Reale und virtuelle Welt verschmelzen zu einer neuartigen Fahrererlebniswelt

Besser als die Wirklichkeit

20. April 2012, 10:11 Uhr | Axel Jansen, Dr. Wolfgang Spießl und Gunnar Franz
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Das Head-up-Display – Flugzeugtechnik im Fahrzeug

Die Geschichte des Head-up-Displays reicht zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Bereits damals wussten Flugzeugpiloten in die Kanzel eingespiegelte Informationen zu schätzen. Erst Ende der 80er Jahre fand man erste HUDs im Fahrzeug, damals noch mit Technologien, die für einen breiten Einsatz kaum geeignet waren.

Ein HUD funktioniert ähnlich einem Blick in den Spiegel: Das Spiegelbild des Betrachters scheint im selben Abstand im Spiegel zu sein, wie der Betrachter davor steht. Ist der Spiegel nun nur eine Glasscheibe, sieht der Betrachter sich selbst und gleichzeitig die Welt hinter der Scheibe. Kippt man dann die Oberkante der Glasscheibe zum Betrachter, sieht dieser irgendwann beim Blick geradeaus seine Füße vor sich. Läge nun zwischen den Füßen ein Display mit Navigations-, Geschwindigkeits- oder Gefahrenanzeigen darauf, wäre das HUD fast fertig.

Im realen Fahrzeug wird mit einem Hohlspiegel ein kleines Display zu einem großen Bild vergrößert. Das spart Platz und ermöglicht es, die Krümmungen der Windschutzscheibe zu kompensieren, damit das Bild verzerrungsfrei und scharf abgebildet wird. Weitere optische Elemente können notwendig werden, um den Bauraum im Cockpit optimal zu nutzen.

Das Display selbst muss sehr leuchtstark sein, da das Bild stark vergrößert wird und auch bei hellem Umgebungslicht gut ablesbar sein soll. Diese Prämissen führen zu einer erforderlichen Display-Helligkeit von bis 75.000 cd/m². Das stellt besondere Herausforderungen an das Lichtmanagement, um Leistungsaufnahme und somit Kühlkörpergewicht zu reduzieren. Zum Einsatz kommen heute effiziente weiße LEDs, ausgefeilte Lichtleitoptiken und modifizierte LTPS-TFT-Displays mit einer Größe von ca. 40 mm × 20 mm sichtbarer Fläche. Das nach Vergrößerung am Hohlspiegel und Umlenkung an der Windschutzscheibe entstehende Bild ist dann ca. 200 mm × 100 mm groß und steht knapp über der Motorhaube in gut zwei Meter Entfernung vom Fahrerauge.

Ein derartiges HUD für die genannte Bildgröße benötigt etwa fünf Liter Bauraum. Die Integration eines solchen Projektors in das Cockpit kann durch geschickte Abstimmung der Klimatisierungs-, Steifigkeits- und Montage-Konzepte realisiert werden. Ein wesentlicher Partner für eine erfolgreiche Integration des HUDs ist das Design. Im Innenraum bestimmt die Formensprache Bild- und Projektorlage des HUD, außen beeinflussen Anstellwinkel und Krümmungsverlauf der Frontscheibe sowie die Fahrzeugproportionen die Bildqualität und die benötigte Projektorgröße.

Für kontaktanaloge Anzeigen besteht nun die nächste große Herausforderung darin, ein deutlich größeres Bild darzustellen. Ziel ist es, mit dem HUD-Bild die eigene Fahrspur plus zumindest Teile der beiden benachbarten Spuren zu überdecken, um z.B. beim Anwendungsfall Navigation den optimalen Fahrstreifen direkt anzeigen zu können oder im Fall der Aktiven Geschwindigkeitsregelung das Vorderfahrzeug zu markieren und den gewünschten Sollabstand auf der Fahrbahn darzustellen. Zusätzlich muss das HUD-Bild deutlich nach oben Richtung Horizont wandern, um Informationen mit der notwendigen

Vorausschau zu liefern. Eine weitere deutliche Änderung ist die Projek­tionsentfernung. Diese muss von zwei auf größer 15 m wachsen, damit das Auge sowohl die virtuellen Anzeigen im Head-up-Display als auch die reale Straße sehen kann und ggf. den dargestellten Navigationspfeil als zur Straße zugehörig empfindet.

Bild 7. Vergleich von Bildlage und -größe zwischen aktuellen (blau) und möglich künftigen (gelb) Head-up-Displays.
Bild 7. Vergleich von Bildlage und -größe zwischen aktuellen (blau) und möglich künftigen (gelb) Head-up-Displays.
© BMW Forschung

Dazu könnte man auch entsprechend HUDs mit 12 bis 15 l Bauvolumen bauen, die sich allerdings nur schwer in Serienmodelle integrieren ließen. Deshalb müssen neue Optikkonzepte und Technologien zum Einsatz kommen, die auf Grundlage des heute verwendeten Bauraums deutlich größere Bilder erzeugen können (Bild 7). Entsprechende Programme mit Forschungs- und Entwicklungspartnern arbeiten darauf hin und sind mit den Entwicklungsaktivitäten zur Anzeigegestaltung und der Datenhandhabung eng vernetzt.

Echte kontaktanaloge Anzeigen sind nur mit einem im Fahrzeug integrierten HUD und im Fahrzeug integrierten Fahrerassistenz- und Fahrerinformationssystemen realisierbar.


  1. Besser als die Wirklichkeit
  2. Passgenaue Deckung von virtueller und realer Welt
  3. Kontaktanaloge Anzeige von Navigationshinweisen
  4. Das Head-up-Display – Flugzeugtechnik im Fahrzeug
  5. Anzeigekonzept und Absicherung
  6. Die Autoren:

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