Die Strategie von IBM basiert auf mehreren Säulen. Die erste umfasst die Blockchain-Kerntechnik. Hier setzt IBM auf die Hyperledger-Plattform von Linux auf: »Im Enterprise-Umfeld gibt es meiner Meinung nach zur Hyperledger Fabric keine Alternative, etwa was die Anforderungen an die Datenverschlüsselung angeht. Aber auch für die übrigen Anforderungen, angefangen von der Zeit und dem Energieaufwand zur Abwicklung der Transaktionen bis hin zu den Validierungsverfahren bietet diese Plattform die Möglichkeiten, den Anforderungen im
industriellen Umfeld entsprechen zu können«, sagt Oliver Gahr.
Blockchain as a Service
Auf der darüber liegenden Stufe befasst sich IBM mit »Blockchain as a Service«. Damit ist die gesamte Umgebung gemeint, die erforderlich ist, um Blockchain-Systeme in der Cloud abbilden zu können. Dazu hat IBM auch die Hardware-Voraussetzungen geschaffen, um die die eigene »IBM Blockchain Plattform« auf den speziell dafür optimierten Mainframes laufen lassen zu können.
Deshalb hat IBM die 2017 angekündigte Mainframe-Familie z14 erweitert: Die Systeme ZR1 und IBM LinuxONE Rockhopper II bieten eine Vielzahl von Komponenten und Features wie zum Beispiel ein neues Prozessorboard sowie Karten-Designs, entscheidend für die Anpassung der Z-Technologie an das Single-Frame-Design. Entwickelt wurden sie im deutschen Labor von IBM in der Nähe von Stuttgart. Sie liefern 10 Prozent mehr Leistung als der Vorgänger z13s und zweimal mehr Speicher (8 TB). Damit kommen sie auf mehr als 850 Millionen vollständig verschlüsselte Transaktionen pro Tag auf einem einzigen System (z14 ZR1) – das sind rund 10.000 pro Sekunde. Insgesamt konnte durch ein komplettes System-Redesign trotz der Performance-Verbesserungen der Raumbedarf im Rechenzentrum um 40 Prozent reduziert werden. Die Docker-zertifizierte Infrastruktur für Docker EE mit integriertem Management und getesteter Skalierung auf bis zu 330.000 Docker-Container ermöglicht Entwicklern das Erstellen von Hochleistungsanwendungen und integriert eine Micro-Services-Architektur ohne Latenz- oder Skalierungsbeschränkungen (Rockhopper II).
Das System z14 ZR1 kann die Grundlage für eine IBM Cloud Private-Lösung bilden, indem es Speicher, Netzwerke und andere Elemente im gleichen physischen Raum wie der Mainframe-Server zusammenführt und so ein »Data Center in einer Box« schafft.
Auf die Einbindung der Blockchain kommt es an
Auf einer dritten Stufe schneidet IBM diese System auf die jeweils spezifischen Anforderungen zu und bezieht auch die Anforderungen mit ein, die über die eigentliche Blockchain hinausgehen. Etwa die Systeme, die die Daten sammeln und dafür sorgen, dass sie erst ein einheitliches Format gebracht werden, so dass sie vom Blockchainsystem überhaupt aufgenommen und sinnvoll weiter verarbeitet werden können. Hier fließen auch die Anforderungen ein, die die Regulierungen stellen.
Auf der vierten Ebene kommt das gesamte Ecosystem mit ins Spiel, denn die Blockchain muss zu validen Geschäftsmodellen führen. Hier entscheidet sich häufig, ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Blockchaintechnik einzuführen. Denn nur wenn es im gesamten Umfeld Vorteile bringt, lohnt es sich, in die Blockchain zu investieren. Wenn herkömmliche gut eingefahrene Systeme dasselbe können, wäre es nicht sinnvoll, einfach alles umzustellen, nur weil es sich um eine neue Technik handelt.
Die ersten Schritte
»Deshalb setzen wir uns zunächst mit den Kunden, die Interesse daran zeigen, in einem zweitägigen Workshop zusammen«, so Gahr. Hier könnten die Kunden genau erklären, was sie wollen. Dann entscheidet sich, wie die Prozesse auf die Blockchain abgebildet werden können. Und auch, ob die Blockchain wirklich die bessere Lösung ist. »Wir wollen ja nicht erst das Problem finden müssen, das Problem ist ja die Voraussetzung dafür, dass eine Lösung gefunden werden kann. Nur wenn wir tatsächlich schnell erkennen, dass die Blockchain deutliche Verbesserungen bringen kann, raten wir ihnen dazu.«
Dabei legt IBM Wert darauf, nicht gleich alles auf einmal aufbauen zu wollen. »Es ist nicht sinnvoll, gleich zu Anfang mal 25 große Unternehmen integrieren zu wollen, das würde zu lange dauern«, so Gahr. Das Zauberwort lautet Minimum Viable Product. Das bedeutet: Erst einmal klein anzufangen und ein Ausgangsnetzwerk in sechs bis acht Wochen auf die Beine zu stellen. Das ist zunächst mit einem sehr überschaubaren Investment zu machen und trägt erste Früchte. Von dort aus kann das System dann erweitert werden.
Welches Potenzial in der Blockchain steckt, zeigt das Food-Trust-System, das IBM zusammen mit Wal Mart entwickelt hat. Dauerte es früher sieben Tage, um ein Produkt über die Lieferkette bis zurück zum Erzeuger zu verfolgen, so geht es heute in ein paar Sekunden. Rückrufaktionen lassen sich so schneller und kostengünstiger durchführen.
Dabei kommt es laut Gahr aber auch immer darauf an, sich nicht nur auf die Blockchain zu fokussieren, sondern sie nur als eine wenn auch wichtige Komponente eines Gesamtsystems zu betrachten. Dann aber erweist sie sich als ein Schlüsselelement, das Industrie 4.0 in vielen Fällen erst richtig attraktiv macht.