Siemens hat in Wildpoldsried im Allgäu ein neues Energiewendeprojekt IREN2 (Zukunftsfähige Netze für die Integration Regenerativer Energiesysteme) gestartet. Im Rahmen des Projekts untersucht Siemens zusammen mit seinen Konsortialpartnern neuartige Netzstrukturen und deren Betriebsführung nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien.
Ziel von Siemens und seinen Partnern – Hochschule Kempten, RWTH Aachen, Allgäuer Überlandwerke und dem IT-Unternehmen ID.KOM – ist es, herauszufinden, wie sich Energiesysteme mit verteilter Stromerzeugung und zusätzlichen Komponenten wie Batteriespeicher, Blockheizkraftwerke, Biogasanlagen und Dieselgeneratoren technisch und wirtschaftlich optimieren lassen.
Zudem will das Forschungskonsortium während der Projektlaufzeit von drei Jahren Microgrids – regionale, in sich geschlossene intelligente Stromverteilnetze – als Inselnetze sowie den Einsatz und Betrieb von Microgrids als so genannte topologische Kraftwerke erproben. Genutzt werden dazu die bisher installierte Smart-Grid-Infrastruktur in Wildpoldsried sowie die Ergebnisse und Erfahrungen des Ende 2013 dort erfolgreich abgeschlossenen Pilotprojekts IRENE (Integration regenerativer Energien und Elektromobilität).
Inselnetzen und topologische Kraftwerke
Die Pilotinstallation im Netzgebiet der Allgäuer Überlandwerke in der Gemeinde Wildpoldsried dient als Basis, wird jedoch während des Projekts weiter ausgebaut, um die geplanten Konzepte umzusetzen, zu untersuchen und zu bewerten. Das im Allgäu bereits vorhandene intelligente Stromversorgungsnetz eignet sich besonders gut als Basis für weitere Untersuchungen eines zuverlässigen und stabilen Betriebs von Inselnetzen und topologischen Kraftwerken. Inselnetze sind Versorgungsgebiete, die nicht mit anderen Netzen verbunden sind und deshalb besondere Anforderungen an die Betriebsführung stellen. Topologische Kraftwerke beschreiben dabei Netzabschnitte, deren Lasten und Erzeuger gemeinsam wie ein konventionelles Kraftwerk gesteuert werden können.
Siemens und die Partnerunternehmen erforschen solche Netzstrukturen nach wirtschaftlichen und technischen Kriterien. Die Untersuchungen nach wirtschaftlichen Kriterien zielen vor allem auf die kostengünstigste Ausbauvariante unterschiedlicher Netzstrukturen sowie auf die Analyse verschiedener Betriebsstrategien ab. Die technischen Analysen beziehen die Wechselwirkungen zwischen den Stromerzeugern und Lasten, Mess- und Regelungstechnik, Stabilitätsuntersuchungen, die Entwicklung von Schutzkonzepten sowie die Implementierung intelligenter Netzstrukturen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnik ein.
RONTs und Batteriespeicher für das Smart Grid
Schon heute ist die Menge der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen in Wildpoldsried fünfmal höher als der Eigenbedarf des Dorfes. Während der Laufzeit des zurückliegenden Projekts IRENE von Mitte 2011 bis Ende 2013 wurde daher in der Allgäuer Gemeinde ein Smart Grid geschaffen, um Stromerzeugung und -verbrauch auszubalancieren und so das Netz stabil zu halten. Dazu wurden unter anderem zwei regelbare Ortsnetztransformatoren (RONTs) und ein stationärer Batteriespeicher installiert.
Außerdem ist das intelligente Netz dort mit einem ausgefeilten Messsystem, einer modernen Kommunikationsinfrastruktur und regenerativen dezentralen Energieerzeugern wie Photovoltaik- und Biogasanlagen ausgestattet. Damit sind bereits die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen worden, um einen optimalen Betrieb von autarken Inselnetzen und topologischen Kraftwerken wissenschaftlich untersuchen und praktisch erproben zu können.
Wildpoldsried bietet beste Voraussetzungen, theoretische Ergebnisse an einem realen intelligenten Energiesystem verifizieren zu können. So wird das Forschungsprojekt IREN2 eine Basis für ein zukünftiges regeneratives Energiesystem im Spannungsfeld zwischen Regulierung und Markt schaffen.