Herausforderung Supply Chain Management

Der Charakter der Zyklen könnte sich ändern

14. Februar 2020, 16:27 Uhr | Heinz Arnold
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Acht Dies übereinander gestapelt

Sogar aus der Konsumgüterindustrie sieht Walsh verstärkte Nachfrage in Europa, denn hier gibt es noch immer eine starke Set-Top-Box-Industrie. Die neuen, hochauflösenden Fernseher statten die Hersteller jetzt mit 2 GB minimaler Kapazität aus, teilweise schon bis zu 4 GB.

Selbstverständlich ist der Automotive-Markt für die Speicherhersteller inzwischen von großem Interesse – trotz eines im vergangenen Jahr rückläufigen Marktes. Denn rückläufig ist er nur auf den ersten Blick: Es wurden zwar um 10 Prozent weniger Autos weltweit verkauft, aber der Gehalt an Halbleitern und konkret der Bedarf an Speicher, gemessen in Gbit pro Auto, steigt trotz der Absatzdelle weiter stark an.

Das liegt einmal am Infotainment-System. »Die Entwicklung in diesem Bereich erinnert ein wenig an den PC-Markt in den 1990er-Jahren, als bei jeder neuen IC-Generation noch hohe Leistungssprünge zu verzeichnen waren. Im Infotainment im Auto ist es heute ähnlich«, so Walsh. Für das ADAS-Umfeld gelte dies ebenso. Außerdem sei ADAS ja nicht nur ein System, es bestehe aus verschiedenen Untereinheiten, wofür jeweils die entsprechenden Speicher erforderlich seien. Zusätzlich würden die aus Sicherheitsgründen einzubauenden Redundanzen den Bedarf an Halbleitern weiter in die Höhe treiben. Nur ein Beispiel: ECUs, die Over-the-Air Updates erhalten, benötigen mehr DRAMs und NAND-Flash-ICs als zuvor. Zwar sieht er auch, dass sich die Architektur von den vielen über das Auto verteilten ECUs hin zu zentralen Einheiten entwickelt. Aber der Prozess sei evolutionär: Zunächst würde der Zentralisierungsprozess zu Domain Controllern führen. Falls sich eine zentraler Server im Auto jemals etablieren würde, wäre damit kaum vor 2030 zu rechnen.

Doch nicht nur das Auto selber entwickle sich zum Speicherfresser, das Gleiche gelte für die Infrastruktur um das Auto herum, die Telematics. Auch die dafür erforderliche Elektronik benötige neue Speicher-IC-Generationen. Und von hier zu Smart Cities ist es nur ein kleiner Sprung, und schon tun sich wieder neue interessante Märkte auf. Genauso wie den Fabriken, in denen die Autos und all die übrigen Geräte gebaut werden, die wie Smartphones, Smart Speakers und vieles andere die vielen GB an Speicherkapazität benötigen: Sie entwickeln sich zu Smart Factories, die ebenfalls einen großen Speicherappetit entwickeln, sei es direkt in den Fertigungsmaschinen und ihren Kommunikationsschnittstellen – wieder wird unter anderem 5G benötigt – oder indirekt in den großen Datenzentren, die über die Analyse der riesigen Datenmengen erst die relevanten Informationen für die Prozesssteuerung gewinnen.

Insgesamt sieht Walsh den Trend, dass Speicher-ICs zunehmend spezifischer werden, die Zahl der unterschiedlichen Familien werde steigen. Denn die Speicher müssen auf ihre jeweiligen Anforderungen zugeschnitten sein, sei es in PCs, in Servern, Mobilgeräten, in der Grafik oder in der KI. »Für uns als Speicherhersteller bedeutet das: Das Supply Chain Management wird immer schwieriger.« Und es träten eben immer mehr Störfaktoren auf, die im Endeffekt die Frequenz der Zyklen erhöhen könnten.

Dass die Hersteller ohne große Verluste durch den aktuellen Zyklus kommen werden, dürfte aber auch in der Tatsache begründet sein, dass sich der Markt konsolidiert hat und die wenigen verbliebenen Wettbewerber im aktuellen Zyklus relativ vernünftig reagiert haben. Doch könnte sich das Spiel künftig wieder ändern. Werden mehr Wettbewerber auftauchen, weil China eine eigene Speicher-IC-Industrie aufbauen will?

Auf diese Frage gibt sich Walsh gelassen. Chinesische Unternehmen steckten zwar viel Geld in den Aufbau von Fabs für die Fertigung von DRAM- und vor allem NAND-Flash-Speicher-ICs, doch rechnet er für dieses Jahr nicht mit merklichen Effekten. Und man dürfe den Speicherbedarf in China auch nicht überschätzen.

Und wie werden sich neue Speichertypen entwickeln, sieht er Alternativen, die den etablierten NAND- und DRAM-Speichern das Wasser abgraben könnten? Auch hier bleibt er gelassen. Denn es zeichneten sich keine massenmarkttauglichen und kosteneffektiven neuen Speichertypen ab, auch nicht für den Einsatz in KI: »Die Kosten sind einfach zu hoch.« Also bleibe es im Wesentlichen bei den etablierten NAND- und DRAM-Speichern, auch wenn pro Shrink nicht mehr so viele Vorteile zu erzielen seien wie in der Vergangenheit gewohnt. Und dafür gibt Samsung – wie andere Hersteller auch – viel Geld aus, was auch schon einiges aussagt: In den neuen 3-nm-Gate-Around-Prozess von Samsung fließen nicht weniger als 21 Mrd. Dollar.

Acht Dies übereinander gestapelt
16-GB-HBM2E-DRAM
Die neuen High-Bandwidth-Memory-2E-Speicher (HBM2E) von Samsung erreichen eine Speicherdichte von 16 GB. Damit eignen sich die Speicher vom Typ Flashbolt für den Einsatz im High Performance Computing (HPC). Sie erreichen gegenüber der HBM2-Vorgängergeneration vom Typ Aquabolt die doppelte Speicherkapazität. Diese hohe Dichte konnte Samsung erreichen, indem acht 16-Gbit-DRAM-Dies über einem Bufferchip vertikal gestapelt werden. Jedes DRAM Die fertigt Samsung mithilfe eines 10-nm-Prozesses. Über 40.000 Through Silicon Vias (TSV) verbinden diese Dies im HBM2E-Gehäuse. Jedes einzelne 16-Gbit-Die enthält mehr als 5600 dieser TSVs. Die Datenrate der Flashbolt-Speicher erreicht 3,2 Gbit/s, die Speicherbandbreite pro Stack 419 GB/s. In einigen künftigen Einsatzfällen könne die Bandbreite laut Samsung sogar 538 GB/s erreichen, was dann gegenüber der Aquabolt-Generation eine Verbesserung um den Faktor 1,75 bedeutet. Die Produktion der Flashbolt-Speicher in Stückzahlen will Samsung in der ersten Jahreshälfte 2020 aufnehmen. 


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