Oszilloskope

Jitter präzise untersuchen

14. Oktober 2014, 15:36 Uhr | Von Johnnie Hancock und Andreas Sieger
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Messen mit konstantem Takt

Die TIE-Jitter-Trend-Wellenform zeigt eine sinusförmige Modulation zusammen mit extremen Timing-Fehlern
Bild 4. Die TIE-Jitter-Trend-Wellenform zeigt eine sinusförmige Modulation zusammen mit extremen Timing-Fehlern.
© Keysight Technologies

Bild 4 zeigt die Analyse desselben Jitter, jedoch mit zusätzlicher TIE-Trend-Wellenform, dargestellt als lilafarbener Kurvenzug. Die TIE-Jitter-Trend-Wellenform zeigt auf der vertikalen Koordinatenachse den auf den virtuellen Takt bezogenen Timing-Fehler jeder Datenflanke über der Zeit auf der horizontalen Achse. Dieser Kurvenzug ist zeitkorreliert mit dem erfassten Datensignal (gelb). Daraus ersichtlich ist eine sinusförmige Modulation des Datensignals, was mit der bimodalen Verteilung des Jitter-Histogramms korreliert. Zusätzlich zur sinusförmigen Modulation zeigt das Datensignal gelegentlich auch extreme positive Timing-Fehler, markiert durch die Spitzen in der TIE-Jitter-Trend-Kurve. Diese Fehler erzeugen die Ausreißer im Histogramm.

Anzeigen und Messen der Jitter-Modulationsfrequenz mit der Jitter-Spektrum-Darstellung
Bild 5. Anzeigen und Messen der Jitter-Modulationsfrequenz mit der Jitter-Spektrum-Darstellung
© Keysight Technologies

Die Modulationsfrequenz könnte einen wichtigen Hinweis auf die Quelle des Jitter geben. Viele Oszilloskope der höheren Leistungsklassen können die Frequenz des Trend-Kurvenzuges direkt messen. Ist das nicht möglich, lässt sich die Periodendauer einfach mit Hilfe der Zeitmarken des Oszilloskops ermitteln. Eine andere Möglichkeit ist das Zuschalten der Jitter-Spektrum-Ansicht, dargestellt durch den unteren, violetten Kurvenzug in Bild 5.

Die Jitter-Spektrum-Wellenform entsteht aus einer FFT-Operation an der TIE-Trend-Kurve, im Bild der obere, lilafarbene Kurvenzug. Alle drei Verfahren führen zur Modulationsfrequenz, in diesem Fall exakt 20 kHz.

Signalmodulation durch SSC

In den bisherigen Jitter-Messbeispielen fand der Taktrückgewinnungs-Algorithmus, basierend auf einem konstanten Takt, automatisch die nominelle Bitrate des seriellen Bussignals. Oszilloskope mit Jitter-Analysefunktionen verfügen üblicherweise auch über PLL-Taktrückgewinnungs-Algorithmen erster und zweiter Ordnung. Viele schnelle Digitalsysteme modulieren ihre Datenströme absichtlich. Dieses als Spread Spectrum Clocking (SSC) bezeichnete Verfahren soll hauptsächlich elektromagnetische Störungen minimieren.

Jitter-Messungen mit einem PLL-Taktrückgewinnungs-Algorithmus erster Ordnung
Bild 6. Jitter-Messungen mit einem PLL-Taktrückgewinnungs-Algorithmus erster Ordnung.
© Keysight Technologies

Wenn das Oszilloskop über SSC verfügt, lässt sich ein PLL-Taktrückgewinnungs-Algorithmus wählen, der die entsprechende Funktion von Empfängern in SSC-Systemen emuliert. Bild 6 zeigt Jitter-Messungen an denselben seriellen Busdaten, jedoch diesmal mit einem PLL-Taktrückgewinnungs-Algorithmus erster Ordnung mit einer vorgegebenen Bandbreite der phasenstarren Schleife von 200 kHz. Im Vergleich der Bilder 4 und 6 zeigt sich, dass die 20-kHz-Sinusmodulation aus der TIE-Trend-Wellenform praktisch verschwunden ist. Das Histogramm sieht mittlerweile weniger bimodal aus und nähert sich mehr der Gaußschen Verteilung.

Echtzeit-Augendiagramme der seriellen Busdaten präsentieren das Fenster für gültige Daten
Bild 7. Echtzeit-Augendiagramme der seriellen Busdaten präsentieren das Fenster für gültige Daten
© Keysight Technologies

Hoch informativ: die Echtzeit-Augendiagramme

Einen weiteren sehr informativen Blick auf den Jitter in seriellen Datensignalen eröffnet die Darstellung der erfassten Daten als Echtzeit-Augendiagramm (Bild 7).

Das Echtzeit-Auge entsteht aus der Überlagerung aller erfassten UI. Basierend auf der Taktrückgewinnung zerlegt das Oszilloskop den erfassten Datenstrom in individuelle Bitperioden. Anschließend kombiniert es jeden Ausschnitt zu einer einzigen farblich gradierten Darstellung. Sie zeigt ein Gesamtbild von Jitter und Rauschen der Flanken Spitze zu Spitze. Auch in dieser Darstellung erkennt man die extremen positiven Ausreißer in den Datenflanken (dunkelblau) wie im Histogramm in Bild 3 sowie die Spitzen in der TIE-Trend-Wellenform (Bild 4). Höhe und Breite des Auges lassen sich automatisch messen und ergeben so das Fenster, innerhalb dessen die Daten gültig sind.

Optimale Analyse-Ergebnisse: qualitativ und quantitativ

Die Jitter- und Echtzeit-Augendiagramm-Messungen in den gezeigten Beispielen wurden mit den neuen 6-GHz-Oszilloskopen Keysight InfiniiVision Serie 6000 X mit der Option DSOX6JITTER durchgeführt. Dieses Oszilloskop ist das derzeit einzige Gerät mit einem eingebetteten Betriebssystem, das auch die Jitter-Analyse unterstützt. Es ist gleichzeitig das kostengünstigste 6-GHz-Oszilloskop mit optionalen Jitter-Analyse-Messmöglichkeiten. Identische Jitter-Messungen lassen sich auch mit Oszilloskopen der Keysight-Infiniium-Serie ausführen, die mit der Basis-Jitter-Analyse-Option EZJIT ausgerüstet sind. Mit der leistungsfähigeren Option EZJIT+ können Infiniium-Oszilloskope auch Jitter-Separationsmessungen durchführen und die Anteile der verschiedenen Komponenten des statistischen und deterministischen Jitter quantifizieren.

 

Die Autoren

Andreas Siegert 
ist bei Keysight Technologies Vertriebsspezialist für digitale Messtechnik.

Johnnie Hancock

 
ist Produktmanager bei Keysight Technologies im Geschäftsbereich Oszilloskope. Er kam 1979 als Hardware-Entwickler im Bereich „Embedded Systems” zu Hewlett-Packard und hält ein Patent für die Kalibrierung von Verstärkern in Digitaloszilloskopen. Momentan ist Johnnie weltweit verantwortlich für die Promotion der Digitaloszilloskope von Agilent. Er hat einen Abschluss in Elektrotechnik der Universität von Süd-Florida.  

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