Im Jahr 2006 nach Erscheinen des Intel Core-2 kam das AMD-Management wenig überraschend auf die Idee, dass man ein neues „Killer-Feature“ brauche. Die Folge war der höchste finanzielle Einsatz der Firmengeschichte, weit höher als bei dem Kauf von NexGen. Man glaubte, dass die Integration von mehreren CPU-Cores auf einem Die die Rechenleistung nur begrenzt würde nach oben skalieren lassen. Die Lösung laut AMD würde vielmehr darin bestehen, statt vielen CPU-Cores, die große Siliziumflächen belegen und viel Energie fressen, nur wenige CPU-Cores und zusätzlich viele kleine und energieeffiziente Grafik-Cores (GPU) auf einem Die zu vereinen. Die On-Die-GPUs könnten dabei nicht nur die Grafikverarbeitung wie Bildschirmansteuerung vornehmen, sondern auch hochgradig parallelisierbare Aufgaben wie Videoverarbeitung vornehmen.
Der schnellste Weg, Grfaik-Expertise ins Haus zu bekommen, war der Kauf einer darauf spezialisierten Firma. 2006 gab es nur noch zwei unabhängige Grafikchip-Hersteller, ATI und Nvidia. Auf Basis des Preises und der Firmenkultur entschied man sich für ATI. Auch wenn ATI billiger als Nvidia war, wurden aus AMD-Sicht immer noch unglaubliche 5,4 Mrd. Dollar aufgerufen, mehr als ein kompletter Jahresumsatz (der betrug damals 5 Mrd. Dollar). Um diesen Kauf stemmen zu können, musste AMD Kredite in Höhe von 2,5 Mrd. Dollar aufnehmen.
Es kam aber noch schlimmer: 2007 musste AMD 1,1 Mrd. Dollar und 2008 nochmal 1,1 Mrd. Dollar als sogenannten „Goodwill“ abschreiben, anders formuliert, man hatte für ATI rund 40 % zuviel gezahlt. Dies führte 2007 und 2008 zu katastrophalen Verlusten in Milliardenhöhe (Bild 4). Erst 2009 sah mal wieder Land, als nämlich von Intel 1,25 Mrd. Dollar wegen einer außergerichtlichen Einigung in den jahrelangen Streitigkeiten um Patente und Kartellrechtsfragen in die Kasse flossen, die AMD dazu nutzte, seine Kreditlast zu reduzieren.
AMDs Idee der Kombination von CPU und GPU auf einem Die und die Nutzung der GPU für die Beschleunigung von mathematischen Funktionen hatte Charme und hat sich auf in diversen Anwendungsfeldern durchgesetzt. Als erstes waren dies erneut die Hochleistungsrechner gefolgt von Konsumer-Anwendungen wie Software zum Schneiden von Videos, Spielen oder Video-Transcoder. AMD hat eine Software vorgeführt, die in Echtzeit Videos skalieren und rotieren kann um z.B. die Qualität von verwackelten Videos zu verbessern.
Zumindest direkt nach dem Kauf bestand der größte Nutzen von ATI für AMD darin, zusätzliche Umsätze durch Chipsets und Grafikprozessoren zu generieren und damit Intels diesbezüglichen Ansatz zu kopieren. Tragischerweise verzögerte sich 2007 die Auslieferung der DirectX-10-kompatiblen GPUs R600 und Radeon HD2000-3000 um 6 Monate, so dass man mit Nvidias Ende 2006 eingeführter GPU GTX8800 nicht in einen Wettbewerb treten konnte. Als Geschäftsbereich von AMD wurde ATI später neu aufgestellt und lieferte dann eine Reihe Produkte pünktlich und zum Teil mit der besten Rechenleistung in ihrer Klasse.
ATI und Nvidia liefern sich im Geschäft mit diskreten GPUs bis heute einen noch erbitterteren Wettstreit als die CPUs, da beide denselben Herstellungsprozess bei TSMC nutzen und exakt dieselben Marktsegmente bedienen. Die pünktlichen Lieferungen der AMD-Grafikgruppe standen in den letzten Jahren in Kontrast zu den Verzögerungen der CPU-Gruppe mit den Fusion-Prozessoren. Durch die Wichtigkeit der GPUs für die Fusion-Strategie und die gute Leistung der ATI-Gruppe ernannte man ATI-Manager Rick Bergman daraufhin zum General Manager für alle AMD-Produkte. Damit begannen frühere ATI-Manager Führungsrollen in AMD zu übernehmen.