Coronavirus und Arbeitsrecht

Auch Betriebsversammlungen kritisch hinterfragen

9. März 2020, 12:29 Uhr | RA Thomas Niklas, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner, Küttner Rechtsanwälte Köln
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Haftung bei erhöhter Ansteckungsgefahr

Zumindest hinsichtlich des Zeitpunkts der Betriebsversammlung ist aber anerkannt, dass der Betriebsrat nicht völlig frei ist. Vielmehr hat er bei der Terminierung die betrieblichen Belange zu berücksichtigen.

Nichts anderes kann gelten, wenn die Einberufung der Betriebsversammlung – wie aktuell aufgrund des grassierenden Coronavirus – ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für die Belegschaft zur Folge hat. Vielmehr ist der Betriebsrat schon aufgrund des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) verpflichtet, bei seinem Handeln das Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zu berücksichtigen.

Darüber hinaus kommt dem Betriebsrat bei arbeitsschutzrechtlichen Fragen eine besondere Stellung zu. Denn er ist nicht nur gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 und 9 BetrVG verpflichtet, den Arbeitgeber bei der Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vor-schriften zu überwachen und Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu fördern. Vielmehr hat er bei Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sogar ein echtes Mitbestimmungsrecht.

Der Einberufung einer Betriebsversammlung trotz erhöhter Ansteckungsgefahr der Belegschaft mit dem Coronavirus kann insoweit nicht nur das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. hierzu BAG v. 12. März 2019 – 1 ABR 42/17), sondern – je nach den Umständen des Einzelfalls – einen groben Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit darstellen, der den Arbeitgeber zu Maßnahmen nach § 23 BetrVG berechtigt.
Führt die Durchführung einer Betriebsversammlung trotz Kenntnis von einer erhöhten Ansteckungsgefahr tatsächlich zu einer Ansteckung von Mitarbeitern oder zumindest zu entsprechenden „Verdachtsfällen“ und haben diese die Schließung des Betriebs zur Folge, sind schließlich auch Haftungsansprüche gegen den Betriebsrat denkbar.
 


  1. Auch Betriebsversammlungen kritisch hinterfragen
  2. Haftung bei erhöhter Ansteckungsgefahr
  3. Virtuelle Betriebsversammlung als Lösung?

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