Moderne Sensorik optimiert Hybrid- und Elektrofahrzeuge

Für hohe Ströme

14. Dezember 2015, 8:32 Uhr | Von Bruno Boury
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Was können Mildhybride?

Neben Vollhybriden, Plug-in-Hybriden und Elektrofahrzeugen gibt es die Kategorie Mildhybride. Sie weisen mehr Funktionen als Mikrohybride auf und haben vergleichsweise viele Gemeinsamkeiten mit Fahrzeugen, die über einen Verbrenner verfügen. Der Unterschied zwischen einem Mild- und einem Vollhybrid liegt darin, dass der Elektromotor das Fahrzeug selbst nicht antreiben kann, weil er nur eine Leistung von 5 bis 20 kW aufweist. Der Verbrennungsmotor übernimmt den Antrieb und der Elektromotor unterstützt zusätzlich als Drehmoment-Assistent. Damit ergibt sich eine um 10 bis 15 Prozent bessere Kraftstoffeffizienz. Vollhybride bieten hier doppelte Werte. Bei Mildhybriden stehen die Fahrzeughersteller immer noch vor dem Ziel, den Motor zu verkleinern und die Emissionen weiter zu reduzieren. Die Vorteile sind allerdings das geringere Gewicht des Kabelbaums, die geringeren Verkabelungskosten und der Wegfall der hohen Isolationsanforderungen bei Hochleistungsbatterien. Die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs und das Fahrerlebnis bleiben davon unberührt. Es geht also um die elektrische Verstärkung des Motors und um die Rückgewinnung kinetischer Energie in einem Netz, das eine niedrigere Spannung aufweist als ein Vollhybrid. Systeme wie Integrated Belt Starter Generator (iBSG), Integrated Motor Assist (IMA) oder Belt-Assisted Starter (BAS) ermöglichen eine sofortige Verstärkung bei der Beschleunigung. Das KERS (Kinetic Energy Recovery System) erhöht die Gesamteffizienz, indem es die Batterie wieder auflädt und/oder elektrische Verbraucher versorgt.

Mildhybride weisen nicht die Kraftstoffeffizienz auf, wie sie Vollhybride bereitstellen. Sie verbessern jedoch Verbrennungsmotoren und sind preislich attraktiv für Käufer. Während ein Vollhybrid 3000 bis 4000 Euro Kosten zu einem Fahrzeug hinzufügt, sind es bei einem Mildhybrid nur etwa 1000 Euro, weil weniger Batterieleistung erforderlich ist. Die Analysten von IHS Automotive gehen deshalb davon aus, dass im Jahr 2020 etwa 15 Prozent aller produzierten HEVs in die Kategorie Mildhybride fallen. Bisher zeigen Mild- und Mikrohy­bride die höchsten Zuwachsraten in Westeuropa. Es scheint, dass in den nächsten Jahren nahezu die Hälfte aller weltweit produzierten Fahrzeuge dieser HEV-Kategorie in Europa verkauft werden. Falls die Leistungsziele, wie sie von Mildhybrid-Wechselrichtern vorgegeben werden, in einem 48-V-System umgesetzt werden, steht außer Zweifel, dass die Ströme Werte von bis zu 200 A erreichen.

Die erheblichen Kosten der Wechselrichter schränken die Umsetzung in Hybrid- und Elektrofahrzeugen ein. Subventionen oder andere Anreize sollen daher den Kauf solcher Fahrzeuge schmackhaft machen. Der Einsatz kleinerer Wechselrichter mit geringeren Leistungsverlusten würde die Kosten für HEVs erheblich verringern. Das hätte großen Einfluss auf den kommerziellen Erfolg, würde den Fahrzeugpreis senken und das Gesamtgewicht minimieren. Diese Wechselrichter würden dann eine wesentlich höhere Leistungsdichte bieten, was Auswirkungen auf die integrierten Stromsensoren hat.

Um die höheren Ströme in heutigen und zukünftigen HEV-Designs messen zu können, hat Melexis seine Integrated-Magnetic-Concentrator-Hall-Serie (IMC) programmierbarer Stromsensor-ICs um einen Baustein erweitert, der Anwendungen mit starken Feldern unterstützt. Der AEC-Q100-qualifizierte MLX91208CAV ergänzt die Low-Field- (CAL) und High-Field- (CAH) Bausteine des Unternehmens. Er kann Ströme über 1000 A messen. Der Baustein wird im platzsparenden SMD-Gehäuse (SOIC8) ausgeliefert. Er unterstützt damit die Entwicklung kleinerer Wechselrichter, wie sie der HEV-Markt fordert.

Integrierter magnetischer ­Konzentrator verbessert Design

Der proprietäre IMC-Aufbau der MLX91208-Sensoren misst den Strom mit hoher Genauigkeit, ohne dafür sperrige externe ferromagnetische Kerne in das Design miteinbeziehen zu müssen. Damit ergibt sich eine kompakte Sensor­lösung. Der IMC-Aufbau konzentriert die magnetische Flussdichte parallel zur Oberfläche des Sensor-IC und an die Randfelder im Zentrum, die proportional zum angelegten Strom sind, damit diese effizienter von den horizontalen Hall-Platten erfasst werden können.

Der IMC ist ein dünner ferromagnetischer Film, der in einem Prozessschritt nach der Wafer-Fertigung auf die Halbleiterschicht aufgebracht wird.

IMC-Aufbau der Stromsensoren von Melexis
Bild 3. IMC-Aufbau der Stromsensoren von Melexis.
© Melexis

Damit ergeben sich zahlreiche Vorteile, wie eine magnetische Verstärkung, die im Vergleich zu vertikalen Hall-Platten den Signal-Rausch-Abstand verbessert. Die Hysterese wird minimiert, weil hochqualitative Legierungen im Wafer Level Post-Process (WPP) zum Einsatz kommen. Ein Konzentrator, der im WPP gefertigt wird, ist erheblich kostengünstiger als ein sperriger externer Konzentrator von vergleichbarer Qualität.

Die integrierte Version macht darüber hinaus eine komplexe Montage überflüssig. Um Übersprechen durch parallele Stromleiter in nächster Nähe zu verhindern, sind die IMC-Hall-Sensoren mit magnetischen Abschirmungen ausgestattet. Ihr Einbau ist wesentlich effizienter als der von größeren, schwereren und teureren Kernen, die sonst für Strommesstechniken erforderlich sind. Eine U-förmige Anordnung erlaubt zudem eine vertikale Stapelung und somit eine einfachere Montage (Bild 3).

Damit bietet der MLX91208CAV eine kostengünstige, monolithisch integrierte, einfach integrierbare Lösung zur Strommessung, um die HEV-Anforderungen zu erfüllen. Der Baustein stellt die in High-Voltage-Anwendungen erforderliche galvanische Trennung bereit und eliminiert zusätzliche Leistungsverluste, wie sie mit der Shunt-Technik einhergehen. Das trifft vor allem auf Anwendungen mit hohen Strömen zu, wenn der Strom im Quadrat in die Leistungsberechnung eingeht.

Die neuen 48-V-Hybridsysteme sorgen für einen geringeren Kraftstoffverbrauch und senken die Emissionen, ohne dass der Endverbraucher große finanzielle Ausgaben tätigen muss. Die relativ hohen Kosten von Automotive-Wechselrichtern haben die breite Marktdurchdringung von HEVs bisher verhindert. Das Interesse an kleineren Wechselrichtern ist aus diesem Grund enorm. Durch die Einführung der Mildhybride kann der Nutzer Vorteile der Hybridisierung zu nutzen, ohne zu hohe Kosten aufwenden zu müssen. Automobilhersteller können die Kosten und das Gewicht einsparen, das mit Vollhybriden einhergeht, und somit den Kraftstoffverbrauch verringern. Durch kompaktere Elektromotoren und kleinere Batterien sind diese Fahrzeuge in der Lage, einen Wettbewerbsvorteil im HEV-Markt zu erlangen. Neue Bauteile und Komponenten unterstützen die im HEV-Sektor erforderliche höhere Leistungsdichte und die höheren Betriebstemperaturen.

 

Der Autor

Bruno Boury
 
studierte Elektrotechnik, Bereich Mikroelektronik an der Katholieke Universiteit Leuven. Nach seinem Studium begann er 2007 bei Melexis als Design-Ingenieur. Von 2009 bis 2012 arbeitete er als Applikations-Ingenieur im Bereich Hall-Sensoren. Seit 2012 ist er bei Melexis als Product Line Manager Magnetic Sensing tätig.

 

  1. Für hohe Ströme
  2. Was können Mildhybride?

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu MELEXIS N.V.

Weitere Artikel zu MELEXIS TECHNOLOGIES NV

Weitere Artikel zu Sensoren & -systeme

Weitere Artikel zu E-Mobility und Infrastruktur