Elektronik: Was ist das für Software, die Sie liefern?
Ke Cheng Liu: Wir konzentrieren uns auf die Edge, den Übergang zwischen der Cloud und den industriellen Systemen: Hier muss die Datenverbindung eingerichtet werden, es muss für Security gesorgt werden, die Geräte müssen verwaltet werden. Es hängt vom Anwendungsbereich ab, welche Software-Anforderungen hier bestehen. Hier bietet Advantech einen Marktplatz an, um die dazu nötigen Software-Bausteine für unsere Plattform bereitzustellen.
Elektronik: Sind die Anwender im industriellen Bereich bereit, alle ihre Daten in die Cloud zu senden?
Ke Cheng Liu: Einige Kunden sind bereit, ihre Daten in die Microsoft-Cloud zu senden, andere, insbesondere größere Fabriken, möchten lieber ihre eigene, private Cloud betreiben, die auf dem Firmengelände steht. Als Grund dafür werden meistens Sicherheitsbedenken angeführt, aber ich glaube, wenn das IoT ausgereifter wird und die Security immer weiter verbessert wird, dann wird auch die Akzeptanz für Public Clouds steigen. Man bewahrt sein Geld ja auch nicht zu Hause auf, sondern bringt es zur Bank, um es dort sicher verwahren zu lassen.
Hans-Peter Nüdling: Wir bieten auch Security-Dienste von Intel und Acronis an. Und dann gibt es auch Kunden, die sichergestellt haben wollen, dass ihre Daten in Deutschland bleiben. Auch das ist mit der Azure-Cloud möglich.
Liu: Die großen Cloud-Anbieter wie Microsoft, IBM, Google und Amazon werden die Sicherheitsmaßnahmen weiter verbessern. Das ist ihr Job, ich sehe das nicht als unsere Aufgabe an. Wir sind zuständig für die Edge, die Geräte, die sich mit der Cloud verbinden.
Elektronik: Ihre Kunden differenzieren sich hauptsächlich durch die Software. Geht diese Differenzierung nicht verloren, wenn alle die gleichen, vorkonfigurierten Komponenten verwenden?
Ke Cheng Liu: Ich glaube, im IoT-Zeitalter werden die Lösungsanbieter gewinnen. Das sind diejenigen, die eine integrierte Lösung für einen größeren Anwenderkreis entwickeln. Nehmen Sie Facebook: Das ist für mich ein Lösungsanbieter. Facebook bietet dieselbe Lösung für eine riesige Zahl von Menschen an. Im Embedded-Bereich funktioniert das natürlich nicht in so großem Maßstab, aber die Gewinner werden diejenigen sein, die eine lauffähige Lösung anbieten. Wir unterstützen diese Kunden mit sogenannten Semi-ready Solutions. Beispielsweise haben wir das für Krankenhäuser gemacht. So machen wir unsere Kunden zu Lösungsanbietern, die eine einsatzbereite IoT-Umgebung anbieten können.
Hans-Peter Nüdling: Advantech ändert sich, intern wie extern, und adaptiert ein zusätzliches Geschäftsmodell. Als Hardware-Hersteller fügen wir unseren Produkten eine Software-Schicht hinzu, die die Entwicklungen unserer Kunden beschleunigt.
Elektronik: Widerspricht es nicht der Idee der Cloud und dem Internet of Things, wenn jeder Hersteller seine eigenen Software-Standards setzt?
Ke Cheng Liu: Die APIs unserer Software-Komponenten sind völlig offen. Unsere Software ist Open Source. Bei der Implementierung haben wir uns an die üblichen Internet-Standards und Protokolle gehalten. Der Kunde ist also nicht in einer proprietären Welt gefangen.
Elektronik: Wird Ihr Marktplatz aus den Software-Komponenten von Advantech und Patnerfirmen bestehen oder können auch Kunden dort z.B. branchenspezifische Software-Pakete anbieten?
Hans-Peter Nüdling: Die Software in unserem Marketplace stammt aus ganz verschiedenen Quellen. Tatsächlich sind auch einige Elemente dabei, die Kunden entwickelt haben. Es gibt allerdings einen Qualifizierungsprozess, den die Software des Kunden durchlaufen muss, bevor sie im Marketplace angeboten wird. Damit wollen wir sicherstellen, dass die Zusammenarbeit mit den anderen Software-Komponenten reibungslos funktioniert.
Elektronik: Erwirtschaften Sie auch Umsatz mit der Software oder ist es eine kostenlose Dreingabe und eher ein Vehikel, um den Umsatz mit der Hardware zu steigern?
Hans-Peter Nüdling: Für die Software-Pakete, mit denen wir unsere Gateways ausliefern (EIS Edge Intelligence Servers mit Cloud-Diensten, Security-Diensten, WISE-PaaS-Diensten) müssen die Kunden nichts extra bezahlen. Für andere Software-Produkte aus unserem Sortiment kann man eine Lizenz kaufen. Wir haben ein Punktesystem, bei dem die Kunden Punkte sammeln und einlösen können – je nachdem, was sie nutzen möchten. Da steht also durchaus ein Geschäftsmodell dahinter.
Ke Cheng Liu: Der Verkauf von klassischen Software-Lizenzen passt nicht mehr in die Zeit. Die einzige Firma, bei der das noch funktioniert, ist Microsoft. Aber ich glaube, dieses Modell lässt sich im IoT-Zeitalter nicht durchhalten. Die Zukunft gehört meiner Meinung nach integrierten Hardware-Software-Lösungen. Sehen Sie sich das iPhone an: Das ist zwar ein Stück Hardware, aber darauf ist eine Menge Software installiert. Zwar kauft sich der Kunde das iPhone, aber natürlich bezahlt er für die Software mit. Genauso läuft das bei unseren Edge Intelligence Servern.