Fraunhofer FIT

KI optimiert Design von Leiterplatten

6. Mai 2020, 14:35 Uhr | Ralf Higgelke
Fraunhofer FIT
Die modularen Plattformen bestehen aus mehreren Modulen, aus Machine Learning, Deep Learning und Künstlicher Intelligenz. Jedes Modul besteht aus vortrainierten Algorithmen mit verschiedenen Aufgaben. So kann zum Beispiel ein Algorithmus aus der ersten Modulklasse (links) bereits eingehende Daten klassifizieren, als auch aus ihnen Features extrahieren, die wiederum als Input in andere Module fließen.
© Fraunhofer FIT

Da die Anwendungen immer zahlreicher und komplexer werden, nehmen die Anforderungen an Design und Qualitätssicherung von Leiterplatten zu. Durch modulare KI-Plattformen kann das Fraunhofer FIT den Aufwand um bis zu 20 Prozent reduzieren.

Leiterbahnen auf einer Platine werden so eng und geschickt wie möglich für eine Anwendung geplant, ohne dadurch einen Ausfall zu riskieren. Basis dafür ist bisher das Wissen und die Erfahrung der beteiligten Ingenieure, deren Designs in Versuchen getestet werden müssen. Die Ergeb­nisse daraus werden zudem nicht stringent dokumentiert, sodass fehleranfällige De­signs auch mehrmals Tests durchlaufen. Dieser aufwendige Prozess führt zu hohen Kosten.

Anschließend können die fertig entwickelten Designs hohe Anforderungen an die Fertigung stellen. Daher wird jede einzelne Leiterplatte überprüft, zumeist über eine Automatische Opti­sche Inspektion (AOI). Dabei wird über eine Bildanalyse verglichen, ob die Platine wie geplant produziert wurde, und so technische Fehlstellen detek­tiert. Dieses Verfahren erzeugt momentan allerdings eine hohe True-negative-Rate, viele funktionierende Platinen werden leider als fehlerhaft klassifiziert.

Diese müssen dann alle per Hand kontrolliert werden. Dies geschieht sowohl vi­suell, als auch messtechnisch. Die Überprüfung verursacht wiederum hohe Kosten, denn bei ei­ner zu hohen True-negative-Rate werden fehlerfrei Bauteile aussortiert. Bei einer zu klei­nen Rate sind die Folgekosten durch den Einsatz von Fehlteilen hoch. Eine optimierte True-negative-Rate durch menschliche Kontrolle ist schwierig, da auch menschliche Schwä­chen einfließen.

Selbstlernend zum optimalen Auswahlprozess

Wie ein zukünftiger Überprüfungsprozess aussehen kann, zeigt die Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT. Eine Kamera fotografiert wie bei einer herkömmlichen AOI die ge­druckten Leiterplatten. Algorithmen optimieren daraufhin die Entscheidungsqualität. Wichtig ist dabei die Eingabe qualitativ hochwertiger Trainingsdaten. Dafür füttern zunächst Experten die Module für Ma­chine Learning und Deep Learning mit einer guten Datenauswahl.

»Diese modulare Bauweise ermöglicht, aneinander gekoppelte Algorithmen einzuset­zen, die sich selbst verbessern. Durch laufende automatisierte Kontrollen der Bauteile fließen Daten zurück in den Algorithmus und sind Grundlage für einen Selbstlernpro­zess im Modul Künstliche Intelligenz«, so Timo Brune, Projektleiter beim Fraunhofer FIT. »Dieses permanente Feedbacksystem verbessert die Datengrundlage und optimiert die True-negative-Rate. Dadurch können nach ersten Schätzungen aus der Industrie rund 20 Prozent an Produktionsressourcen eingespart werden.«

Das Training der Module kann der Anwender selbst mit seinen Prozess- und Produktionsdaten übernehmen. Das Unternehmen bleibt so immer im Besitz seiner Daten, die nicht etwa an ex­terne Server geschickt werden müssen. Der »Baukasten« aus Algorithmen kann in be­liebiger Kombination auf spezifische Probleme angewandt werden.

Intelligente Entwicklung neuer Bauteile

Die trainierten Algorithmen lassen sich dann auch bereits beim Design neuer Leiterplatten einsetzen. Die Anordnung von Bauteilen auf der Leiterplatte muss dann nicht mehr im Trial-and-Error-Verfahren kosten- und zeitintensiv erfolgen. Der Algorithmus hilft, aus der Vielzahl möglicher Varianten die mit optimaler Funktion vorherzusagen.

Der Ansatz des Fraunhofer FIT, modulare, sich selbst verbessernde Algorithmus-Plattformen für Design und Qualitätskontrolle von Leiterplatten einzusetzen, ist auch für viele weitere elektrische Systeme vorteilhaft. Auch dort wer­den Prozesse so optimiert, dass Zeit- und Produktionskosten in sig­nifikanter Weise eingespart werden können.

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