Management

Starke Nerven für stürmische Zeiten 

19. Februar 2025, 10:07 Uhr | Patrick Wiederhake
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Eine schrumpfende Wirtschaft, unsichere politische Zeiten und eine transformative Arbeitswelt: Gerade inmitten dieser Polykrise profitieren Menschen von psychischer Widerstandskraft. Wie können Führungskräfte ein resilientes Mindset aufbauen und welche Führungskultur braucht es in Krisenzeiten? 

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Resilienz
Patrick Wiederhake, Profil M: "Nicht zuletzt Führungskräfte im mittleren Management profitieren von einem resilienten Mindset". 
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Alle ständig krank? Laut BKK Gesundheitsreport 2024 waren Arbeitnehmer in Deutschland 2023 22,4 Tage im Schnitt krankgeschrieben – die Ausfallzeiten bleiben damit auf einem hohen Niveau. Bei der monatlichen Krankenstanderfassung beschäftigter Mitglieder des BKK Dachverbandes zeigt sich: Der Krankenstand der Mitarbeitenden aus Mechatronik, Energie und Elektro lag im Jahr 2024 stets etwas unter dem gesamt erfassten Durchschnitt – beispielsweise im Dezember bei 5,13 Prozent (Gesamt: 5,56 Prozent).

Für Führungskräfte sind Teammitglieder, die (längerfristig) ausfallen, eine große Herausforderung: Deadlines müssen verschoben, Aufgaben neu verteilt und Projekte priorisiert werden. Doch was können Vorgesetzte tun, damit Mitarbeitende – ebenso wie sie selbst – physisch und mental fit bleiben? Einer von vielen Ansätzen: Auf- und Ausbau von Resilienz. Resilienz meint die psychische Widerstandskraft, die Menschen dazu befähigt belastende Situationen zu bewältigen. Eine Fähigkeit, die in der heutigen (Arbeits-)Welt mit ihren vielen Herausforderungen immer wichtiger wird. Wenig verwunderlich, dass diese Eigenschaft laut unserem Talent-Klima-Index (TKI) 2024 zu einer der gefragtesten Future Skills für Führungskräfte zählt (4,3 von 5 Skalenpunkten). Denn resiliente Menschen passen sich schnell an veränderte Bedingungen an, bleiben unter Druck handlungsfähig und helfen ihrem Unternehmen, sich weiterzuentwickeln.

Zwischen wirtschaftlichem Druck und Mitarbeiterwünschen: Teams auf Kurs halten

Nicht zuletzt Führungskräfte im mittleren Management profitieren von einem resilienten Mindset. Schließlich befinden sie sich im ständigen Spannungsfeld zwischen den Anforderungen der Geschäftsführung sowie den Ansprüchen des Teams. Zudem ist die wirtschaftliche Lage hierzulande derzeit angespannt. Dies gilt auch für die Elektronik: So verbüßte die Branche im vergangenen Jahr laut ZVEI Rückgänge bei allen relevanten Kennzahlen, wie der preisbereinigten Produktion, die von Januar bis einschließlich November 2024 um über neun Prozent eingebrochen ist. 

Es sind herausfordernde Zeiten – und gerade in diesen brauchen Mitarbeitende mehr anstatt weniger Führung. Ein weiterer Blick auf unsere TKI-Studienergebnisse 2024 zeigt ein diverses Skill-Set: Führungskräfte sollten sowohl People als auch Business Leader sein. Als Top-Scorer der Leadership-Zukunftskompetenzen wird die Entscheidungsfähigkeit eingeschätzt (4,4 von 5). Und insbesondere in unplanbaren Zeiten sind Führungsteams gefragt, die die Richtung vorgeben, damit das Unternehmen handlungsfähig bleibt. Es braucht Menschen, die eigenständig, situationsgerecht und durch kritisches Denken souverän Entscheidungen treffen.

Doch wie behalten Führungskräfte selbst einen kühlen Kopf? Wenn wir in der Krise nicht nur reagieren, sondern unser Verhalten strategisch steuern wollen, dann hilft uns ein innerer Kompass. Mein Tipp: eine SWOT-Analyse für sich selbst als Führungskraft erstellen und Antworten auf Fragen wie Was ist meine Richtung? Was bewegt mich? und Wie kann ich meine Gedanken und Gefühle regulieren und mich auf das konzentrieren, was wichtig ist? finden. Je größer die (eigene) Klarheit ist, umso größer ist auch die Fähigkeit zur Fokussierung. Zudem sollte jede:r wissen, was mit ihm/ihr passiert, wenn der Druck steigt – denn mit diesem Know-how, lässt sich aktiv dagegen steuern. Ebenso gehört Selbstfürsorge auf die persönliche Agenda jeder Führungskraft: Hierzu zählt aktiv auf die eigene Gesundheit zu achten, aber auch die Ressourcen und Freiheitsgrade einzufordern, die für die eigene Arbeit gebraucht werden. 

Motivierte Mitarbeitende: eine Win-Win-Situation für alle 

Ein weiteres lohnendes Investment: kompetente und motivierte Mitarbeitende, denn die machen Führungskräften das Leben leichter. Doch natürlich verspüren auch viele Beschäftigte derzeit Druck. Eine mögliche Folge: die Motivation bleibt auf der Strecke. Hier kann tägliche Leadership-Praxis ansetzen. So sollte Führung Rahmenbedingungen schaffen, die Demotivation verhindert. Dazu zählen ein angemessenes, faires Gehalt ebenso wie eine transparente, verbindliche und damit berechenbare Art der Zusammenarbeit. Zudem brauchen Mitarbeitende entsprechende Rahmenbedingungen – wie Handlungsspielraum, Zeit, notwendige Mittel und Unterstützung – um ihre Arbeit eigenverantwortlich zu erledigen. Führungskräfte sollten zudem dafür sorgen, dass die Arbeit Sinn ergibt und das Team ein gemeinsames Selbstverständnis entwickelt, das für den Einzelnen anschlussfähig ist. Und nicht zuletzt die vielleicht wichtigste Währung: Wertschätzung. Denn langfristige Motivation entsteht nicht aus Schonung und Nachsicht, sondern daraus, dass Vorgesetzte ihrem Gegenüber zeigen: Was du machst, ist mir wichtig – und darum begleite ich dich dabei, es so gut wie möglich zu machen. 

Klar ist: Ein Patentrezept für Führung gibt es nicht. Erfolgreiche Führung kann individuell ganz unterschiedlich sein – jede:r sollte seinen eigenen Weg finden. Jedoch sorgen klare Spielregeln und eine entwicklungsorientierte, individuell ausgerichtete, zukunftsorientierte Führung für eine erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit. Das erleichtert Vorgesetzen auch in stürmischen Zeiten auf Kurs zu bleiben.  

Patrick Wiederhake ist Diplom-Psychologe und Managing Director bei Profil M, einem Beratungsunternehmen für Human Resources Management. Er ist u.a. spezialisiert auf moderne Führungs- und Entwicklungskultur. 


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