Ein wichtiger Anwendungsfall für die neue Art der Darstellung ist die kontaktanaloge Anzeige von Navigationshinweisen im Fahrzeug. Sobald sich das Fahrzeug einem Navigationsmanöver wie z.B. dem Abbiegen an einer Kreuzung nähert, werden dem Fahrer die notwendigen Navigationshinweise direkt auf der Straße angezeigt.
Durch die kontaktanaloge Darstellung hat der Fahrer den Eindruck, als würden die dargestellten Hinweise, wie etwa der Hinweis auf ein bevorstehendes Abbiegen, direkt auf der Kreuzung liegen und in die entsprechende Zielstraße zeigen. Der Fahrer ist nicht länger gezwungen, abstrakt dargestellte Informationen auf die reale Straßensituation vor ihm zu übertragen. Der Autofahrer ist besser informiert und kann dadurch vorausschauender und souveräner fahren. Eine erste prototypische Realisierung eines kontaktanalogen Head-up-Displays der BMW Group verfügt über eine etwa viermal so große Bildfläche wie aktuelle Head-up-Displays. Dies ermöglicht bereits das scheinbare Anheften von Navigationshinweisen an dem momentan befahrenen Fahrstreifen.
Für ein optimales Navigationserlebnis bei konsequenter Ausnutzung der kontaktanalogen Möglichkeiten ist eine nochmals deutlich größere Bildfläche erforderlich. Diese ermöglicht es, Hinweise für den Fahrer so zu präsentieren, dass diese den Eindruck entstehen lassen, als lägen sie auf den benachbarten Fahrstreifen.
Sobald sich der Fahrer einem Manöver nähert, wird er zunächst auf dieses bevorstehende Manöver hingewiesen. Dazu wird dem Fahrer – wie in klassischen Wegführungsansätzen auch – ein akustischer Hinweis sowie eine Piktogrammdarstellung des Manövers mit der Angabe der Entfernung präsentiert. Anschließend wird der Fahrer auf das Manöver vorbereitet, indem er auf den optimalen Fahrstreifen geführt wird.
Da es neben den kontaktanalogen Anzeigen im zukünftigen HUD auch weiterhin Informationen in entweder klassischer Textform oder abstrakter Form geben wird, der Fahrer nicht ständig nach kontaktanalogen Informationen suchen soll und es trotz der erweiterten Anzeigefläche nicht möglich sein wird, an allen Orten kontaktanaloge Hinweise darzustellen, werden alle benötigten Fahrstreifenwechsel mithilfe abstrakter Symbole in der 2D-HUD-Ebene eingeleitet. Diese Symbole deuten in die jeweilige Richtung des Fahrstreifenwechsels (Bild 2).
Sobald die Markierungen bzw. Begrenzungen des optimalen Fahrstreifens im darstellbaren Bereich des HUDs sind, wandelt sich das abstrakte Fahrstreifenwechselsymbol in die Markierung dieses Fahrstreifens. Dazu „wachsen“ aus dem Symbol die beiden Fahrstreifenränder links und rechts ausgehend vom Symbol hin zum Horizont (Bild 3). Diese kurzzeitige Animation dient zum einen der gewünschten Aufmerksamkeitsbindung, da der optimale Fahrstreifen für den Fahrer gut zu erkennen ist. Zum anderen dient er dem kontrollierten Übergang der Anzeigen von der klassischen abstrakten Darstellung hin zur kontaktanalogen Darstellung.
Anschließend kann der Fahrer, falls nötig, den Fahrstreifen wechseln und dem Verlauf des optimalen Fahrstreifens bis hin zum Manöver folgen. Sobald er sich dem Ort des Manövers, etwa der entsprechenden Kreuzung, nähert, wird ihm ein Manöverimpuls präsentiert. Dieser baut sich in einer kurzen Animation schrittweise aus den beiden Fahrstreifenmarkierungen links und rechts auf (Bild 4). Diese Dynamik vermittelt dem Fahrer die zeitliche Nähe des Manövers und lenkt gleichzeitig seine Aufmerksamkeit an den Ort des Manövers.
Außerdem soll der Fahrer nicht dazu animiert werden, seine Aufmerksamkeit auf einen Bereich unmittelbar vor seinem Fahrzeug zu lenken, sondern auf den entsprechenden Vorausschaubereich. Bei Annäherung an die Kreuzung verwandelt sich die Darstellung des Manöverimpulses deshalb wieder in eine abstrakte Pfeilsymbolik.
Dieses Piktogramm wandert dann in einer kurzen, aber deutlichen Animation aus der Umgebung zurück in die 2D-HUD-Ebene (Bild 5).
Die kontaktanaloge Darstellung wird also nur benutzt, während der Fahrer auf das Manöver vorbereitet wird, und zur Darstellung des Manövers sowie des Ortes unmittelbar vor der Ausführung des Manövers. Nachdem dem Fahrer der Ort und die Art des Manövers mitgeteilt wurden, wird die kontaktanaloge Darstellung in umgekehrter Art und Weise aufgehoben, wie sie entstanden ist.
Dabei berechnet das System mithilfe der digitalen Karte die optimale Route zum gewählten Ziel. Diese Route wird mittels aufwändiger Algorithmen und zusätzlicher Karteninformationen verfeinert. Für die gesamte Route werden der optimale Fahrstreifen sowie die letztmöglichen Punkte zum Fahrstreifenwechsel bestimmt. Anschließend werden aus der Route die für den Fahrer relevanten Fahrmanöver extrahiert. Während sich das Fahrzeug bewegt, erfolgt durch eine intelligente Kopplung von GPS und Radsensoren eine permanente zuverlässige Positionsbestimmung (Bild 6). Diese Position wird anschließend durch Map-Matching-Verfahren in der digitalen Karte abgebildet. Durch die Fusionierung der Signale eines Kamerasystems mit zusätzlichen Informationen aus der digitalen Karte lässt sich der aktuell befahrene Fahrstreifen bestimmen und verfolgen.
Ein ständiger Abgleich zwischen der aktuellen Position und dem befahrenen Fahrstreifen mit der gewählten Route erzeugt die entsprechenden Hinweise für den Fahrer, falls ein Eingreifen, z.B. in Form eines Fahrstreifenwechsels, notwendig wird. Aus diesen Hinweisen werden im Anschluss von einer 3D-Engine mithilfe der Informationen aus dem Fahrzeugumfeld die Navigationsgrafiken perspektivisch korrekt erzeugt. Über die beschriebene digitale Videoschnittstelle werden diese Grafiken an den Anzeigenverbund übertragen und anschließend am entsprechenden Ort im Head-up-Display zur Anzeige gebracht.