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Modulare Fog Server mit Echtzeit

8. März 2017, 11:22 Uhr | Von Zeljko Loncaric
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Computermodule für Server

Was Entwicklern von echtzeitfähigen Fog Servern bislang jedoch fehlte, war die passende, IEEE-1588-konforme Hardware-Plattform, mit der man die Intel-Xeon-D-Prozessoren, die sich hervorragend für hochperformante Fog Server eignen, möglichst effizient an die konkreten Applikationsanforderungen anpassen kann. Mit dem Pre-Release des Typ-7-Pinout (Mitte 2016) der COM-Express-Spezifikation, bei der congatec als Editor aktiv beteiligt war, ist dieser Engpass nun endlich beseitigt. Das COM-Express-Typ-7-Pinout bietet erstmals IEEE-1588-synchronisierbare, standardisierte 10GbE-Schnittstellen auf einem standardisierten Embedded-Modul und definiert damit eine neue Kategorie der Embedded-Computing-Bauformen: die Server-on-Modules. Die COM-Express-Typ-7-Spezifikation grenzt sich auch von der aktuellen Typ-6-Spezifikation für klassische Embedded-Computersysteme dadurch ab, dass auf Videoschnittstellen komplett verzichtet wird. Dafür werden im Gegenzug mit 32 Lanes deutlich mehr PCI Express Interfaces unterstützt, die für Massenspeicher, dedizierte Grafikkarten und weitere Server-Schnittstellen genutzt werden können. Durch die Modulbauweise entstehen echtzeitfähige Server mit Echtzeit-Ethernet-Kommunikation, die kaum größer als die Abmaße der 125 × 95 mm2 großen COM-Express-Basic-Module sind.

Die 10GbE-Schnittstellen sind als „10GBASE-KR Single Backplane Lanes“ (siehe auch IEEE 802.3/49) ausgelegt, um nicht an vordefinierte physikalische Schnittstellen gebunden zu sein. Der Phy, der die physikalische Übertragung definiert, befindet sich nicht auf dem Modul, sondern muss auf dem Träger-Board implementiert werden. Erst diese Implementierung legt fest, ob die Daten per Kupfer- oder Lichtwellenleitungen übertragen werden. Um noch mehr Flexibilität zu erreichen, können sie als austauschbare SFP+-Module implementiert werden. Damit kann man die Entscheidung, ob per Kupfer oder Glasfaser übertragen wird, auch erst bei der Installation vor Ort treffen. Benötigt werden solche hohen Bandbreiten z.B. bei der industriellen Bildverarbeitung, in der Full-HD- oder 4K-Kamerasignale mit hohen Farbtiefen und Bildwiederholungsraten übertragen werden müssen. Es ist auch möglich, die Performance mehrerer 10-Gbit/s-Ethernet-Signale zu kombinieren. Vier 10GBASE-KR-Lanes können in einem Phy für 40GBASE-KR4 zusammengefasst werden.

Um IEEE 1588 zu entsprechen, sieht das Feature Set der COM Express 10GBASE-KR Interfaces einen per Software definierbaren Pin für jede der vier Schnittstellen vor. Dieser Kontakt kann als Ein- oder Ausgang konfiguriert werden und wird vom korrespondierenden Ethernet-Controller gesteuert, was die Implementierung eines Hardware-basierten Timing-Protokolls nach IEEE 1588 für leistungsfähige Echtzeitapplikationen ermöglicht.

Ein Trend, dem auch die Server-on-Modules folgen, ist die Anbindung von schnellen Speichermedien. Da diese am besten nativ über NVMe-Interfaces (Non-Volatile Memory Express) angebunden werden, die PCI Express als technische Basis nutzen, unterstützen die neuen Server-on-Modules mehr PCI Express Lanes und nur noch zwei SATA-Ports. Hier ist vor allem das neue Intel Optane Memory zu nennen. Es basiert auf der 3D-Xpoint-Technologie, die gegenüber NAND-SSDs eine deutlich geringere Latenz bietet, aber genauso große Datenpakete verarbeiten kann. Mit einer Latenz von lediglich 10 µs – gut tausendfach kleiner als die von Standard-Festplatten – werden die Grenzen zwischen Arbeitsspeicher und Massenspeicher fließend. Die Träger-Boards von congatec unterstützen bereits diese schnelle Speichertechnologie, die sich insbesondere für die Virtualisierung, Datenspeicher, Big-Data-Verarbeitung und Medical Imaging eignet.

Flexibilität durch modularen Aufbau

Durch die Modulbauweise können die Systeme unabhängig von Prozessorsockeln in der Leistung skaliert werden, indem das gesamte COM-Express-Modul ausgetauscht wird. Das ergibt große Flexibilität bei der Performance und sichert die Upgrade-Fähigkeit sowie auch die Langzeitverfügbarkeit. Vorteilhaft bei Modulen ist zudem der umfassende Software Support, der gegenüber der kompletten Eigenentwicklung eines Board sowohl die Zeit bis zur Markteinführung deutlich verkürzt als auch die Entwicklungskosten senkt. Ausgereifte Server-on-Modules unterstützen beispielsweise leistungsfähige Tools der Server-Klasse, mit denen man verteilte IoT-, M2M- und Industrie-4.0-Anwendungen verwalten kann. Sie bieten damit eine perfekte Passform für viele über Edge- oder Fog Server angebundene Geräte.

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Server-on-Module von congatec nach COM-Express-Typ-7-Spezifikation
Bild 3. Das neue Server-on-Module von congatec nach COM-Express-Typ-7-Spezifikation ist mit Intel-Xeon-Prozessoren (Codename Broadwell DE) bestückt.
© congatec

Mit den servertypischen Remote-Management-Technologien und dem integrierten Board Management Controller mit Watchdog Timer und Power Loss Control eignen sich solche Module auch ideal für Überwachungs-, Verwaltungs- und Wartungsaufgaben aus der Ferne. Für das hierzu erforderliche Out-of-Band-Management enthalten die Typ-7-Module zudem ein NC-SI Interface. Auf dem Träger-Board ist damit nur noch ein entsprechender Board Controller zu implementieren, um zuverlässige industrielle Fog Server mit Out-of-Band-Management umsetzen zu können.

Die ersten Server-on-Module-Plattformen, die congatec auf Basis der COM-Express-Typ-7-Spezifikation vorgestellt hat und die den RTS-Hypervisor sowie deterministisches TSN-Ethernet unterstützen, sind headless ausgelegt und mit zehn unterschiedlichen Server-Prozessoren verfügbar: vom Intel Xeon Prozessor D-1577 mit 16 Cores bis zum Intel Pentium Prozessor D-1519 für den industriellen Temperaturbereich (–40 °C bis +85 °C).

Die neuen Server-on-Modules bieten auf Basis der COM-Express-Basic-Bauform erstmals Ehternet-Schnittstellen
Bild 4. Die neuen Server-on-Modules bieten auf Basis der COM-Express-Basic-Bauform (95 × 125 mm2) erstmals Ehternet-Schnittstellen mit 10 Gbit/s, 32 PCIe Lanes sowie Headless Server Performance mit aktuell bis zu 16 Server Cores und 48 GB DDR4 ECC RAM.
© congatec

An Arbeitsspeicher bieten die conga-B7XD-Module (Bilder 3 und 4) bis zu 48 GB besonders schnellen 2400-DDR4-Arbeitsspeicher, der je nach Kundenanforderung mit oder ohne Fehlerkorrektur (ECC) ausgestattet ist. Der Verzicht auf eine integrierte Grafikeinheit ist Server-typisch, kommt aber auch der Echtzeitfähigkeit des Gesamtsystems zugute, da dadurch der Determinismus der Prozessorkerne noch einfacher gesichert werden kann.

Das besondere Kennzeichen der neuen congatec Server-on-Modules ist die hohe Netzwerk-Performance mit 2× 10 Gigabit/s Ethernet. Für die Anbindung von Systemerweiterungen inklusive Flash-Speicher führen sie bis zu 24 PCI Express Lanes (Gen 3.0) sowie acht Gen-2.0-Lanes aus. Konventionelle Speichermedien können über 2× SATA 6G angebunden werden. Weitere I/O Interfaces sind USB 2.0 und 3.0, LPC (wird zukünftig durch eSPI ersetzt, was bereits in der COM-Express-Spezifikation 3.0 vorgesehen ist), SPI, I2C sowie UART. Betriebssystem-Support wird für alle gängigen Linux-Distributionen und Microsoft-Windows-Varianten geboten – Microsoft Windows 10 IoT inklusive. Remote-Management-Technologien runden das Feature Set ab.

 

Zu den neuen Server-on-Modules bietet congatec auch die passenden Kühler mit Heatpipes an
Bild 5. Zu den neuen Server-on-Modules bietet congatec auch die passenden Kühler mit Heatpipes an.
© congatec

Kühlkörper aus einer Hand

Da die neuen Server-on-Modules bis zu 65 Watt Leistungsaufnahme haben, müssen Systementwickler hier ganz besonders auf eine effiziente Kühlung, auch für eine gesteigerte Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Chips, achten. Ein gutes Kühlkonzept unterstützt außerdem die Turboboost Features aktueller Prozessoren, die zusätzliche Rechenleistung liefert. Turboboost ermöglicht ein Übertakten der Prozessoren, solange sie kühl genug bleiben. Damit es Entwickler bei der Wärmeabfuhr möglichst einfach haben, definiert die COM-Express-Spezifikation einen Heatspreader als thermische Schnittstelle. Seine ebene Oberfläche ist einfach in industrielle Fog Server zu integrieren und ermöglicht auch schnelle Technologie-Upgrades, ohne die mechanische und/oder elektrische Systemarchitektur ändern zu müssen. Damit ist es auch viel einfacher, den sich ständig ändernden Roadmaps der Chiphersteller zu folgen. Temperatursensoren zur Systemüberwachung werden gemäß der COM-Express-Spezifikation über den I2C-Bus angeschlossen. Eine Spezifikation alleine macht jedoch noch keinen Heatspreader. Spezifikationskonforme Heatspreader und Kühlkörper stellt congatec deshalb passend zu jedem Modul zur Verfügung (Bild 5). Zur Evaluierung der neuen Server-on-Modules stellt congatec auch ein Evaluation Carrier Board bereit. Die Schaltpläne und das Layout dafür sind frei verfügbar und können als Grundlage für eigene Designs verwendet werden.

Umfassender Firmware Support

Neben diesem Hardware-orientierten Support bietet congatec auch umfassenden Firmware- und Middleware Support für IoT-Applikationen an, der zur Embedded World um ein eigenes Embedded IoT API erweitert werden wird, um das IoT Interface zur Embedded Hardware zu standardisieren – Elektronik wird hierüber in einer der nächsten Ausgaben berichten. So lassen sich industriegerechte IoT-Edge- und Fog-Server-Applikationen noch schneller entwickeln. Da congatec für seine Server-on-Modules auch Embedded Design & Manufacturing Services anbietet, sind optional sogar komplette kundenspezifische Systemdesigns schnell umgesetzt. Applikationsdesigner brauchen sich also nicht um die Details des Hardware Design kümmern. Sie können auf den Starter Kits von congatec sofort den RTS Hypervisor sowie die gesamte Embedded Firm- und Middleware testen. Die ersten Prototypen, die sie zumeist sofort für die ersten Feldtests nutzen können, lassen so nicht lange auf sich warten.

 

Der Autor

Dipl.-Ing. (FH) Zeljko Loncaric
studierte Medientechnik, nachdem er eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker bei Bosch abgeschlossen hatte. Erste berufliche Erfahrungen sammelte er im Produktmanagement bei Kontron sowie im Umwelttechnik-Marketing in Australien. Berufsbegleitend absolvierte er ein weiteres Studium zum MBA Unternehmensmanagement und ist jetzt PR Marketing Engineer bei der congatec AG.

 

zeljko.loncaric@congatec.com



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