Derzeit leben rund 7,6 Milliarden Menschen auf der Welt, und jedes Jahr wächst die Weltbevölkerung um 83 Millionen Menschen. Bis zum Jahr 2050 werden es knapp zehn Milliarden sein. Um diese mit Lebensmitteln zu versorgen, muss die Landwirtschaft sehr effiziente Produktionsverfahren entwickeln und gleichzeitig die Umwelt schützen, indem sie gefährliche Chemikalien reduziert und die Wassernutzung optimiert.
In einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung hat die Weltbank die Situation und die zu erwartende Zukunft der weltweiten Nahrungsmittelversorgung sehr anschaulich dargestellt [2]. Die Welt muss bis zum Jahr 2050 mindestens 50 % mehr Nahrungsmittel produzieren, um zehn Milliarden Menschen zu ernähren. Aber der Klimawandel könnte die Ernteerträge um mehr als 25 % senken. Land, Biodiversität, Ozeane, Wälder und andere Formen des natürlichen Kapitals werden in nie da gewesener Geschwindigkeit erschöpft. Wenn wir die Art und Weise, wie wir unsere Nahrungsmittel anbauen und unser natürliches Kapital verwalten, nicht ändern, ist die Ernährungssicherheit – insbesondere für die Ärmsten der Welt – gefährdet.
Unter Berücksichtigung aller Parameter und Anforderungen, Lebensmittel mit höchstem Respekt für die Umwelt zu produzieren, entwickelte Dr. Dickson Despommier mit seinen Schülern im Jahr 1999 die Idee einer modernen Indoor-Landwirtschaft, die die im Jahr 1915 von dem amerikanischen Geologen Gilbert Ellis Bailey geprägten Begriffe wiederbelebt: Vertical Farming (Bild 1). Wir haben alle davon gehört, viele Artikel über Industriegebäude gelesen, die in vertikale Bauernhöfe umgewandelt wurden. Aber seit den Anfängen mit Leuchtstoff- oder Halogenlampen bis zu SSL heute gibt es eine erstaunliche Anzahl von technologischen Innovationen, die den Energiebedarf im Hinblick auf Pflanzenwachstum optimieren und den Nutzen von Indoor-Landwirtschaft steigern. Von der Raumnutzung, hundertmal mehr Lebensmittel pro Quadratmeter im Vergleich zur regulären Landwirtschaft bis hin zur Reduzierung der Wassernutzung um 90 % und einer vollständigen Eliminierung gefährlicher Chemikalien, ist Indoor-Landwirtschaft sehr attraktiv. Um aber wirklich effizient zu sein, erfordert eine solche Landwirtschaft ein sehr effizientes Beleuchtungssystem.
Nicht jedes Gemüses kann mit begrenztem Boden und begrenzter Nährstoffversorgung durch Bewässerung wachsen. Aber für Sorten, die sich für diese Anbaumethode eignen, sind die Ergebnisse beeindruckend und werden noch beeindruckender, wenn man moderne Beleuchtungstechnologien computergesteuert einsetzt. Das zu erforschen ist für Ingenieure ein sehr interessanter Bereich, bei dem es darum geht, fortschrittliche Leistungselektronik und moderne, softwaregesteuerte Landwirtschaft zu kombinieren.
Seit der Einführung haben Ingenieure in der Indoor-Landwirtschaft geforscht, um das Spektrum und den Energiebedarf zu validieren, die verschiedene Pflanzen benötigen, um effizient zu wachsen. Von Leuchtstoff- und Halogenlampen mit einem breiten Lichtspektrum bis hin zu schmaleren Spektren, hat die konventionelle Beleuchtungsindustrie vieles auf den Markt gebracht, aber diese Technologie war weder flexibel noch effizient, um die neuen Anforderungen erfüllen zu können.
Nur bestimmte Spektren nutzen
Aufbauend auf Experimenten in Japan in den Jahren 2005 bis 2008, untersuchten Agrarwissenschaftler verschiedene Beleuchtungsmethoden, um Spektrum und Energie pflanzenspezifisch anzupassen. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass das spezifische Lichtspektrum für den Anbau von Pflanzen und Gemüse typischerweise bei 450 nm (blaues Licht) beginnt und 730 nm (dunkelrot) durchläuft (Bild 2). Die erforderliche photosynthetische Photonenflussdichte (PPFD) reicht von 50 µmol für Pilze bis zu 2000 µmol für Pflanzen wie Tomaten und Blumen, die im vollen Sommerlicht gedeihen (Bild 3). Agrarexperten erklären, dass für ein optimales Ergebnis verschiedene Pflanzentypen unterschiedliche Lichtspektren sowie unterschiedliche Lichtverhältnisse und Intensitäten bezogen auf die Wachstumsstufen vom Sämling bis zur Reife benötigen. Daraus ergibt sich oft die Forderung, dass das Kunstlicht über eine Vielzahl unterschiedlicher Spektrenkanäle verfügen muss, die individuell in der Intensität einstellbar sind.
Die sogenannten Urban-Farms, also »Indoor-Bauernhöfe«, setzen zunehmend auf moderne SSL-Beleuchtung, zumal die Menge an Lichtenergie pro Watt elektrischer Leistung stetig zunimmt. Da die Produktionsausbeute oft durch zu hohe Luft- oder Bodentemperaturen beeinträchtigt wird, hilft die Effizienzsteigerung auch die Kosten für die notwendige Kühlung zu senken. Durch die LED-Beleuchtung kann der Züchter Leuchten verwenden, die nur in genau den Spektren Energie abstrahlen, die die Pflanzen benötigen. In der Regel sind das Rot und Blau. Vollspektrums-Beleuchtung liefert dagegen immer die volle Energie, obwohl die Pflanzen den überwiegenden Anteil des Lichts gar nicht nutzen.
Heute werden zumeist mehrere LED-Lampen verwendet, um Gemüse energieeffizient zu erzeugen, obwohl sich durch die Integration »intelligenter« Stromquellen in LED-Module weitere Fortschritte erzielen ließen. Einer der Forschungsschwerpunkte ist die Entwicklung eines Mikro-LED-Panels mit Wachstumsindex-Überwachung, das das Licht lokal modulieren kann (0,5 m² Fläche). Das erfordert eine sehr effiziente dezentrale Stromversorgungslösung, die alle Parameter an das »Gemüsewachstum« anpassen kann.
Trotz zahlreicher Artikel und Vorträge, die bislang auf Konferenzen präsentiert wurden, befindet sich die Indoor-Landwirtschaft noch in den Anfängen, obwohl die Forderung an die Landwirtschaft, mit weniger Umweltbelastung mehr zu produzieren, ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der urbanen Landwirtschaft ist. Die Kombination der neuesten Technologien in SSL, Powermanagement und softwaregesteuerter Umwelt wird dazu beitragen, die Produktivität und Werkzeuge für moderne Landwirte zu verbessern. Dann wir es möglich sein, im Jahr 2050 Lebensmittel für geschätzte zehn Milliarden Menschen anzubauen.
Referenzen
[1] John Ellis, GaN on Silicon: A breakthrough technology for LED lighting, LEDs Magazine, Februar 2014.
[2] Weltbank, About the agriculture global practice, Report Number 93712, Oktober 2014.
[3] Welternährungsorganisation FAO, Global agriculture toward 2050, Oktober 2009.
[4] Maury Wright, LED lighting advances in horticultural applications, boosts productivity, LEDs Magazine, 22. Juli 2014.