Würth teilt die Entwicklung von Unternehmen in drei Stufen ein: die Phase des Werdens, die Phase des Seins und die Phase des Vergehens. »Ich möchte, dass wir uns so lange es geht in der Phase des Werdens bewegen. Das erreicht man am besten, indem man die Umsätze vergrößert, Firmen zukauft, neue Geschäftsfelder aufmacht - indem man agil und vital bleibt.« Schon der darauffolgende Zustand - die Phase des Seins - symbolisiere Stillstand, eine Buchhaltermentalität greife dann um sich und es werde nur noch verwaltet. Unternehmen in diesem Zustand müssten oft ihr Tafelsilber verkaufen, um den Betrieb am Laufen zu halten: »Ich hoffe, dass wir nicht dahin kommen.«
Bis zur Corona-Krise…
...sah es jedenfalls nicht danach aus. Die Würth-Gruppe steigerte ihren Umsatz 2019 erneut auf nun mehr als 14 Milliarden Euro - ganz im Sinne des Patriarchen, der im Jahr 2008 unter Beschuss stand: Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Steuerhinterziehung gegen ihn. Würth akzeptierte schließlich einen Strafbefehl und zahlte 3,5 Millionen Euro Strafe. Er versicherte später: »Ich sage Ihnen beim Leben meiner Kinder: Ich habe nie einen Cent Schwarzgeld gehabt. Das war alles aufgebauscht.« Er hoffe, dass ihn die Menschen »nicht als Gauner in Erinnerung behalten«.
Würth hat sein Unternehmen wohl auch deshalb…
...so groß machen können, weil er selbst ein passionierter Verkäufer war. »Der Verkäuferberuf ist der schönste auf der ganzen Welt, weil Sie permanent mit allen Sorten von Menschen, die auf Gottes Erdboden leben, in Kontakt kommen«, urteilt er. Hin und wieder begleitet er seine Außendienstler noch zu Kundenbesuchen - auch wenn das dann, wie er zugibt, nichts mehr mit dem Verkaufsalltag zu tun hat. Das sei eher wie Kino. »Die Verkäufer kündigen bei unseren Kunden schon vorab an, dass sie nächstes Mal den alten Würth mitbringen. Dann hängen die Kunden extra die Würth-Fahnen raus, und die Frau backt einen Kuchen«, berichtet er. »Unter unseren Verkäufern wird es mit Schmunzeln und Wohlwollen zur Kenntnis genommen, dass der alte Gnom da immer noch ein bisschen im Außendienst mitmischen will.«
Aus Flugzeug-Cockpits…
...hat sich Würth dagegen schon vor einigen Jahren komplett zurückgezogen - obwohl er jahrzehntelang voller Leidenschaft in die Luft ging. Rund 7000 Stunden sei er in Fliegern der verantwortliche Pilot gewesen, gut 1000 Stunden davon sogar ohne einen Co-Piloten, in der Anfangszeit des Unternehmens. «Wenn Sie sparen müssen, haben Sie kein Geld für einen Co-Piloten. Damals war das Unternehmen noch klein, ich musste sehr aufs Geld achten. Also bin ich immer allein auf dem Flugplatz rumgetigert.»
Bezeichnend für Würths Entschlossenheit…
...ist die Geschichte darüber, wie er überhaupt zum Fliegen kam. Auf dem Weg zu einem Termin saß er im Auto im Stau. Und dachte sich: Das kann's ja wohl nicht sein. Also kaufte sich Würth kurzerhand eine Cessna, machte einen Flugschein - und kam seinen Zielen von diesem Zeitpunkt an noch schneller näher.
Vor rund 30 Jahren,…
...als der Konzern schon gewaltig gewachsen und Würth schon Milliardär war, überführte er die Firma in Stiftungen, um sie für die Zukunft abzusichern. Zu oft hatte er miterlebt, wie andere Familienunternehmen im Erbgang litten oder zerfielen - spätestens, wenn Enkel oder Urenkel das Sagen hatten. «Ich habe schon die Hoffnung, dass es das Unternehmen in der jetzigen Form auch in 30, 40 Jahren noch gibt, da glaube ich hundertprozentig dran», sagt Würth inzwischen. Wobei eines klar sei: «Nichts ist für die Ewigkeit auf dieser Welt, das zeigt die Wirtschaftsgeschichte deutlich.»