. Wie schafft man möglichst viel Flexibilisierung und Resilienz?

Einen allgemeinen Lösungsansatz zur Stärkung der Resilienz gibt es nicht. Impulse können z. B. in der ISO-Norm 22316 gefunden werden. Vielmehr geht es um Entwicklungsfelder, die jedes Unternehmen für sich selbst entdecken darf, wenn es den Blick nach innen richtet und sich fortlaufend fragt, was es zur Erreichung seiner Ziele braucht. Die eigene Belastbarkeit zu steigern kann ein strategisches Ziel der Organisation sein. Das ist das Ergebnis guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung inklusive eines wirksamen Umgangs mit Risiken. Indem wir vor allem ziel- und lösungsorientiert bleiben, können wir jeder Situation die zwei Seiten der Medaille abgewinnen und uns einerseits auf das Positive oder die Chance konzentrieren und andererseits für das vorsorgen, was wir kritisch sehen. Für die Vorsorge gibt es das Risikomanagement zur präventiven Schaffung von Handlungsspielräumen.

Was raten Sie Arbeitgebern, die an ihrer Employer-Brand arbeiten?

Jedes Unternehmen kann sich mit organisationaler Resilienz stärken und damit an Attraktivität gewinnen. Resilienz heißt so viel wie Belastbarkeit und hat viel mit Anpassungsbereitschaft und der Erhaltung von Beweglichkeit zu tun. Gleichzeitig braucht es einige stabilisierende Elemente. Dazu ist der Fokus auf vier Ebenen vorteilhaft: Stabilität, Struktur, Balance und Ziele. Das dürfen sowohl individuell Mitarbeitende und Führungskräfte als auch organisational Unternehmen in Erfahrung bringen. Wir können Stabilität aus der Vergangenheit erinnern und uns z. B. fragen: Wie ist das Unternehmen entstanden und welche Unternehmenskultur hat sich entwickelt? Was hat uns früher geholfen?

Struktur basiert auf den gegenwärtigen Bereichen: Kommunikation & Networking, Aufgabenstruktur sowie Fähigkeiten & Fertigkeiten der Mitarbeitenden. Auch die Gestaltung der Whole-Life-Balance sowie die Gesunderhaltung der Mannschaft ist hier eingebunden. Beim Thema Balance betrachten wir die Situation im Jetzt! Was passiert ist, ist passiert. Wir können jedoch jetzt Einfluss nehmen und das Beste daraus machen! Was ist jetzt also zu tun, um voranzukommen? Welche Ressourcen können nun aktiviert werden? Gewöhnlich schöpfen wir jetzt aus den erarbeiteten Ressourcen und Stärken aller anderer Ebenen! In der Zukunft liegt schließlich das Ziel, welches wir erreichen wollen. Das ist die wichtigste und oberste Instanz, denn umso klarer ein Ziel gesetzt ist, in Teilziele herunter gebrochen und an die Mannschaft kommuniziert wird, umso eher kann der Weg beschritten werden. Die Mannschaft dabei bei der Gestaltung mit einzubeziehen ist umso vorteilhafter. Meistens sind nur wenige Hebel umzulegen, denn vieles ist bereits in einem Unternehmen vorhanden.

Mit einer resilienten Haltung schaffen wir uns die Freiheit, in jeder Situation die Chance zu sehen, und finden gemeinsam Wege und Mittel, die Herausforderungen anzugehen. Stress entsteht in unseren Köpfen. Unverhoffte Krisen können Unternehmen sehr unbeweglich machen. Sorgt ein Unternehmen jedoch dafür, dass es handlungsfähig bleibt und erarbeitet sich Ressourcen, die es im Krisenfall nutzen kann, bleibt es beweglich, um Herausforderungen konstruktiv zu meistern. Jeder hat es in der Hand: individuell als Mitarbeitender oder Führungskraft oder organisational als Unternehmen.

Diplom-Psychologin und Entwicklungsingenieurin
Manja Zedler hat als Diplom-Psychologin bei einem süddeutschen Automobilkonzern viele Jahre als Entwicklungsingenieurin gearbeitet. Heute ist sie selbstständiger Coach und Trainerin.

Für sie sei das kein »Seitenwechsel« gewesen, denn auch als Entwicklungsingenieurin sei sie beratend tätig gewesen. »Meine Hauptaufgabe bestand viele Jahre darin, für hochkomplexe Fahrzeugfunktionen einfache Bedien- und Anzeigekonzepte zu entwickeln, damit der Fahrer bei seiner Fahraufgabe bestmöglich unterstützt wird und reaktionsfähig bleibt. Um hier optimale Lösungen zu finden, braucht es bereits ein ganzheitliches Verständnis menschlichen Denkens und Handelns.« 2014 wurde Zedler Teil eines internen Lean- und Agiles-Change-Management-Programms und arbeitete seither in einer Querschnittsfunktion als Change-Managerin. Parallel und privat absolvierte sie eine Ausbildung zur systemischen Beraterin und Therapeutin und ging 2020 aus privaten Gründen nach Thüringen und in die Selbstständigkeit.

Ihre Erfahrungen aus der Automobilindustrie nützen ihr heute auch als Coach. »Eine Erfahrung ist beispielsweise, dass Impulse, die in einem Training vermittelt werden, ganz unterschiedlich in den einzelnen Teams und Organisationen ankommen und umgesetzt werden können. Nur praxistaugliche Lösungsansätze helfen nachhaltig. Daher erarbeite ich gern mit einem Team gemeinsam individuelle Maßnahmen und Lösungsansätze, die dieses Team voranbringen können, einem anderen jedoch vielleicht weniger nützen. Die Haltung und Einstellung, wie wir mit Herausforderungen umgehen, ist sehr wichtig. Hier kann ich aus einem Repertoire praxisnaher Beispiele schöpfen, verbunden mit fundiertem Wissen z. B. aus dem Bereich der positiven Psychologie.«


  1. »Einen fertigen Lösungsansatz für Resilienz gibt es nicht«
  2. "Unverhoffte Krisen können Unternehmen sehr unbeweglich machen..."

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet

Weitere Artikel zu Arbeitswelt