Elektronik-Dienstleister beziehen Stellung zum VW-Skandal

»Eine kleine Delle werden wir alle spüren«

23. Oktober 2015, 8:57 Uhr | Karin Zühlke
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»Eine Frage des Führungsverhaltens«

Ungeachtet dessen stellen die deutschen Auto-Hersteller besonders hohe Anforderungen an ihre Zulieferer. Wer einen Auftrag aus der Automobilindustrie annimmt, der haftet ohne „Wenn und Aber“ für die Qualität seiner Produkte, auch wenn er in die Entwicklung nicht mit eingebunden war und daher die DFX-Parameter, wie das Design-for-Manufacturing, gar nicht zu verantworten hat oder beeinflussen kann. Wer VW beliefert, muss nicht nur die TS16949, sondern auch die Vorschriften der VW-Norm erfüllen und sich beim Audit durch den Auftraggeber im besten Licht präsentieren. »Bisher habe ich die hohe Reputation der Automobilhersteller gegenüber meinen Mitarbeitern stets als Argumentation herangezogen, um vor einem solchen Audit positive Veränderungsprozesse im Haus einzuleiten. Jetzt ist mir natürlich eine gewisse Argumentationsgrundlage genommen«, gibt Roland Hollstein zu bedenken, Geschäftsführer des EMS-Dienstleisters Grundig Business Systems.

»Eine Frage des Führungsverhaltens«

Der VW-Skandal ist auch eine Frage der Ehre »und erschüttert uns Deutsche in unserern Grundwerten«, bringt es Felix Timmermann auf den Punkt. Kostenvorgaben, Margendruck oder auch außerordentliche Leistungen seien kein Grund, den Betrug von Volkswagen schönzureden, echauffiert sich Rüdiger Stahl, Geschäftsführer von TQ: »Mich ärgert es wahnsinnig, dass so etwas in so einem Unternehmen passieren konnte und über Jahre hinweg von so vielen Menschen gedeckt und hingenommen wurde. Ich kann nur hoffen, dass das dazu beiträgt, die Industrie wachzurütteln. Unehrlichkeit und unlautere Maßnahmen bringen langfristig nichts, sondern verursachen einen immensen Schaden.« Alleine die Tatsache, dass andere deutsche Automarken bei der besagten Prüfung in den USA deutlich bessere Vergleichswerte vorweisen konnten, zeigt, dass es auch anders geht; wohl aber nicht zu den von VW zum damaligen Entwicklungszeitpunkt vorgegebenen Kosten. »Es wirft schon ein seltsames Bild auf die Unternehmenskultur, dass der oder die Verantwortlichen nicht offen thematisieren konnten, wenn Kostenziele nicht erreicht wurden«, sagt Stephan Baur, Geschäftsführer von BMK.

Einziger Ausweg aus diesem Dilemma ist nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer eine transparente Unternehmens- und Führungskultur, und das unabhängig von der Größe des Unternehmens. »Es gibt immer wieder Grenzsituationen, in denen Werte nicht erreicht werden und Mitarbeiter im Zwiespalt sind, und es wird auch immer passieren, dass Dinge schiefgehen, aber es ist eine Frage des Führungsverhaltens, wie man mit so etwas umgeht«, unterstreicht Velmeden.

Wird der Druck auf die Mitarbeiter, bestimmte Ziele zu erreichen, übermäßig groß, steigt auch das Risiko, dass im kleinen oder auch ganz großen Rahmen gemogelt wird. »Deshalb ist es extrem wichtig, dass wir Prinzipien haben, die über kurzfristigen Zielen stehen«, bekräftigt Stahl und verweist dabei auf das eigene Qualitätsleitbild von TQ: Darin sei nicht nur die Qualität verankert, sondern auch Begriffe wie „Ehrlichkeit“ und „Nachhaltigkeit“.

Schlussendlich birgt der Vorfall aber auch Chancen, denn er entfacht die Diskussion um die Zukunft des Dieselantriebes neu und könnte umweltfreundliche Antriebskonzepte wie die Elektromobilität forcieren. »Die Politik muss sich Gedanken machen und alternative Antriebskonzepte fördern«, fordert Weber. Als Beispiel nennt er Norwegen: Dort sind weit über ein Drittel der zugelassenen Autos Elektrofahrzeuge, weil die Regierung zahlreiche Erleichterungen für die Halter solcher Fahrzeuge geschaffen hat.

Johann Weber, Zollner Elektronik
Johann Weber, Zollner Elektronik:» Das Thema wird sicher nicht nur bei VW bleiben, sondern auf die Lieferkette durchschlagen.«
© Markt&Technik

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