Chancen & Hürden des EU-Mega-Projektes

Wann kommt Gaia-X auf den Shopfloor?

24. Juni 2021, 11:20 Uhr | Ute Häußler
© Markt & Technik (uh)

Die souveräne Dateninfrastruktur Gaia-X verspricht europäischen Unternehmen eine sichere Digitalisierung – und schwankt doch zwischen Hoffnung und Bangen. Die Hürden scheinen noch riesig, wie genau das Mega-Projekt in die Praxis kommt. Wir beleuchten per Umfrage die Erwartungen und Befürchtungen.

Gaia-X soll datengetriebene Geschäftsmodelle in die Industrie, die Fertigung und den Mittelstand bringen. Für Andreas Weiss vom Verband der Internetwirtschaft Eco als Koordinator der EU-Initiative geht es bei Gaia-X um das Edge und dezentrales Denken. »Auf dem Shopfloor geht es um Menge, Qualität und Kosten. Gaia-X ist als souveräner Datenaustausch in autonomen, selbstbestimmten Gruppen nach dem förderalen Prinzip und mit Datenräumen als ‚Infrastructure as a Service‘ ein dringend benötigter alternativer Entwurf zum Hyperscaler-Ansatz.«

In den letzten 20 Monaten, nach Vorstellung des europäischen Großprojektes auf dem Digitalgipfel 2019 wurden Gremien aufgebaut, Förderkonzepte installiert und neue Mitglieder auf die europäischen Standards verpflichtet. Am 7. Juni wurde das neue, 24-köpfige Board of Directors unter der Leitung des Deutschen Maximilian Ahrens, CTO von T-Systems, gewählt. Als technische Basis wurden in einer ersten Spezifikationsrunde vier Federation Services definiert.

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Gaia-X Cloud Edge Digitalisierung Industrie 4.0 IIoT
Susanne Dehmel sitzt im neuen Board of Directors von Gaia-X.
© Bitkom

Als »zentrale Herausforderung« von Gaia-X auf dem Weg zum digitalen Shopfloor sieht die Datenschutz- und IP-Expertin Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung beim Digitalverband Bitkom und Teil des neuen Board of Directors, »die konkrete Integration der Federation Services (IT) mit der Produktionstechnologie (OT)«.

Die Federation Services sind das Herzstück des Architektur-Designs von Gaia-X. In den vier definierten Services geht es um digitale Identitäten, die verfügbaren Katalogdienste, souveränen Datenaustausch und Compliance. Die Spezifikationsdokumente der Ende Mai veröffentlichten Grundsäulen des Ökosystems sind auf GitLab öffentlich abruf- und einsehbar und sollen bis Ende des Jahres in Quellcode, eine sogenannte Alpha-Version der Gaia-X-Software, umgesetzt sein.
»Wir müssen schauen, ob dieses sportliche Ziel erreicht wird«, sagt Heinz-Joachim Schmitz, CTO von IBM in der DACH-Region. Über ein 13,5 Millionen Euro schweres Förderpaket werden derzeit 17 Arbeitspakete zur Umsetzung der Federation Services zugewiesen.

Gaia-X Cloud Edge Digitalisierung Industrie 4.0 IIoT
Andreas Weiss sieht bei der Umsetzung von Gaia-X in die Praxis noch große Herausforderungen: »Das sind dicke Bretter, die wir da bohren.«
© eco

Für Andreas Weiss vom koordinierenden Eco-Verband steht das resultierende Softwarepaket damit eigentlich schon fest, doch er fügt hinzu: »Am Ende müssen die 17 Gewerke zusammenpassen. Um Redundanzen und Divergenzen zu vermeiden, werden wir 2022 in eine zweite Spezifikationsphase und Reviews starten.« Ziel sind laut Weiss »minimalinvasive Anpassungen« durch Überprüfung des Open Source Codes, des technischen Zusammenspiels, durch API-Testing in den Hubs, auf den Demonstratoren sowie in Gruppen und Hackathons.

Die Federation Services seien »als Einigungsebene ein gute Basis und böten ein Mindestmaß an Sicherheit«, sagt Keran Sivalingam von der SmartFactory-KL. In dem Kaiserslauterner Gaia-X-Testbed wird erprobt, wie die Anbindung der Infrastruktur über Gaia-X in der Praxis programmiertechnisch aussehen kann. Das Testbed auf dem Shopfloor soll Fertigern dienen, Gaia-X »am allgemeinen Regelwerk entlang« umzusetzen sowie auch domainspezifische Anforderungen wie spezielle Schnittstellen für Industrie 4.0 zu berücksichtigen.


  1. Wann kommt Gaia-X auf den Shopfloor?
  2. Zertifizierung und Akkreditierung offen
  3. KMU müssen sich Gaia-X-fit machen

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