Die Vereinten Nationen befürchten, dass die jährliche Zahl der Verkehrstoten bis 2020 weltweit von 1,3 auf 1,9 Millionen steigt. Sie haben allerdings als Ziel formuliert, diese Zahl bis Ende der Dekade auf 0,9 Millionen zu senken. Lebensretter Nummer 1 ist Bohr zufolge bislang der Schleuderschutz ESP. Doch Bosch hat sich weitere ehrgeizige Ziele gesetzt: das möglichst unfallfreie und automatisierte Autofahren. Mehr als 5000 Ingenieure arbeiten derzeit im Unternehmen an der Weiterentwicklung von Sicherheits- und Fahrerassistenzsystemen. Drei Entwicklungslinien zeigen dabei deutliche Fortschritte:
Schon jetzt erzielt Bosch mit Sicherheits- und Fahrerassistenzsystemen einen Umsatz von fünf Milliarden Euro, bei einem jährlichen Wachstum von 10 Prozent. Dieser Zuwachs geht vor allem auf das Konto des Fahrerassistenz-Markts, getrieben durch ein neues Ratingschema in der Fahrzeugsicherheit. Ab 2014 werden Neuwagen nur noch dann die Höchstnote bekommen, wenn sie mindestens einen Fahrerassistenz-Sensor an Bord haben. Radarsensoren stehen derzeit kurz vor dem Masseneinsatz. Seit 2000 produziert, wurde die erste Mio. in diesem Jahr geschafft, die zweite soll bis 2014 folgen und zehn Mio. werden voraussichtlich schon 2016 erreicht. 2014 bringt Bosch eine Stereovideokamera in Serie, die räumlich sehen kann. Damit wird erstmals mit nur einem Sensor eine automatische Notbremsung für den Fußgängerschutz möglich. Allerdings gibt Bohr auch zu, dass noch viele weitere Entwicklungsschritte notwendig sind, um die Komplexität des innerstädtischen Straßenverkehrs technisch zu beherrschen.
Derzeit dreht im Testzentrum Boxberg ein Prototyp vollautomatisch seine Runden. Entscheidend ist die sichere Integration aller Funktionen im Zusammenspiel von Sensoren, Aktoren und Steuergeräten in das Gesamtsystem Auto. Daran arbeiten zwei Teams, eins für die Funktionsentwicklung in Palo Alto und eins für die Systementwicklung in Abstatt. Folgende Herausforderungen hat Bohr ausgemacht:
Realisieren lässt sich diese Aktualität nur, wenn die Fahrzeuge auch untereinander ständig Umfeldinformationen austauschen, sei es über Glätte oder Baustellen. Automatisiertes Fahren muss auch vernetztes Fahren sein. Die Car-to-Car-Communication macht einige der kommenden Sicherheitsfunktionen erst möglich. Ein Kreuzungsassistent setzt laut Bohr voraus, dass sich mindestens 50 Prozent der Fahrzeuge im fließenden Verkehr am Datenaustausch beteiligen.