Marketing-Gier siegt über Ingenieure

Die Ursache des Samsung-Desasters

13. Oktober 2016, 11:43 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

So wird es brenzlig

Wann die Sache anfängt brenzlig zu werden, dafür sind die Grenzen fließend, wie Prof. Pettinger erläutert: »Beispielsweise kann bei einer Spannung von 4,2 V kann noch alles in Ordnung sein, bei 4,3 V können bereits 5 Prozent der Geräte anfangen zu brennen und bei 5 V brennen 100 Prozent.«

Bisher haben etwa 50 Galaxy gebrannt – 50 von 2,5 Millionen verkauften Geräten. Das ist natürlich zu viel für die Betroffenen – statistisch gesehen ist es sehr wenig. Es müssen also mehrere Dinge zusammen kommen, die eine Brand entstehen lassen. Beispielsweise wenn die Smartphones ihre Akkus mit ihren an die Grenzen getriebenen Energiedichten im engen Stauraum stark belasten.  Etwa, wenn sehr viele Apps offen sind und die Smartphones noch zusätzlich nach Funkzellen suchen, im schlimmsten Fall im Flugzeug, wo sie keine Chance haben, eine Funkzelle zu finden und ständig weitersuchen. »Mehr kann man einem Akku nicht abverlangen und das Desaster kann seinen  Lauf nehmen «, erklärt Prof. Pettinger.

Seine Schlussfolgerung: »Hätte Samsung auf 20 Prozent Batterielaufzeit verzichtet, dann hätten alle Smartphones unter allen Umständen sicher betrieben werden können. Die Gier nach langen Akkulaufzeiten hat über das sicherlich  vorhandene Batteriewissen gesiegt!«

Und wahrscheinlich war auch der Druck, mit dem Galaxy Note 7 rechtzeitig auf den Markt zu kommen, ein Grund, dass die Prüfung der Geräte nicht sorgfältig genug durchgeführt wurde. »Der Fehler wären mit Sicherheit zu finden gewesen«, meint Pettinger.

Das weiß er aus eigener Erfahrung, denn an der Hochschule Landshut führt er thermische Simulationen durch, lehrt die dazu erforderlichen mathematischen Modelle  und macht die Studenten mit diesen Problemen vertraut. Das ist aber der normale technische Standard, den kennen laut Pettinger Ingenieure von Samsung auch.

Den Studenten von Prof. Pettinger bleiben die Kurse jedenfalls mit Sicherheit in Erinnerung: »Die Studenten formieren die Zellen und anschließend dürfen sie sie kontrolliert überhitzen und überladen. Bei diesem provozierten Feuerwerk  sehen sie, was hohe Energiedichte bedeutet und haben ein Leben lang Respekt davor!«

Fazit: Höhere Energiedichten und weniger Platz für die Akkus im Gehäuse führen dazu, dass die Toleranzen im Fertigungsprozess enger werden und schon kleine Abweichungen Fehler auslösen können. Die vielen offenen Apps lasen hohe Ströme fließen. Stoßen sie auf eine Zelle, die am Rand der engen Toleranzen im Fertigungsprozess liegen, dann können eben hin und wieder Geräte brennen. Bleibt nicht genügend Zeit zur sorgfältigen Prüfung der Geräte, um die statistischen Ausreißer zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen – etwa die Akkulaufzeit zu reduzieren, um auf der sicheren Seite zu bleiben –, nimmt das Desaster unweigerlich seinen Lauf.

In diesem Fall hat wohl das Marketing über alle technischen Bedenken gesiegt: »Das Know-how bei Samsung ist vorhanden, das Unternehmen baut sehr gute Akkus, ich habe großen Respekt vor der Technik von Samsung«, erklärt Pettinger. »Besonders schade an dem Fall ist, dass nun die gesamte LiIonen-Technik wieder in Verruf kommt.«


  1. Die Ursache des Samsung-Desasters
  2. Marketing versus Ingenieurswissen
  3. So wird es brenzlig

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