In welchen Applikationen sehen Sie Ihr Produkt?
Mit unserem Ansatz bedienen wir Anwendungen im industriellen und gewerblichen Bereich; ein typisches Beispiel ist die Zustandsüberwachung: In einer industriellen Anwendung kann das etwa die Überwachung des pH-Wertes in der Galvanik und die darauf basierende Nachsteuerung sein, um eine gleichbleibende Qualität der Veredelung sicherzustellen. Im gewerblichen Umfeld bieten sich Möglichkeiten wie die Füllstandüberwachung an, etwa eines Backwarenregals, wie man es in Supermärkten vorfindet. Mithilfe von Sensoren wird dabei überwacht, ob noch eine ausreichende Menge an Backwaren vorhanden ist. Beim Erreichen eines Schwellwertes wird dann ganz einfach über eine mobile App der für die Nachfüllung zuständige Mitarbeiter informiert.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist die vorausschauende Wartung, die unter anderem auf der Zustandsüberwachung beruht. So kann zum Beispiel durch Schwingungsanalyse erkannt werden, ob ein Motor noch rund läuft, eine notwendige Reparatur vorausgesehen und so eingeplant werden, dass der Betriebsablauf nur minimal beeinflusst wird.
Ihr Ansatz der vernetzten Sensorik nutzt Single Pair Ethernet als Basis. Glauben Sie, dass es SPE schaffen wird, die bisherigen Verkabelungsstrukturen in der Feldebene zu ersetzen?
Ich bin mir sehr sicher, dass sich dieser Wandel vollziehen wird. Durch die geeignete Verkabelung mit nur einem Adernpaar anstelle von vier hat man einen technologischen Meilenstein erreicht, um die Sensorik anzubinden. Im Auto hat sich SPE bereits etabliert. In der Prozessautomatisierung laufen die Entwicklungsaktivitäten aktuell an, ebenso im industriellen Bereich. Etwas zeitversetzt wird SPE zudem auch interessant für die Gebäudeautomatisierung werden.
Ihre Produkte nutzen hybrides Single Pair Ethernet. Was ist der Unterschied zum SPE mit PoDL?
Hybrides SPE verwendet im Gegensatz zur Variante mit Power over Dataline zwei zusätzliche Adern zur Spannungsversorgung mit 24 V DC. Dadurch werden unter anderem Verkabelungsformen wie die Kaskadierung möglich, die wir mit Power over Dataline nicht abdecken könnten. Später werden wir auch Produkte auf den Markt bringen, die PoDL mit unterstützen; noch ist die Verfügbarkeit vonseiten des Marktes hier aber nicht gegeben.
Wie stellen Sie eigentlich sicher, dass Ihr Konzept kompatibel zu den Produkten am Markt ist?
Wir haben ein agnostisches System entwickelt, dass die Einbindung verschiedener Sensorik und Aktorik ermöglicht. Messfühler und Stellglieder können – unabhängig von Typ oder Hersteller – in der gleichen Art und Weise eingebunden werden; für Kompatibilität ist insofern gesorgt, da nur geringfügige Anpassungen an Hardware und Software notwendig sind, um das Portfolio zu erweitern. Einige Vorteile unseres Systems beruhen auf Technologien wie dem Netzwerkprotokoll IPv6, welches viele Firmen im Markt noch nicht umgesetzt haben. Diesen Firmen bieten wir durch die Einbindung eines Edge Gateways die Möglichkeit, Perinet auch in einem IPv4-basierten Netzwerk zu implementieren. Momentan arbeiten wir auch an einer Lösung, die im SPE-Standard unterstützten Längen der Kabelstrecken deutlich zu erweitern, um mit unserem System auch die Digitalisierung der Prozessindustrie zu ermöglichen.
Wann werden Sie Ihre ersten Produkte verfügbar machen?
Die Einführung unserer „Seamless IoT Connectivity“-Komponenten war ursprünglich für die Sensor+Test Ende Juni geplant. Da diese wie auch alle anderen Messen bis in den Herbst wegen der momentanen Situation ausfällt, werden wir die breite öffentliche Vorstellung als Soft Launch umsetzen und durch Webinare für Marktteilnehmer begleiten.
Das Interview führte Corinna Puhlmann-Hespen
Unter https://www.harting.com/DE/de/Industrial-Ethernet-Trends können Sie sich zum Live-Webinar anmelden, um mehr über Single Pair Ethernet und Perinet zu erfahren.