Single-Pair Power over Ethernet

SPoE eröffnet neue Möglichkeiten

9. Dezember 2024, 8:00 Uhr | Von Rolf Horn
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Power over Ethernet (PoE) war bisher auf 100 Meter beschränkt. Die neue IEEE-standardisierte Technologie »Single-Pair PoE« (SPoE) ermöglicht jedoch eine Strom- und Datenübertragung über größere Entfernungen mit einem einzigen verdrillten Kabelpaar und eröffnet damit neue Anwendungsmöglichkeiten.

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Ethernet ist ein etabliertes und weit verbreitetes Verfahren für die Datenkommunikation zwischen Geräten. Es stellt vier Paare verdrillter Kupferdrähte zur Übertragung von Datensignalen zur Verfügung. Geräte, die Ethernet verwenden, benötigen typischerweise auch eine eigene Stromversorgung, was die Kosten für Verkabelung und Installation erhöht. Power-over-Ethernet (PoE) wurde als Erweiterung des Ethernet- Standards entwickelt und ermöglicht es, sowohl Daten als auch Strom über dasselbe Kabel zu empfangen.

PoE kann eine Leistung von bis zu 90 W über eine maximale Entfernung von bis zu 100 m bereitstellen. Das hat PoE-Anwendungen wie IP-Kameras, drahtlose Zugangspunkte, VoIP-Telefone und intelligente Beleuchtungssysteme ermöglicht, die über ein einziges Kabel datentechnisch angebunden und mit Strom versorgt werden können. Neben der bereits erwähnten Limitierung aufgrund der verhältnismäßig geringen überbrückbaren Entfernung, gibt es jedoch noch weitere Herausforderungen für PoE, wie z. B. der Bedarf an sperrigen und teuren Steckern und Kabeln, die hohe Ströme und Spannungen verarbeiten können, sowie Leistungsverluste auf der Leitung und Wärmeabgabe bei hohen Leistungen.

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Einführung von SPoE

Ein SPoE-System zur Übertragung von bis zu 52 W Leistung
Bild 1. Ein SPoE-System zur Übertragung von bis zu 52 W Leistung.
© Analog Devices

Single Pair Ethernet (SPE) ist die Übertragung von Ethernet über lediglich ein Paar Kupferadern. Da nur ein Adernpaar zur Übertragung von Daten und Strom verwendet wird, kann Single Pair Power over Ethernet (SPoE) Datenraten bis zu 1 Gbit/s erreichen und bis zu 52 W Leistung über Kabellängen von bis zu 1 km liefern (Bild 1). Dabei werden kleinere und kostengünstige Stecker und Kabel verwendet, die mit den vorhandenen RJ45-Buchsen kompatibel sind.

Aufgrund der geringeren Kosten und der einfacheren Implementierung eignet sich SPoE für eine Vielzahl von Anwendungen in der Industrie, im Automobil, in der Gebäudeautomatisierung und in IoT-Umgebungen – eigentlich überall dort, wo die Installation neuer Kabel oder die ausschließliche Verwendung von Wireless LANs entweder nicht praktikabel oder kostspielig ist, oder beides. Es bietet eine umfassende Systemtelemetrie zur Überwachung der Energieübertragung, zur Fehlererkennung und zum Überspannungsschutz.

In einem industriellen Umfeld kann SPoE Sensoren und Steuergeräte über große Entfernungen hinweg mit Strom versorgen, ohne dass lokale Stromquellen hinzugefügt werden müssen, was die Netzwerkinfrastruktur vereinfacht, die Installationskosten senkt und eine zentrale Energieverwaltung ermöglicht. Es kann zur Stromversorgung über die vorhandene Ethernet-Verkabelung verwendet werden, was das Hinzufügen von SPoE-Switches und -Endpunkten zu einem schnellen und relativ einfachen Prozess macht.

SPoE ist Teil des IEEE802.3-Standards – IEEE802.3cg für 10-Mbit/s-Ethernet über eine einzelne verdrillte Zweidrahtleitung (10Base-T1L) – und stellt eine Erweiterung des IEEE802.3bu-Standards (Power over Data Lines, PoDL) dar. PoDL wird in Systemen bis zu 40 m und mit 12, 24 oder 48 Volt eingesetzt; SPoE arbeitet mit einer Spannung von 24 V oder 55 V und bis zu 1000 m.
SPoE eignet sich ideal für Anwendungen, die eine niedrige bis mittlere Leistung und hohe Datenraten über große Entfernungen benötigen, was für PoE nicht machbar oder wirtschaftlich ist.

Zu den möglichen Anwendungen für SPoE gehören:
➔ Betriebstechnische Systeme, bei denen eine zuverlässige Kommunikation und Stromversorgung für die Prozesssteuerung und -automatisierung entscheidend sind.
➔ Gebäude- und Fabrikautomationssysteme, die Umwelt- und Maschinenparameter überwachen und steuern können.
➔ Feldgeräte, wie Sensoren und Aktoren, die flexibler und kostengünstiger eingesetzt werden können.
➔ Sicherheitssysteme (Security), z. B. für Zugangskontrolle und Überwachung, bei denen SPoE leichter skalierbar ist.
➔ Verkehrsmanagementsysteme, die einen konstanten Betrieb und eine ständige Vernetzung erfordern.
➔ Stromversorgung und Verwaltung von IoT-Geräten am Netzwerkrand (Edge).
➔ Fernspeisung für digitale Beschilderung und Außenbeleuchtung.

Überlegungen zum SPoE-Design

SPoE nutzt die »Phantom Power«-Technik, um die Stromversorgung über das Datensignal auf dasselbe Adernpaar zu legen, was komplexe Steuerungen an jedem Ende des Kabels erforderlich macht, um Strom und Datensignale zu trennen und zu regeln. Die Anwendungen müssen zudem die Leistungsverluste und die Wärmeabgabe entlang des Kabels berücksichtigen, die die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Systems beeinträchtigen können.

Ein PSE-Controller (Power Sourcing Equipment) sorgt für ein ausgeklügeltes Power-Management und eine Umwandlung, die eine sichere, stabile und effiziente Energieversorgung gewährleisten. Der PSE-Controller funktioniert in Kombination mit PD-Controllern (Powered Device), die Energie über das 2-Draht-Kabel empfangen.

Der 5-Port-PSE-Controller »LTC4296-1« (Power Sourcing Equipment) von Analog Devices
Bild 2. Der 5-Port-PSE-Controller »LTC4296-1« (Power Sourcing Equipment) von Analog Devices.
© Analog Devices

PSE-Controller, die für mehrere Kanäle ausgelegt sind, können verschiedene entfernte Geräte, wie z. B. Sensoren, mit Strom versorgen. Der LTC4296-1 (Bild 2) von Analog Devices (ADI) ist beispielsweise ein 5-Port-SPoE-Controller, der bis zu fünf Lasten über fünf Leitungen mit einer Länge von jeweils bis zu 1000 m mit Energie versorgen kann. Der LTC4296-1 liefert die Leistung mithilfe von externen N-Kanal-MOSFETs mit niedrigem Einschaltwiderstand (RDS(ON)), die den Spannungsabfall minimieren und die Robustheit der Anwendung gewährleisten.

Damit ist der »LTC4296-1« eine vielseitige SPoE- und PSE-Lösung (Power Sourcing Equipment) für 10BASE-T1L-Controller und -Switches und lässt sich problemlos mit ADIs 10BASE-T1L- Transceiver-Portfolio kombinieren, z.B. dem 2-Port-Baustein »ADIN2111CCPZ-R7«, der einen Switch, zwei Ethernet-PHYs (Physical Layer) mit MAC-Schnittstelle und zugehörigen Analogschaltungen, eine Schaltung zur Überwachung der Spannungsversorgung und eine POR-Schaltung (Power-on-Reset) enthält. Der Transceiver ermöglicht über eine serielle Peripherieschnittstelle (SPI) eine direkte Verbindung mit einer Vielzahl von Controllern.

Ein SPoE-PSE-Controller LTC4296-1 eignet sich für die Ansteuerung von bis zu fünf Kanälen, hier in Verbindung mit den PD-Controllern LTC9111
Bild 3. Ein SPoE-PSE-Controller LTC4296-1 eignet sich für die Ansteuerung von bis zu fünf Kanälen, hier in Verbindung mit den PD-Controllern LTC9111.
© Analog Devices

Der »LTC9111RDE#PBF« wiederum ist einer von mehreren PD-Controllern (Power Delivery) von ADI, die einen Betriebsbereich von 2,3 bis 60 V mit Polaritätskorrektur bieten (Bild 3). Der Controller verwaltet die Klassifizierung und Überwachung der Leitungsübertragung und steuert während der Klassifizierung zwei externe N-Kanal-MOSFET-Schalter mit einem besonders energiesparenden Betrieb (Mikropower) an, um die Anforderungen an den Speicherkondensator zu minimieren. Ein externer N-Kanal-MOSFET-Schalter isoliert die Ausgangskapazität während der Klassifizierung und des Einschaltvorgangs vom Steckverbinder.

Die Controller der Serie LTC9111 senden eine gültige Wake-up-Signatur an das PSE, um Strom anzufordern. PSE- und PD-Controller, dem »IEEE802.3cg«-Standard entsprechend, führen den Klassifizierungsschritt unter Verwendung des »Serial Communication Classification Protocol« durch; der PSE stellt sicher, dass der PD kompatibel ist, und fährt, falls dies der Fall ist, mit dem Hochfahren der Portspannung fort. Benötigt das betriebene elektrische Gerät eine andere Spannung als 24 V oder 55 V, wird ein zusätzlicher DC/DC- Wandler eingesetzt.

ADI bietet auch das Evaluierungskit EVAL-SPoE-KIT-AZ zur Evaluierung von 10BASE-T1L-Daten und SPoE-Strom über ein einzelnes Twisted-Pair-Ethernet-Kabel (SPE) an. Das Kit enthält den PSE-Controller LTC4296-1 und den PD-Controller LTC9111 für die Evaluierung der SPoE-Leistung gemäß IEEE802.3cg Klasse 10 bis 15 und einen 10BASE-T1L-Transceiver für die Datenübertragung im System.

Rahmenbedingungen bei SPoE-Anwendungen

Bei der Produktentwicklung müssen das Leistungsbudget und die Effizienz der SPoE-Systeme optimiert werden und dabei Parameter wie Kabellänge, -durchmesser, -widerstand, -temperatur und -umgebung berücksichtigt werden.
Das Gleichgewicht zwischen Stromversorgung und Datenübertragung über eine einzige verdrillte Zweidrahtleitung stellt eine Herausforderung dar, z. B. die Sicherstellung einer ausreichenden Stromversorgung für entfernte Geräte bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Datenintegrität über potenziell große Entfernungen.

Die Stromversorgung über lange Kabel mit 24 V (DC), wie sie in vielen OT-Anwendungen (Operational Technology) üblich ist, ist aufgrund des Kabelwiderstands mit erheblichen Verlusten verbunden. SPoE ist in der Norm IEEE 802.3cg für den Betrieb mit einer Spannung von 24 oder 55 V spezifiziert, sodass die Vorteile einer erhöhten Stromversorgungseffizienz nahe der maximalen Schutzkleinspannung (Safe Extra Low Voltage, SELV) von 60 V genutzt werden können.

Komponenten und Implementierung

SPoE ist eine noch relativ junge Technologie, die die gleichzeitige Übertragung von Daten und Strom über ein einziges verdrilltes Kabelpaar in Ethernet-Kabeln ermöglicht. Dadurch lassen sich die Kosten, die Komplexität und die Umweltauswirkungen von Netzinfrastrukturen verringern und die Flexibilität, Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit der angeschlossenen Geräte erhöhen. ADIs Portfolio an IEEE 802.3cg-kompatiblen PSE- und PD-Controllern kann das Design und die Implementierung von SPoE-Anwendungen mit hoher Effizienz und geringem Rauschen vereinfachen und ist damit ideal für Industrie-, Automobil- und Smart-Building-Systeme, die eine robuste und zuverlässige Vernetzung erfordern.

 

Der Autor

 

 

Rolf Horn von DigiKey Electronics
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Rolf Horn

Der Applikationsingenieur bei DigiKey Electronics ist seit 2014 in der technischen Support-Gruppe für Europa tätig und in erster Linie für die Beantwortung aller Arten von entwicklungs- und ingenieurtechnischen Fragen von Endkunden in DACH und Benelux sowie für das Schreiben und Korrekturlesen von Artikeln und Blogs auf den Plattformen TechForum und maker.io von DigiKey zuständig.


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