In Industrierobotern oder Automatisierungslösungen werden Servoantriebe eingesetzt, die typischerweise mit leistungsstarken und kompakten Umrichtern ausgestattet sind. Solche Anwendungen lassen sich dank der Eigenschaften der SiC-MOSFETs optimieren [4]. Die Leit- und Schaltverluste können in allen Betriebsarten reduziert werden: bei Beschleunigung, konstanter Drehzahl und im Bremsmodus. Üblicherweise laufen Servoantriebe mindestens 90 Prozent der Betriebszeit mit konstanter Drehzahl. Dies bedeutet normalerweise ein niedriges Drehmoment und eine geringe Stromaufnahme. Hier können SiC-MOSFETs gegenüber einem IGBT die Verluste um insgesamt cirka 80 Prozent senken (Bild 4). Dies ist nicht nur auf geringere dynamische Verluste zurückzuführen, sondern auch auf geringere Leitverluste aufgrund der ohmschen Ausgangskennlinie ohne Knickspannung.
Beim Beschleunigen und Abbremsen arbeitet der Antrieb normalerweise mit wesentlich höheren Strömen. Hier ließen sich die dynamischen Verluste gegenüber einem IGBT um bis zu 50 Prozent reduzieren – selbst wenn die Spannungsflanke auf 5 V/ns begrenzt war.
Da sich die Verluste durch die neuen Halbleiter um bis zu 80 Prozent reduzieren lassen, können die damit ausgerüsteten Servoumrichter mit höheren Pulsströmen arbeiten, sie fallen kompakter aus (gleiche Baugröße bei höheren Strömen) und die Abmessungen der Lüfter und Kühlkörper können kleiner sein. Dadurch lässt sich der Umrichter oft sogar in den Motor integrieren. Aufgrund des hart schaltenden Betriebs in der typischerweise verwendeten B6-Topologie sind niedrige dynamische Verluste, fehlendes parasitäres Einschalten und eine robuste, für harte Kommutierung geeignete Body-Diode die wichtigsten Merkmale, die für den Einsatz von SiC-MOSFETs in dieser Anwendung sprechen.
Anwendungsbeispiel Batterieladegerät
Ein schnelles Gleichstrom-Ladesystem, das über das Drehstromnetz gespeist wird, ist ein entscheidender Faktor für die weitere Marktentwicklung bei Elektrofahrzeugen. Denn dadurch lassen sich die Bedenken der Nutzer wegen zu geringer Reichweite ausräumen. Entwickelt werden auch Energiespeicherlösungen für die genannte Ladeinfrastruktur, die mit bidirektionalen Wandlern für das Laden und Speisen der Systeme ausgerüstet werden. An immer mehr Standorten, an denen nachhaltige Energiequellen wie Solarmodule zum Laden von Elektrofahrzeugen und für andere Zwecke genutzt werden können, werden Batterieblöcke aufgestellt.
Moderne Batterieladegeräte verwenden LLC-Topologien mit entlastetem Schalten in der DC-DC-Stufe (Bild 5a). Da nur bei Silizium-Bauelementen mit 650 V Sperrspannung die dynamischen Verluste gering genug sind, sind bei einer Gleichspannung von 800 V zwei kaskadierte LLC-Vollbrücken nötig.
Kommen jedoch SiC-MOSFETs mit einer Sperrspannung von 1200 V zum Einsatz, kommt man mit der halben Anzahl an Schaltern und Ansteuer-ICs aus (Bild 5b). Dadurch sinkt nicht nur der Platzbedarf, auch der Wirkungsgrad lässt sich optimieren. Bei einer SiC-MOSFET-Lösung sind in jedem Betriebszustand nur zwei Schalter leitend, bei der Siliziumlösung mit 650-V-Schaltern dagegen vier. Systeme mit siliziumbasierten Komponenten sind heute typischerweise auf einen Systemwirkungsgrad von etwa 97 Prozent optimiert. Durch die Halbierung der Leitverluste und die niedrigeren Abschaltverluste aufgrund der kleineren Ausgangskapazitäten in einem SiC-MOSFET kann der Wirkungsgrad um einen Prozentpunkt steigen. Bei bidirektionalen Ladegeräten bedeutet dies eine Einsparung von mindestens zwei Prozent Batterieleistung.
Die niedrigen Gesamtschaltverluste eines SiC-MOSFETs für 1200 V, kombiniert mit einer schnellen internen Body-Diode, die für harte Kommutierung geeignet ist, sind auch für traditionelle Lösungen mit harter Kommutierung wie die Dual-Active-Bridge interessant (Bild 5c). Das bedeutet deutlich weniger Aufwand für die Steuerung, insgesamt geringere Komplexität und weniger Komponenten machen solche Lösungen immer attraktiver.
Fazit
Das Portfolio an CoolSiC-MOSFETs von Infineon für 1200 V in TO-247-Gehäusen eignet sich sowohl für neue Anwendungen wie Batterielade-Infrastrukturen und Energiespeicherlösungen als auch für etablierte Anwendungen wie Servoantriebe. In Topologien mit hartem und weichem Schalten verbessern diese MOSFETs die Effizienz, reduzieren die Anzahl der erforderlichen aktiven Bauelemente sowie die Komplexität des Systems.
Zudem sind CoolSiC-MOSFETs unempfindlich gegen unerwünschtes parasitäres Einschalten. Sie haben daher die niedrigsten dynamischen Verluste aller aktuellen SiC-MOSFETs, erleichtern den Schaltungsentwurf unter Berücksichtigung des sicheren Betriebs innerhalb der Datenblattgrenzen und erlauben es, mit einer Gate-Abschaltspannung von 0 V zu arbeiten. Eine einfache, unipolare Gate-Ansteuerung ohne Abstriche beim Wirkungsgrad ist damit möglich.
REFERENZEN
[1] K. Sobe, et al., Characterization of the parasitic turn-on behavior of discrete CoolSiC MOSFETs, PCIM Europe 2019, Nürnberg, Deutschland, 2019
[2] 1200V HighSpeed 3 IGBT in TO-247PLUS Evaluation Board, Infineon Technologies
[3] Datenblatt IMZ120R060M1H (CoolSiC 1200 V SiC Trench MOSFET), Infineon Technologies
[4] Beckhoff zeigt dezentrales Servoantriebssystem, Wir Automatisierer