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UWB-Technik macht vernetzte Fahrzeuge schwerer zu knacken

14. August 2024, 13:10 Uhr | Autoren: Brian Carlson, Bernhard Großwindhager und Marc Manninger; Redaktion: Irina Hübner
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Autos werden mit jeder Generation intelligenter. Eine Vielzahl von Sensoren und Technologien trägt dazu bei, dass Fahrzeuge nicht nur vernetzter und sicherer werden, sondern auch mehr Funktionen bieten als je zuvor. Ein Beispiel hierfür ist UWB.

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Unser Alltag wird immer vernetzter. Mobile Geräte und die Kommunikation zwischen ihnen ermöglichen smarte Umgebungen, wo immer wir uns aufhalten – zu Hause, im Auto oder in der Stadt. Sensoren sorgen dafür, dass im Smart Home sowie im vernetzen Fahrzeug einzelne Komponenten miteinander kommunizieren. Im Connected Car profitieren die Fahrerinnen und Fahrer dadurch von einer ganzen Reihe von Vorteilen.

Die Revolution der Vernetzung

Bluetooth, Wi-Fi, NFC und 4G LTE haben in den letzten Jahren den Weg für die Konnektivität von Fahrzeugen geebnet. Immer bessere Navigationslösungen beziehen über 4G LTE zusätzliche Daten und arbeiten nicht mehr nur GPS-gestützt. Da die Fahrzeuge in Echtzeit auf diese Daten zugreifen, werden die Verkehrsinformationen viel genauer und die Routenführungen effizienter. Zudem profitieren Fahrer von Elektrofahrzeugen von zusätzlichen Daten, indem sie etwa während der Fahrt verfügbare Ladestationen angezeigt bekommen.

Auch Infotainmentsysteme stellen über Bluetooth oder Wi-Fi eine Verbindung zu Smartphones her. Sie bieten Fahrern personalisiertes Musikstreaming oder bringen Smartphone-Apps auf den Bildschirm. Unter der Oberfläche verbergen sich weitere, weniger offensichtliche Technologien für die Vernetzung des Fahrzeugs. So verbinden sich die Fahrzeuge dank 4G LTE mit einem Telekommunikationsnetzwerk, um beispielsweise bei einem Unfall automatisch den Notruf zu kontaktieren. Andere Sensoren unterstützen bei der Wartung des Autos, zum Beispiel das Reifendruckkontrollsystem (RDKS) oder die Selbstdiagnose, die bei mechanischen Problemen das Servicezentrum kontaktiert.

UWB macht Autodieben das Leben schwerer

Ultrabreitband-Technik (Ultra-Wideband, UWB) verspricht im Automobilsektor eine noch bessere Konnektivität, denn UWB kann Entfernungen zwischen zwei UWB-unterstützen Geräten sowie die Signalempfangsrichtung genau bestimmen und ist sicher, schnell und effizient. Die auch in Smartphones eingesetzte Technik kann beispielsweise den herkömmlichen Autoschlüssel ersetzen. Die exakte Ortung mit UWB gewährleistet eine besonders hohe Sicherheit bei der Nutzung dieses Schlüssels. Autobesitzer müssen nicht einmal mehr ihr Smartphone aus der Tasche holen, sondern die Fahrertür öffnet sich automatisch, sobald sie sich dem Fahrzeug nähern.

Durch UWB wird eine Sicherheitslücke bestehender Schlüsselsysteme geschlossen, denn die bisher häufig verwendeten Drahtlos-Technologien sind im Vergleich anfälliger für Angriffe. Mit UWB hingegen ist es nicht mehr möglich, dem Fahrzeug zu suggerieren, der Schlüssel befinde sich in der Nähe, obwohl das nicht der Fall ist. Aus diesem Grund setzen immer mehr Hersteller auf UWB-basierte Smart-Key-Lösungen.

Radar für mehr Insassensicherheit

Der Halbleiterhersteller NXP hat eine Technik entwickelt, mit der UWB sowohl zur Distanzmessung zwischen zwei aktiven Geräten als auch in einem Radarmodus betrieben werden kann. UWB-Radar bietet weitere Funktionen neben dem Fahrzeugzugang. Er kann die Umgebung scannen und dabei kleinste Bewegungen von Objekten wahrnehmen. Für die Berechnung von Entfernungen und die Erkennung von Objekten ist daher nur noch ein aktives Gerät notwendig.

Darüber hinaus eröffnet UWB-Radar noch zahlreiche weitere Einsatzfelder: Hersteller wollen UWB-Radar beispielsweise als Teil von Warnsystemen zur Insassenerkennung einsetzen, um Kleinkinder vor einem Hitzschlag im geparkten Auto zu schützen (Child Presence Detection, CPD). Ab 2025 führt das Europäische Programm zur Bewertung von Neuwagen (Euro NCAP), ein freiwilliges europäisches Programm zur Bewertung der Sicherheit von Fahrzeugen, Bewertungspunkte für die Erkennung der Anwesenheit von Kindern ein. Ein UWB-Radarsystem kann den Innenraum des Fahrzeugs scannen und den Fahrer benachrichtigen, sollte es Lebenszeichen innerhalb des Autos erkennen, die auf eine im geparkten Fahrzeug befindliche Person hindeuten.

Geeignet für Such- und Rettungseinsätze

UWB arbeitet mit vergleichsweise niedrigen Frequenzen von 6 bis 8 GHz und durchdringt so auch feste Materialien im Fahrzeuginneren, wie zum Beispiel Trennwände, Babydecken und sogar Autositze. Dadurch kann es über den Rücksitz hinaus bis in den Laderaum scannen. Bei Ultrabreitband kann auch der Doppler-Effekt genutzt werden, um die Geschwindigkeit eines Objekts zu berechnen und erkennt so auch schwache Bewegungen wie etwa die Atmung eines Säuglings präzise. Aufgrund dieser Fähigkeit wurde UWB-Radar bereits von Such- und Rettungsteams zur Ortung verschütteter Personen eingesetzt.

Es gibt zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten für UWB-Radar, um zusätzliche Sensoren einzusparen. Als Erweiterung des Warnsystems zur Insassenerkennung (CPD) kann UWB-Radar etwa falsche Anschnallwarnungen (zum Beispiel beim Abstellen von Taschen auf den Sitzen) verhindern. Mithilfe der Gestenerkennung durch UWB kann das Fahrzeug die Türen oder den Kofferraum automatisch öffnen, wenn es beispielsweise eine Trittbewegung erkennt. Gemeinsam haben all diese Anwendungsfälle, dass dabei bereits für den digitalen Autoschlüssel installierte UWB-Hardware – sogenannte Anker – wiederverwendet werden können.  Somit ergeben sich enorme Ersparnisse für den Automobilhersteller. Die Weiterentwicklung softwaredefinierter Fahrzeuge wird noch weitere Einsparmöglichkeiten mit sich bringen.

Höchste Sicherheitsstandards für Hersteller

Die zunehmende Konnektivität erfordert ein besonderes Augenmerk auf Sicherheit und Interoperabilität. Es ist wichtig, dass standardisierte und sichere Protokolle für die Kommunikation der Geräte untereinander vorhanden sind. Dabei muss eine Vielzahl internationaler Sicherheitsstandards eingehalten werden. Dazu zählen die DSGVO, allgemeine Cloud-Vorschriften und automobilspezifische Protokolle von Gremien wie dem Car Connectivity Consortium (CCC).

Die Sicherheit ist immer nur so gut wie die anfälligsten Komponenten. Daher stand das Automobil-Ökosystem in den letzten zehn Jahren vor zahlreichen Herausforderungen. Viele Fahrzeuge wurden Opfer von Cyberangriffen, weil Sicherheit nicht ausreichend berücksichtigt wurde, wie beispielsweise beim passiven Fahrzeugzugang mit herkömmlichen Autoschlüsseln.

Entwicklung und Einhaltung gemeinsamer Standards ist unerlässlich

Hersteller müssen neben dem Fahrzeug selbst weitere Elemente der Infrastruktur im Blick behalten, da die Sensoren unter anderem mit Smartphones, Ladepunkten und anderen Fahrzeugen kommunizieren. Sicherheitsaspekte sind über das gesamte Ökosystem hinweg zu berücksichtigen. Deshalb arbeiten Fahrzeughersteller mit verschiedenen Branchen zusammen, darunter Smartphone-Hersteller, Automobilzulieferer, Halbleiterhersteller und Infrastrukturanbieter.

Die Automobilindustrie muss den sicheren Betrieb aller Komponenten über den gesamten Lebenszyklus hinweg gewährleisten. Im Gegensatz zu kurzlebigen Produkten wie Smartphones bleiben Fahrzeuge über längere Zeit sowohl im Handel als auch in Benutzung und haben einen wesentlich längeren Entwicklungszyklus. Es reicht nicht aus, Sicherheitsprotokolle in einzelne Sensoren oder Komponenten einzubauen. Da Hacker ständig nach Schwachstellen suchen, müssen Hersteller ihre Sicherheitsmaßnahmen auf das gesamte Ökosystem ausdehnen und darüber hinaus für regelmäßige Aktualisierungen und Anpassungen sorgen.

Intelligentere Fahrzeuge sind sicherer und komfortabler

Trotz der zahlreichen Herausforderungen sieht die Zukunft für die Automobilindustrie und Endverbraucher vielversprechend aus, denn intelligente Konnektivität und Kommunikationsstandards verbessern die Sicherheit für Insassen, verringern das Unfallrisiko, ermöglichen einen besseren Schutz vor Aufbruch und Diebstahl und tragen zu einem besseren Fahrerlebnis bei. Technologien wie UWB machen all das möglich. Gleichzeitig helfen sie Herstellern, Kosten und Ressourcen zu optimieren, indem sie Sensoren für mehrere Aufgaben nutzen, und bieten Endverbrauchern einen echten Mehrwert.

 


Die Autoren

Brian Carlson ist Director, Global Product and Solutions Marketing bei NXP Semiconductors. Bernhard Großwindhager und Marc Manninger sind beide als Senior Product Marketing Manager bei NXP Semiconductors tätig.


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