Konsolidierung im MCU-Bereich?

»Es gibt zu viele Controller-Hersteller«

19. Dezember 2016, 10:47 Uhr | Iris Stroh
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Verdrängt ARM auch im Automotive-Markt die anderen Architekturen?

STMicroelectronic, Claudio Valesani
Claudio Valesani, STMicroelectronics: »STMicroelectronics setzt auch im Automotive-Markt auf ARM. Im Massenmarkt sind wir mit unseren ARM-basierten Controllern schon sehr erfolgreich, diesen Erfolg wollen wir im Automotive-Markt wiederholen.»
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In dieser Frage sind sich die Hersteller uneins: Die einen glauben, ja, die anderen, nein. Das hängt schon mit der Frage zusammen, ob der Core überhaupt ein Entscheidungskriterium für einen Controller darstellt. Siedhoff hat sicherlich Recht, wenn er erklärt, dass sich kein Entwickler für eine MCU entscheidet, weil er einen speziellen Core aufgrund seiner Leistungsfähigkeit haben möchte. Also spielt der Core keine Rolle. Anderseits weiß er natürlich auch, dass manche Kunden sich für einen Core entscheiden, nicht wegen dessen Leistungsfähigkeit, sondern wegen der damit verbundenen Tool-Kette – siehe ARM.

Was Jürgen Hoika, Senior Director Distribution Marketing von Infineon Technologies, damit kommentiert, dass die Idee von ARM ja nicht neu ist, früher war es eben der 8051. Hoika ist der Überzeugung, dass ARM bestehende Architekturen im Automotive-Markt nicht verdrängen wird. Der Infineon-eigene TriCore sei fest mit Automotive-Anwendungen verbunden, und dementsprechend hält er es für absolut unrealistisch, dass diese Kunden hier auf einen ARM-Core wechseln. Hoika: »Erklären Sie mal den großen oder kleineren Herstellern in diesem Bereich, dass sie ihr Safety-Konzept ändern müssen, weil es jetzt ein ARM-basiertes Derivat gibt.« Diese Kunden halten an TriCore fest, nicht wegen der technischen Features, sondern wegen der Millionen Zeilen Code und einer vielleicht bereits erfolgten ASIL-Zertifizierung.

Jürgen Weyer, Vice President Automotive Sales EMEA bei NXP Semiconductors, wiederum ist der Überzeugung, dass sich ARM auch im Automotive-Bereich durchsetzen wird. Auch wenn er selbst zu den Leuten gehört hat, die anfänglich im eigenen Hause dagegen gekämpft haben, die eigenen Architekturen für ARM aufzugeben, ist seiner Meinung nach das Thema heute durch. Weyer: »Wir werden kein einziges Produkt abkündigen, aber aus dem Hause NXP wird es keine Neuentwicklungen ohne ARM mehr geben.« Das Argument mit der Tool-Chain sei einfach zu verlockend, denn mit ARM kämen die Kunden in den Genuss einer durchgängigen Entwicklungsumgebung, die vom kleinsten bis zum größten ARM-Core alle unterstützen. Weyer: »Wir müssen uns entscheiden, wo wir unser Geld investieren, und wenn der Kern keinen Differenzierungsfaktor mehr darstellt, dann kann ich die Budgets woanders einsetzen.«

Hier geht Infineon bekanntermaßen auch einen anderen Weg, das Unternehmen hat nämlich vor kurzem erst seine zweite Aurix-Generation auf Basis des TriCores für den Automobilmarkt vorgestellt. Hoika sieht für Infineon aber auch überhaupt nicht die Notwendigkeit, bei Neuentwicklungen für die Automobilindustrie auf ARM zu setzen. Aurix sei eine der Architekturen, die am breitesten im Automobilbereich eingesetzt wird. »Die Familie punktet genau dort, wo funktionale Sicherheit und Leistungsfähigkeit gefordert sind«, so Hoika weiter.

Und Neuentwicklungen auf TriCore-Basis haben für die Kunden Vorteile. Nicht nur, dass sie damit ihren bereits geschriebenen Code bei eigenen Weiterentwicklungen nutzen können, sie sparen auch noch deutlich an Entwicklungszeit – in Zeiten, in denen das Time-to-Market verkürzt werden soll, sicherlich ein wichtiger Pluspunkt. Hoika: »Wir haben ausgerechnet, dass wir die Entwicklungszeit beim Kunden um 20 Prozent kürzen können, weil wir die Roadmap weitergeführt haben.« Hinzu kommt noch, dass die Kunden Aurix so gut kennen, dass sie die Controller auch in Applikationen einsetzen, an die Infineon bei der Produktdefinition überhaupt nicht gedacht hat. »Nur wenn der Kunde eine Möglichkeit sieht, dass er seine gesamten Entwicklungsaufwendungen nahtlos auf eine neue Architektur bringen kann, dann können wir uns wieder unterhalten«, so Hoika.

Und Weyer kontert: »Sicherheit ist nicht mit dem Core verbunden, die kann man auch mit ARM erreichen«, weshalb er erwartet, dass auch Infineon über kurz oder lang auf ARM umsteigen wird, einfach weil der Markt es fordert. Weyer abschließend: »Wir sprechen uns in vier Jahren noch mal.«

NXP, Jürgen Weyer
Jürgen Weyer, NXP Semiconductors: »Wir müssen akzeptieren dass kein Produktsegment höheren Preisverfällen unterworfen war als die MCUs. Das steht im Gegensatz dazu, dass die Aufwendungen immer höher werden.»
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